Kölns Rosenmontagszugleiter Holger Kirsch hat die Entwürfe für die Persiflagewagen vorgestellt. Erneut bekommen viele Politiker ihr Fett weg. Auch die katholische Kirche ist erneut Thema im Zoch.
RosenmontagKanzler Scholz als Faultier im Zoch – auch Woelki und die Bauern im Visier der Jecken
Die beste Idee entstand – wie so oft – an der Theke. Zochleiter Holger Kirsch tauschte sich mit seinem Kreativteam, den sogenannten Kritzelköpp, über die politischen Persiflage-Wagen des Kölner Rosenmontagzuges aus.
„Uns fehlte noch ein Motiv zum Kanzler“, erzählte Kirsch. „Daraufhin rief einer: ‚Ach, das alte Faultier‘. Fünf Minuten später hatten wir eine erste Skizze auf einem Bierdeckel.“ Der Wagen, der Olaf Scholz als zufrieden schlummerndes Faultier auf dem Ast eines Baumes zeigt, sei geradezu das perfekte Sinnbild für die ganze Leidenschaft und Dynamik, mit der der Kanzler die Regierungsgeschäfte führe.
Rosenmontag 2024: Alle Persiflagen haben direkten Theaterbezug
In Anlehnung an Shakespeare trägt der Wagen angesichts von „Olafs großer Kommunikationsfreude und Redegewandtheit“ den Titel „Der Rest ist Schweigen“. Kirsch schloss schon Wetten ab: „Der wird abends in der ‚Tagesschau‘ zu sehen sein“.
Alle Persiflagen, die das Festkomitee am Freitag (26. Januar 2024) auf der Bühne des Comedia-Theaters enthüllt hat, tragen Titel mit direktem Theaterbezug. „Das Motto spinnt sich wie ein roter Faden durch den gesamten Zoch“, sagt Kirsch. „Wir haben Begrifflichkeiten, Zitate und Klassiker aus der Welt des Theaters verwendet“. Das fängt beim Affentheater rund um das Kölner Verkehrsdezernat an und hört beim Bauerntheater rund um deren Proteste auf.
Der Wagen, der einen streikenden Bauern im Dreigestirn zeigt, ist brandaktuell. „Jugendliche Klimakleber sollen sich vom Acker machen, aber wenn der Bauer die Straßen dicht macht, dann wird Beifall geklatscht? So geht das nicht“, heißt es zur Erklärung des Motivs.
Ein „Trauerspiel“ heißt nicht nur der Wagen, der sich um die Missbrauchsfälle im Kölner Bistum dreht. Ein Trauerspiel sei es auch, dass bereits zum vierten Mal dies im Rosenmontagszug thematisiert werden müsste. „Lasset uns beten, dass die Verantwortlichen jetzt endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Die Inquisition war früher nicht so zimperlich“, erklärte Kirsch.
Die poetische „Faust“-Persiflage bringt Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe in das Spiel der Gender-Debatte. Und der russische Staatschef Wladimir Putin, Chinas Staatschef Xi Jinping und das geistliche Oberhaupt des Irans, Ayatollah Ali Chamenei, die die Welt zum Pulverfass machen, sind auf den Brettern, die die Welt bedeuten, mit Brett vor dem Kopf zu sehen. Insgesamt zwei Dutzend Wagen werden während dieser Session gebaut.
„Ich bin sehr stolz auf den Zug“, sagte Kirsch. „Wir leben in schweren Zeiten. Alles scheint aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. Umso wichtiger ist es, etwas Leichtigkeit zu empfinden. Deshalb bin ich unheimlich stolz auf den Witz, den wir bei den Wagen zu Papier gebracht haben.“
Bereits bei der Anti-AfD-Demo vor einer Woche wurde ein Wagen gezeigt, womit das Festkomitee gegen eine eiserne Regel verstoßen hat. „Uns war es wichtig zu zeigen, dass uns der Kampf für die Demokratie und gegen Rechts wichtiger sind als das Einhalten von Regeln. Irgendwann sind Grenzen erreicht mit dieser Partei. Ich kann es nicht mehr ertragen“, sagte Kirsch.
Im Rosenmontagszug gibt es auch eine besondere Ehrung für Ferdinand Franz Wallraf, dessen Todestag sich im März zum 200. Mal jährt. Mit einem eigenen Wagen wird der Wissenschaftler, Sammler und Priester auf Initiative der Kölner Universität geehrt.
Rosenmontagszug: Höhner überreichten Spende
Ein ganz besonderes Geschenk hatten die Höhner am Freitag mitgebracht. Die Band hatte im Rahmen ihrer „Rock'n'Roll Circus“-Tour einen Abend zugunsten des Zuges veranstaltet. Die Spende von 11.111 Euro überreichten Jens Streifling, „Freddi“ Lubitz und Heiko Braun ans Festkomitee. Damit sollen weitere Großfiguren finanziert werden.
Im vergangenen Jahr fuhr die Band anlässlich ihres 50. Geburtstages im Zug mit. Diesmal sind Cat Ballou und die Lanxess-Arena mit jeweils 25 Jahren als Jubilare dabei. Außerdem stellt der Verein für Darstellende Künste eine Gruppe von knapp 100 Teilnehmenden.
Rosenmontag: Sicherheitszone rund um den Wallrafplatz
Der Zugleiter blickt insgesamt „ganz entspannt“ auf den Sessionshöhepunkt. Es wird der erste „ganz normale“ Rosenmontagszug seit 2020. Erst fand er wegen der Corona-Pandemie nur mit Hänneschen-Puppen statt, dann wurde er wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine abgesagt. Im Vorjahr war zum Jubiläum Start auf der Schäl Sick.
Am 12. Februar 2024 soll alles wieder seine gewohnten Bahnen gehen. Auch Sicherheitsbedenken haben die Ober-Jecken nicht. Lediglich rund um den Wallrafplatz am Dom wird eine Sicherheitszone eingerichtet, die bei zu hohem Personenaufkommen geschlossen werden kann.