Tops und Flops der ProklamationTränen-Auftritt hatte Folgen für JP Weber – Debatte über Kölsch-Preis

JP Weber und Stefan Dahm auf der Bühne.

JP Weber zog am Samstag (11. Januar 2025) mit Stefan Dahm durch die Säle. Weil Webers Stimme angeschlagen war, übernahm der Sänger unter anderem bei der KG Alt-Köllen.

Wie immer diskutieren die Jecken der Stadt über die Proklamation des Dreigestirns. Viele Programmpunkte kamen gut an, nur einer floppte. JP Weber hatte am Tag nach dem Tränen-Auftritt mit Problemen zu kämpfen.

Kaum ein Ereignis wird in der Kölner Stadtgesellschaft im Vorfeld und im Nachgang so emotional und hitzig debattiert wie die Proklamation des Kölner Dreigestirns. Auch wenn das Festkomitee Kölner Karneval den Abend vor zwei Jahrzehnten offiziell umbenannt hat, weil nicht nur der Prinz proklamiert wird, ist der Begriff „PriPro“ nach wie vor in aller Munde.

Über 1300 Gäste waren am Freitagabend (10. Januar 2025) im Gürzenich dabei. Am Sonntagabend kann im WDR-Fernsehen eine 130-minütige Zusammenfassung des Programms verfolgt werden. „Schöner, emotionaler Abend“, war ein oft gehörtes Urteil im Foyer.

Proklamation des Dreigestirns: Viele Emotionen und nur eine Tonpanne

Nachdem es 2024 zu massiven Tonproblemen im Saal gekommen war und deshalb zahlreiche Punkte nicht richtig verfolgt werden konnten, hatten die Verantwortlichen das Problem diesmal fast komplett im Griff.

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Gerade in den ersten anderthalb Stunden konnte man fast eine Stecknadel fallen hören, so aufmerksam war das Publikum. Danach kam dann doch verstärkt Unruhe auf. EXPRESS.de blickt noch einmal auf einen langen und bewegenden Abend zurück.

JP Weber: Wie im Vorjahr sorgte der Auftritt des Musikers und Redners wieder für viel Gesprächsstoff. Beim Einzug überraschte er Oberbürgermeisterin Henriette Reker und überreichte ihr einen Blumenstrauß, weil er sie im Vorjahr massiv ins Visier genommen hatte. „Heute Reker ich mich nicht auf“, begann Weber seinen Auftritt.

Stattdessen nahm er sich Luke Mockridge („Er kommt zwar aus einer Künstlerfamilie, der Vater ist Schauspieler, ja auch nicht Wiener Burgtheater, der war in der Lindenstraße. Dä hät Mutter Beimar jebösch. Böschte heißt, für die Nicht-Kölner, kehren“), Donald Trump („Der dürfte im Sauerlandstern kein Tablett tragen – und jetzt hat der den Atomkoffer in der Hand“), Karl Lauterbach, Herbert Reul und den ehemaligen Zugleiter Holger Kirsch vor.

JP Weber überreicht Blumen an Henriette Reker.

Vor seinem Auftritt überreichte JP Weber Blumen an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die hatte er im Vorjahr besonders hart attackiert.

Im Vergleich zu früheren Auftritten hielt sich Weber jedoch mit seinen Attacken für seine Verhältnisse schon zurück. „Eigentlich wollte ich die Rede so böse machen, dass der WDR sie nicht übertragen wird“, sagte er. Stattdessen setzte er auf Gefühle. Zum Finale stimmte er seinen neuen Song „Ich bin doch nur ein Narr, ne Jeck im Karneval“ an. Dabei versagte ihm die Stimme und die Tränen schossen ihm in die Augen.

„Föhlt Üch vun mir jedrück, jlich bin ich wieder op Jöck. Dann bin ich durch die Dür, dann treck ne andere die Klütte us dem Führ“, schaffte er noch, dann ging nichts mehr. Das Orchester Helmut Blödgen half aus und setzte ein. „Für mich war es der zehnte Auftritt auf der Pripro, ohne einmal auf die Fresse zu fallen. Es war wieder ein nach Hause kommen. Die Pripro ist einfach meine Lieblingsveranstaltung und wird sie immer sein“, sagte er am Tag danach zu EXPRESS.de.

JP Weber beim Auftritt im Gürzenich.

Beim Song „Ich bin doch nur ein Narr, ne Jeck im Karneval“ wurde JP Weber von seinen Gefühlen übermannt. Die Stimme stockte und die Tränen schossen ihm in die Augen.

Der Abend hatte Spuren hinterlassen, denn Weber war plötzlich total heiser und erkältet. Deshalb nahm er am Samstag Stefan Dahm mit zu den Auftritten (den letzten hat er um 23.30 Uhr), damit der singt und JP die Flitsch dazu spielen konnte. „Ich hätte absagen sollen. Aber ich wollte bei Alt-Köllen auf der Bühne stehen, denn da sind die Kölschen.“ Bei „Ich ben ene kölsche Jung“ holte Weber Joachim Wüst zum Singen auf die Bühne. Das ist Karneval, das ist kölsches Jeföhl.

Fatih Cevikkollu: Zum zweiten Mal durfte der Kabarettist auf die Proklamationsbühne. Ein dritter Anlauf wird nicht folgen, darin waren sich alle nachher sicher. Der Auftakt mit der Anspielung auf die Tonprobleme im Vorjahr gelang ja noch. „Können mich alle verstehen? Letztes Jahr war der Ton schlecht. Im Publikum ging teilweise der Klingelbeutel durch die Reihen, um Geld für neue Mikrofone zu sammeln“.

Fatih Cevikkollu beim Auftritt im Gürzenich.

Helau statt alaaf: Der Auftritt von Kabarettist Fatih Cevikkollu kam beim Publikum nicht an. Während der Rede wurde es im Saal immer unruhiger.

Doch danach ging der Redner förmlich baden. „Als Kabarettist fühle ich mich im Karneval wie ein Gastarbeiter. Mir geht der Arsch auf Grundeis“, ahnte er. Während des Auftritts wurden die Gespräche im Saal immer lauter. Die Gags („ChatGPT ist Viagra für Worte“, „Wie heißen noch mal die Menschen, die sich nicht so gut erinnern können? Ach ja, Bundeskanzler“) floppten und animierten viele zu einem Toilettengang.

Marc Metzger: Der Blötschkopp überzeugte als Sänger. Seine Ballade „Kopp voll Dräum“ war jedoch über weite Strecken im Saal kaum zu hören. Erst zur Hälfte des Lieds wurde der richtige Regler gefunden. Die Menge johlte.

Marc Metzger singt bei der Proklamation im Gürzenich.

Auf einmal war der Ton weg. Als Marc Metzger sein Lied sang, hörten die Gäste im Saal und der Künstler erst einmal nichts mehr.

„Ich weiß auch nicht, was los war“, sagte Metzger nach dem Auftritt zu EXPRESS.de. „Nach zehn Sekunden habe ich nichts mehr gehört, das war dann Blindflug. Schon ein komisches Gefühl, wenn mitten in einer Ballade plötzlich alle brüllen.“ Aber er zog die Nummer höchst professionell bis zum Ende durch.

Biggi Fahnenschreiber: Das Auftrittsgeschenk des Festkomitees an das Dreigestirn war ein wirklich besonderer Moment. Die Mutter aller Mariechen wirbelte fast schwerelos mit Jens Hermes, Jungfrau des Dreigestirns 2014, über die Bühne. „Ich will ihr Alter nicht verraten, aber wenn ich mit 93 Jahren noch so tanzen könnte“, schwärmte Kuckelkorn.

Tanz und Ehrung von Biggi Fahnenschreiber.

Tranztrainerin Biggi Fahnenschreiber schwebte mit Jens Hermes, Jungfrau des Dreigestirns 2014, über die Bühne.

Für ihr Lebenswerk zeichnete das Festkomitee die sichtlich gerührte Tänzerin anschließend unter tosendem Applaus mit dem Verdienstorden in Gold mit Brillanten aus – die höchste Auszeichnung, die das Festkomitee vergeben kann.

Karl-Heinz Brand: Ex-Räuber-Frontmann Karl-Heinz Brand kehrte nach acht Jahren mal wieder auf die Gürzenich-Bühne zurück. Gemeinsam mit Kasalla sang er ein paar alte Kracher von Creedence Clearwater Revival. Mit der tollen Kasalla-Ballade „Mer sin Eins“ endete um 0.09 Uhr die Proklamation.

Bastian Campmann von Kasalla auf der Bühne.

Bastian Campmann rundete den Proklamationsabend mit einem halbstündigen Auftritt seiner Band Kasalla ab. Dabei kam als Gast auch Karl-Heinz Brand auf die Bühne.

Frontmann Bastian Campmann lästerte noch über eine Unart im Sitzungskarneval. „Das Wort Weinzwang kann man auch niemandem, der die deutsche Sprache nicht spricht, übersetzen“, sagte er angesichts der Maßnahme, dass im Saal Kölsch tabu war. Erst im Foyer floss das Bier – für inzwischen stolze 3,10 Euro pro 0,2-Liter-Stange. Im Vorjahr kostete das Glas im Gürzenich noch 2,90 Euro.

Auch die weiteren Preise in Kölns guter Stube sind in dieser Session durchaus als stolz zu bezeichnen. Für ein Glas Wein (0,15 l) sind 6,50 Euro fällig, für eine Cola 3,90 Euro, für ein Wasser 3,30 Euro und für einen Longdrink 10,50 Euro.