Das Urteil gegen den Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, wird über die Türkei hinaus scharf kritisiert.
„Rückschlag für Demokratie“OB Reker sendet Botschaft an Istanbuler Amtskollegen
Politikverbot und fast drei Jahre Haft. So lautet das Urteil der türkischen Justiz gegen den Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu. Nach dem Urteil am Mittwoch (14. Dezember) hagelt es Kritik. Auch aus Köln.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat das Politikverbot gegen den Istanbuler Bürgermeister und Erdogan-Rivalen Ekrem Imamoglu als „politisch kalkulierten Angriff“ auf die türkische Opposition vor den Wahlen 2023 verurteilt.
Es zeige, dass die Regierung bereit sei, „Gerichte zu missbrauchen, um wichtige Oppositionelle an den Rand zu drängen oder zum Schweigen zu bringen“, teilte Tom Porteus, stellvertretender HRW-Programmdirektor, am Donnerstag mit.
Imamoglu von der größten Oppositionspartei CHP gilt als wichtigster innenpolitischer Gegenspieler des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Ein Istanbuler Gericht hatte Imamoglu am Mittwoch mit einem Politikverbot belegt und ihn zudem wegen Beleidigung zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt. Hintergrund war eine Äußerung Imamoglus rund um die Kommunalwahlen 2019.
Bis das Urteil rechtskräftig ist, kann Imamoglu sein Amt weiter ausüben. Erst dann verliert er seinen Posten als Bürgermeister. Er dürfte in dem Fall auch nicht als Kandidat für die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen antreten, die spätestens im Juni kommenden Jahres abgehalten werden. Imamoglu wird als einer der möglichen Kandidaten gegen Erdogan gehandelt.
Das Auswärtige Amt hatte das Urteil gegen Imamoglu am Mittwoch als „herben Rückschlag für die Demokratie“ verurteilt. Aus Köln, Istanbuls Partnerstadt, gibt es nach dem Urteil Beistand für Imamoglu.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte nach dem Urteil: „Ich bin voller Solidarität und in Gedanken bei meinem Istanbuler Amtskollegen Ekrem İmamoğlu. Wie ich ihn kennengelernt habe, wird das gestrige Urteil ihn nicht davon abhalten können, seiner politischen Stimme für Demokratie, Vielfalt und Völkerverständigung Gehör zu verschaffen.“