BundestagswahlDuell ums Direktmandat: Ex-„Let's Dance“-Star kickt Christian Lindner raus

Mancherorts war es absehbar, in anderen Wahlkreisen eine Überraschung. Das Ergebnis zeigt: Nicht überall ziehen bekannte Namen.

Für die Bundestagswahl war Deutschland in 299 Wahlkreise eingeteilt. Im Duell um das Direktmandat musste sich so manch bekannter Name geschlagen geben.

Hier lohnt sich ein Blick auf das Ergebnis besonders.

Kanzler- und Spitzenkandidaten

Der wahrscheinlich künftige Kanzler Friedrich Merz holt in seinem Wahlkreis 146 im Hochsauerland wie erwartet mit Abstand die meisten Erststimmen: 47,7 Prozent. Keine Überraschung in der traditionell tiefschwarzen Region. Auch für den bisherigen Kanzler Olaf Scholz geht es gut aus: Knapper Sieg im Wahlkreis 61 - Potsdam, Potsdam-Mittelmark II, Teltow-Fläming II.

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Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck dagegen kann seinen Wahlkreis Nr. 1 in Flensburg-Schleswig nicht verteidigen. Auch die Wahlkreis-Gewinnerin Petra Nicolaisen (CDU) zieht wegen des neuen Wahlrechts nicht in den Bundestag ein.

FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner (zog bereits persönliche Konsequenzen) kassierte eine doppelte Niederlage: mit seiner Partei und auch persönlich im Wahlkreis 99 (Rheinisch-Bergischer Kreis). Erststimmensiegerin hier: Caroline Bosbach, die Tochter des langjährigen CDU-Bundespolitikers Wolfgang Bosbach und ehemalige Kandidatin bei „Let’s Dance“ (2022). Der Wahlkreis vor den Toren Kölns ist seit jeher eine CDU-Hochburg. Wolfgang Bosbach saß von 1994 bis 2017 immer über das Direktmandat im Bundestag. Auch danach ging der Wahlkreis an den CDU-Kandidaten. Nun wieder an Bosbach, Caroline statt Wolfgang.

Der Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) und seine Tochter Caroline Bosbach (CDU) sitzen im Garten eines Hotels.

Politiker Wolfgang Bosbach (CDU) kann sich mit Tochter Caroline Bosbach (CDU) freuen: Sie gewann das Direktmandat in ihrem Wahlkreis – gegen Christian Lindner.

Auch die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel kann ihren Wahlkreis am Bodensee nicht holen, scheiterte krachend. CDU-Mann Volker Mayer-Lay holte doppelt so viele Stimmen (40 prozent) wie sie.

Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek war in Osnabrück ähnlich chancenlos. Jan van Aken, der zweite Linken-Spitzenkandidat, hatte sich nicht um ein Direktmandat beworben – und auch BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht nicht.

Politprominenz

Ein enger Weggefährte von Scholz, Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, schafft es nicht: Er verliert in Hamburg-Eimsbüttel gegen den Grünen-Kandidaten Till Steffen - und auch der Listenplatz zieht nicht.

SPD-Chef Lars Klingbeil dagegen gewinnt seinen Wahlkreis mit mehr als 42 Prozent deutlicher als viele erwartet hatten. Als Neuling im Bundestag ist Verteidigungsminister Boris Pistorius, der in Hannover 36,2 Prozent holt.

Der frühere Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang (CDU) kommt nicht in den Bundestag: Er verlor im Wahlkreis Wuppertal I gegen den SPD-Abgeordneten Helge Lindh und ist auch nicht über die Landesliste abgesichert. Mit gleichem Schicksal im Berliner Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf: Der frühere Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD).

Im Duell der Bundestags-Fraktionschefs Rolf Mützenich (SPD) gegen Katharina Dröge (Grüne) setzte sich mit 0,2 Prozentpunkten Vorsprung die Grüne durch. Bislang hatte Mützenich seinen Wahlkreis immer direkt gewonnen.

Sechs linke Wahlkreise

Vor wenigen Monaten noch galt der Gewinn von drei Direktmandaten quasi als einzige Chance der Linken auf Einzug in den Bundestag. Doch das Blatt hat sich gedreht: Die Linke ist auch mit ihrem Zweistimmenergebnis sicher drin.

Wahlkreis-Siege gab es trotzdem, nicht nur für den Favoriten Gregor Gysi in Berlin-Treptow-Köpenick, sondern auch für den früheren Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Weitere Wahlkreise holte die Linke in Leipzig und drei anderen Berliner Bezirken. Knapp verloren hat dagegen Dietmar Bartsch in Rostock. Die „Mission Silberlocke“ ist damit trotz des großen Linken-Erfolgs gescheitert: Denn eigentlich wollten Gysi, Ramelow und Bartsch alle drei jeweils ein Direktmandat holen.

Besonderheiten

Im Wahlkreis Pforzheim hielt die CDU die AfD auf Abstand. Die Stadt stand bundesweit unter besonderer Beobachtung, weil die AfD hier traditionell stark ist.

Nach der Affäre der Grünen um ihren Abgeordneten Stefan Gelbhaar mit teils falschen Belästigungsvorwürfen stand auch der Wahlkreis Berlin-Pankow unter besonderer Beobachtung. Seiner Nachfolgerin als Direktkandidatin, Julia Schneider, waren zuvor kaum Chancen eingeräumt worden – doch sie holte den Wahlkreis und erreichte sogar mehr Erststimmen als ihre Partei Zweitstimmen. (dpa, sku)