„Konzerte waren Rache an Nazis“Esther Bejarano tot – Kölner Rapper nimmt Abschied

Die KZ-Überlebende Esther Bejarano bei einem Auftritt im Kölner Irmgardis Gymnasium im im Januar 2019.

Esther Bejarano bei einem Auftritt im Irm­gar­dis-Gym­na­sium in Köln am 31. Januar 2019. Sie ist am Samstag (10. Juli) gestorben.

Sie war für ein Vorbild im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus. Die KZ-Überlebende Esther Bejarano ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Ein Kölner Weggefährte hatte noch vor wenigen Tagen mit ihr gesprochen.

von Adnan Akyüz  (aa)

Köln/Hamburg. Sie hat das KZ Auschwitz-Birkenau überlebt. Sie war Musikerin. Sie war eine entschlossene Kämpferin gegen Rassismus und Antisemitismus. Esther Bejarano ist am Samstag (10. Juli) im Alter von 96 Jahren gestorben. Mit den Kölner Rappern der „Microphone Mafia“ wollte sie kommenden Mittwoch (14. Juli) noch auf der Bühne stehen.

Ihre zahlreichen Auftritte haben viele begeistert. Wie 2015 beim „Birlikte“-Festival in Köln etwa. „Sag mir, wo die Blumen sind“, sang die KZ-Überlebende Esther Bejarano zusammen mit den Kölner Rappern Kutlu Yurtseven und Rossi Pennino von der „Microphone Mafia“.

Esther Bejarano gestorben: Kölner Rapper Kutlu Yurtseven nimmt Abschied

EXPRESS erreichte am Samstag (10. Juli) Kutlu Yurtseven, der um seine langjährige Weggefährtin trauert. Er sagte: „Ich erinnere mich an ihren ersten Satz, den sie mir 2007 am Telefon sagte: ‚Ich will nichts mit der Mafia zu tun haben‘. Bei unserem letzten Gespräch am Donnerstag (8. Juli) sagte sie noch zu mir: ‚Wir dürfen niemals aufgeben. Meine Rache ist noch nicht zu Ende‘. Sie hat immer gesagt, dass ihre Konzerte ihre Rache an den Nazis sind. Esther war und ist einer der Gründe, warum die Welt ein besserer Ort geworden ist. Egal ob jemand jung oder alt war, sie war stets ein sehr respektvoller Mensch allen gegenüber.“

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KZ-Überlebende Esther Bejarano im Alter von 96 Jahren gestorben

Auch mit anderen Künstlern wie den „Höhnern“ oder ihren Kindern Joram und Edna stand sie auf Bühne. Sie sollte noch viele Konzerte haben, bei denen Bejarano auch von ihrer Zeit im Mädchenorchester des Konzentrationslagers der Nazis berichtete.

Ihren Tod teilte am Samstag der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, auf Twitter mit. Sie habe Auschwitz überlebt, „weil sie im Lager-Orchester Akkordeon spielte". Ihr Leben habe sie der Musik und dem „Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus gewidmet“.

Bejarano engagierte sich Jahrzehnte lang entschlossen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, wofür sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Zusammen mit ihren Kindern sang sie jüdische und antifaschistische Lieder, zuletzt tourten sie mit der Kölner Hip-Hop-Band Microphone Mafia durch Deutschland. Der nächste Auftritt war am Mittwoch (14. Juli) in Mühlhausen geplant.

Viele weitere Wegbegleiter und Freunde verabschiedeten sich von Esther Bejarano. Anteilnahme gab es auch von der Politik. Außenminister Heiko Maas würdigte Bejarano auf Twitter als „wichtige Stimme im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus“. In seinem Beitrag schrieb er weiter: „Die wundervolle Ester Bejarano überzeugte mit ihrer Lebenskraft und unglaublichen Geschichte. Ihre Stimme wird uns fehlen“.

Geboren wurde Esther Bejarano am 15. Dezember 1924 in Saarlouis als Tochter eines jüdischen Oberkantors. Ihre Eltern wurden 1941 von den Nazis in Litauen umgebracht, sie selbst musste in einem Lager Zwangsarbeit leisten, bevor sie Anfang 1943 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurde. Dort überlebte sie nur, weil sie im Mädchenorchester des Lagers Akkordeon spielte. Nach dem Krieg wanderte sie als junge Frau nach Israel aus, kehrte 1960 jedoch mit ihrem Ehemann nach Deutschland zurück. Sie starb am Samstag (10. Juli) in Ihrer Wahlheimat Hamburg. (mit dpa)