Bosbach, Stoklosa, Funkel„Rentner“ im Köln-Talk: „Das will ja keine Sau mehr hören“

Wolfgang Bosbach, Martin Schlüter, Erry Stoklosa und Friedhelm Funkel beim Talk.

Wolfgang Bosbach, Martin Schlüter, Erry Stoklosa und Friedhelm Funkel unterhielten sich beim „Loss mer schwade“-Talk am 4. Mai 2023.

Erry Stoklosa, Wolfgang Bosbach und Friedhelm Funkel genießen inzwischen ihr „Rentner“-Dasein. Dennoch haben alle noch viel zu erzählen – zur Vergangenheit und zu aktuellen Problemen.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Sie waren absolute Schwergewichte auf ihrem Gebiet. Bläck Fööss-Gründungsmitglied Erry Stoklosa (75), CDU-Politiker Wolfgang Bosbach (70) und Trainer-Legende Friedhelm Funkel (69) sprachen beim Köln-Talk „Loss mer schwade“ über ihr neues „Rentner“-Leben.

Im Saal von Haus Kreisch in Brühl erzählten die Gäste bei Moderator Martin Schlüter einige interessante Anekdoten und blickten auf die Aktualität.

Bläck Fööss-Urgestein Stoklosa: „So schön ist Köln ja nun auch nicht“

Genau vor 50 Jahren hat Stoklosa die legendäre Fööss-Hymne „En unserem Veedel“ geschrieben. „Wir wollen nicht nur in die Kategorie Karnevalsband gesteckt werden. Wir haben auch zum Glück kritische Lieder im Repertoire“, sagte der Musiker. „Zum hunderttausendsten Mal ein Lied mit ‚Kölle, du Stadt am Rhing im Sunneshing‘, das will ja keine Sau mehr hören“.

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Stoklosa nutzte die Songs deshalb auch, um Kritik zu üben. „So schön ist Köln ja nun mal nicht, wenn ich alleine die ganzen Baustellen sehe. Ich fahre nicht mehr mit dem Auto in die Stadt.“ Und so waren auch das „Veedel“ und selbst „Mer losse d'r Dom en Kölle“ voller kritischer Töne.

Erry Stoklosa bei „Loss mer schwade“.

Erry Stoklosa hatte gute Laune bei seinem Besuch bei „Loss mer schwade“.

Nach seinem Ausstieg aus der Band genießt der Sänger nun die Zeit. „Früher wurde ich auf der Straße gefragt, wo wir heute Abend auftreten. Heute lautet die Frage: Was macht der Rentner so?“, erzählt Stoklosa. „Ich habe keine Langeweile, fahre viel auf dem Fahrrad und bin in der Mucki-Bude unter medizinischer Betreuung. Nur Fotos von meinen Reisen poste ich nicht mehr im Netz. Sonst heißt es direkt, ich würde den Klimaschutz nicht ernst nehmen.“

Auch Bosbach, der ehemalige Abgeordnete des Bundestages, ist viel unterwegs und hat einen vollen Terminkalender. Er arbeitet weiterhin als Rechtsanwalt in seiner Kanzlei und erhält viele Einladungen für Vorträge. „Der Lieblingssatz meiner Frau lautet aktuell: Willst du nicht noch mal für den Bundestag kandidieren? Dann wärst du wenigstens ab und zu Hause.“

Aber das kommt für ihn nicht infrage. „Man soll sich nicht wichtiger nehmen, als man selber ist. Ich mache nun das, was ich will“, sagt der gebürtige Bergisch Gladbacher und fügt an: „Ich habe immer darauf, geachtet, dass ich meiner Meinung treu bleibe. Die heutige Generation ist anders. Die schaut stundenlang in ihre Social-Media-Kanäle, ob sich da was zusammenbraut, und versucht Kritik zu vermeiden. Mir war wichtig, dass die Leute sagen, er hat uns nicht enttäuscht und nicht getäuscht.“

Nur bei einer Sache hält sich die Toleranz sogar bei Bosbach in Grenzen. Der große Fan des 1. FC Köln plauderte eine Geschichte aus der Familie aus: „Ich habe einen türkischen Schwiegersohn. Ein super Typ, ein kölscher Jung mit türkischer Staatsangehörigkeit. Mein Enkel ist jetzt zwei Jahre und ein Monat alt und letztens kam er tatsächlich in einem Trikot von Galatasaray Istanbul zu mir. Da habe ich gesagt: Jetzt ist Schluss mit Multikulti. Der Junge hat ein FC-Trikot bekommen und hat jetzt eine ganz andere Körpersprache.“

Wolfgang Bosbach über seine Beziehung zu Angela Merkel

Bosbach verriet auch, dass ihm Ex-Kanzlerin Angela Merkel (68) zum Abschied einen handschriftlichen Brief geschickt habe. Privat sei diese auch durchaus lustig, könne gut Leute imitieren. „Es gibt aber auch Temperaments-Unterschiede. Auf ihrem 50. Geburtstag war der Höhepunkt der Vortrag eines Hirnforschers, bei mir der Auftritt der Höhner. Ich habe sie auch mal zur Prinzenproklamation eingeladen. Das war ihr doch nicht geheuer.“

Wolfgang Bosbach bei „Loss mer schwade“.

Wolfgang Bosbach bei seinem Auftritt bei „Loss mer schwade“.

Der aktuellen Politiker-Generation gab der CDU-Mann noch einen wichtigen Hinweis mit. „Wenn wir die Mobilitätswende haben wollen, geht es nicht ohne Investitionen in die Infrastruktur. Da ist auch zu unserer Zeit viel liegengeblieben. Aber es geht eben nicht nur, indem man Straßen für Pkw sperrt und da Fahrradstraßen macht. Einfach den Hahn abzudrehen, ist mir zu einfach.“

Bosbach weiter: „Es ist ein Problem, wenn Gesetze ausschließlich von Leuten mit sechsstelligem Einkommen gemacht werden. Es ist leicht gesagt, mit Solar auf dem Dach, Wärmepumpen und neuer Heizung. Das mag im Sinne der Energiewende richtig gedacht sein, aber es muss auch alles bezahlt werden. Wenn die Menschen an uns Politikern verzweifeln, sinkt die Akzeptanz.“

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Funkel rettete den FC 2021 in letzter Sekunde vor dem Abstieg und ist nun begeistert, wie sich das Team unter Steffen Baumgart (51) entwickelt hat. „Steffen ist ein so toller Mensch, er ist einer von uns. Zwei Jahre keine Abstiegsgefahr, mit so einer Mannschaft, das ist Wahnsinn. Das ist besser als mit Bayern München Meister zu werden“, sagte Funkel unter großem Applaus. „Dass du nicht wieder Siebter werden kannst, ist jedem Fan klar gewesen. Steffen macht so viele Spieler besser. Der FC kann sich keine teuren Transfers leisten und er hat noch nie einen Spieler gefordert, der an die Millionengrenze geht. Auch das ist einzigartig in der Bundesliga.“

Der Trainer-Routinier kennt den Coach noch aus seiner Zeit als Spieler. „Steffen war zwei Jahre lang Stürmer bei mir, als ich Hansa Rostock trainiert habe. Ich muss sagen, dass er nicht einfach war. Er hat nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten und war sauer, wenn er nicht von Beginn an spielen durfte“, erinnert sich Funkel. „Aber er ist ehrlich und authentisch. So ist er auch als Trainer.“

Friedhelm Funkel feiert Steffen Baumgart und Jonas Hector

Funkel nutzte die Gelegenheit auch, um Jonas Hector (32), der sein Karriereende angekündigt hat, zu feiern: „Ich war nicht überrascht wegen Jonas. Er hört auf dem Höhepunkt seiner Karriere auf, könnte aber sicher noch zwei Jahre spielen. Er war immer grundehrlich. Für Journalisten war er kein einfacher Spieler. Bei Interviews mit Jonas muss man schon mal einen Schutzhelm tragen. Vielleicht schaue ich auch am letzten Spieltag vorbei, wenn der FC möglicherweise die deutsche Meisterschaft am letzten Spieltag entscheidet. Dann hat Jonas Geburtstag – mehr geht ja nicht. Wenn jemand seinen Verlust auffangen kann, dann diese tolle Mannschaft mit diesem tollen Trainer.“

Nach über 1300 Spielen als Aktiver und Trainer genießt Funkel nun seine Freizeit, die Familie und die Urlaube. „Wir spielen jeden Mittwochnachmittag Minigolf und sind dabei immer auf unterschiedlichen Bahnen unterwegs. Und ein Sportler bleibt ein Sportler. Ich kann einfach schlecht verlieren“, weiß Funkel. „Selbst da bekommen wir uns zwischendurch mal in die Haare.“