Laut Helfern wurde die Anlaufstelle für Geflüchtete in Köln ohne Rücksprache mit der Obdachlosenhilfe errichtet. Inga Weber von den Street Angels Cologne ist sauer. Sie sei von der Stadt zum zweiten Mal vergessen worden.
„Bin stinksauer“Zoff um Anlaufstelle für Geflüchtete am Kölner Hauptbahnhof
„Das ist fast nur noch mit Dummheit zu erklären, ich bin stinksauer“, sagt die Kölnerin Inga Weber verständnislos gegenüber EXPRESS.de. Die neue Anlaufstelle für Geflüchtete aus der Ukraine am Breslauer Platz steht erst seit ein paar Tagen und schon gibt es ordentlich Zoff am Kölner Hauptbahnhof.
Dabei hat die Vorsitzende der Street Angels Cologne e.V. absolut nichts gegen die Versorgungsstation für Flüchtlinge – im Gegenteil. Doch weder sie, noch drei weitere Vereine für Obdachlosenhilfe soll die Stadt Köln vorab informiert haben, was gerade vor Ort für große Hilflosigkeit sorgt.
Köln Hauptbahnhof: Anlaufstelle für Geflüchtete kollidiert mit Standort für Obdachlosenhilfe
„Die Stadt hat uns mal wieder komplett vergessen. Wir haben viel Verständnis für die Flüchtlinge und es ist auch wichtig, die Anlaufstelle in Köln zu haben. Nur müssen wir doch vorher informiert werden, um die Hilfe für die Obdachlosen weiterhin gewährleisten zu können“, ärgert sich Inga Weber.
Denn genau an der Stelle, wo sonst von zahlreichen ehrenamtlichen Vereinen Obdachlosenhilfe geleistet wird, steht nun der Zeltkomplex als Anlaufstelle für Geflüchtete. Und der soll noch erweitert werden. Doch wo soll nun die Essensausgabe für die Wohnungslosen stattfinden? Darum müssen sich die Ehrenamtler von heute auf morgen große Sorgen machen.
Dabei hätte die Stadt längst aus ihren Fehlern lernen können. Bereits 2020 hatte die Verwaltung eine Corona-Teststation ohne Rücksprache mit der Kölner Obdachlosenhilfe am Breslauer Platz errichtet. „Eine kurze Nachricht hätte uns gereicht“, ärgert sich Weber. Nun müssen die Vereine improvisieren und hoffen, dass die Obdachlosen sie überhaupt finden.
Ärger am Breslauer Platz: Stadt reagiert auf Kritik von Ehrenamtlern
Auf EXPRESS.de erklärt die Stadt, warum vorab mit den Vereinen für Obdachlosenhilfe kein Kontakt aufgenommen wurde.
„Die Stadt Köln ist allen Ehrenamtlichen überaus dankbar – jenen, die in dieser Krise unterstützen und jenen, die sich seit Jahren regelmäßig und zuverlässig um hilfsbedürftige Menschen – zum Beispiel in Bahnhofsnähe – kümmern. Die Stadt befindet sich aktuell in einer akuten Krisensituation, in denen zum Teil traumatisierte Kriegsgeflüchtete, maßgeblich Frauen und Kinder, erstversorgt und untergebracht werden müssen. Dafür müssen in kürzester Zeit Infrastrukturen geschaffen werden und das hat nun höchste Priorität. Hierbei ist eine gute Abstimmung mit anderen Akteuren vor Ort erforderlich und wird auch weitgehend gewährleistet“, erklärt Stadtsprecherin Katja Reuter.
Am Breslauer Platz spricht Inga Weber regelmäßig mit der Einsatzleitung der Feuerwehr, um kurzfristig eine Lösung zu finden. „Man wusste gar nicht, dass es uns gibt“, schildert Weber ratlos. Man habe ihr fast die Durchfahrt verweigert, obwohl ihr Auto bereits voll beladen mit Lebensmitteln war.
Viele Wohnungslose seien von der Security vor der Anlaufstelle für Geflüchtete abgewiesen worden, sodass viele Obdachlose irritiert und ohne Versorgung den Breslauer Platz wieder verlassen hätten.
Köln Hauptbahnhof: Obdachlosenhilfe aktuell erschwert – „absolut traurig“
„Wir haben die Wohnungslosen teilweise am Kölner Hauptbahnhof eingesammelt, weil sie so verwirrt waren und damit gar nicht umgehen konnten, dass da jetzt plötzlich etwas anderes ist und sie dort nicht hindürfen. Absolut traurig, anders kann man das nicht sagen“, so Weber emotional.
Ähnlich wie Inga Weber ist es auch Dominic Michel und seinen engagierten Mithelfern von Care 4 Cologne e.V. am Samstag (12. März) ergangen.
Köln Hauptbahnhof: „Möchten nur, dass Obdachlosen auch weiterhin geholfen wird“
„Es ist richtig und wichtig, dass wir diese Anlaufstelle für Geflüchtete haben. Wir möchten uns nur dafür starkmachen, dass auch Obdachlosen weiterhin geholfen wird und sie nicht plötzlich ohne Getränke und Essen dastehen“, kritisiert Michel.
„Man weiß doch, dass an sechs von sieben Wochentagen am Breslauer Platz Essen ausgeteilt wird, aber wir sind irgendwie immer am Ende der Informationskette, obwohl wir der Stadt eine große Last abnehmen. Wir hätten uns einfach über eine kurze Nachricht gefreut und dann für den Zeitraum zu einem anderen Standort wechseln können“, fordert Michel.
Wenigstens am Dienstagabend (15. März 2022) habe die Versorgung und Kommunikation mit den Obdachlosen dann schon besser funktioniert.
Inga Weber hat sich nun in Absprache mit der Einsatzleitung der Feuerwehr am Mittwoch (16. März 2022) auf einen kleinen Standort in der hintersten Ecke des Breslauer Platz verständigt.
Dieser Platz soll zukünftig für die Obdachlosenhilfe freigehalten werden. Da es dort extrem windig ist, wollen die Street Angels Cologne sich auf eigene Kosten um Sperrholzwände kümmern.
Auch ein großes Schild mit der Aufschrift „Obdachlosenhilfe“ soll angebracht werden, damit die Wohnungslosen den neuen Standort finden. „Jetzt sollte es endlich klappen. Die Verantwortlichen dürfen die Obdachlosen trotz allem nicht mehr vergessen“, hofft Weber.