Schläge für einen jungen Juden mitten in Köln. Eine Ausnahme? Karnevals-Legende Ludwig Sebus (95) gibt im EXPRESS seine Einschätzung der Lage ab.
Attacke auf Kippa-TrägerLudwig Sebus (95): Das erinnert mich an die Pogromnacht 1938
Köln. Die Kölner Schandtat vom Wochenende machte Schlagzeilen in der ganzen Bundesrepublik. Ein 18-Jähriger war am späten Freitagabend (20. August) im Kaiser Wilhelm-Park übelst antisemitisch beleidigt und dann zusammengeschlagen worden. Und das, nur weil er eine Kippa getragen haben soll: die kleine kreisrunde Kopfbedeckung, die im Judentum als Zeichen der Ehrfurcht vor Gott dient.
Ihm wurden Gesichtsknochen gebrochen, der Staatsschutz ermittelt jetzt gegen zwei festgenommene mutmaßliche Täter. Ein Akt der sinnlosen Gewalt, der nicht nur bei Henriette Reker (64) für Bestürzung sorgte.
Zeitzeuge Ludwig Sebus erschüttert über Gewalt gegen Juden in Köln
„In unserer Stadt muss jeder und jede angstfrei leben können, egal welcher Religion man angehört, welche Weltanschauung man hat und wie man lebt und liebt“, so die Kölner OB in einer prompten Reaktion. Religionsvertreter wie die erschütterte Charlotte Knobloch (88) fordern jetzt harte Strafen.
Ebenfalls fassungslos ist auch Ludwig Sebus. Der Grandseigneur des Kölschen Fasteleer ist eigentlich ein Sonnenschein und versprüht stets gute Laune. Doch nun fühlt er sich angesichts der Kippa-Attacke in vergessen geglaubte Zeiten zurückversetzt und zeigt sich im Gespräch mit EXPRESS schlicht fassungslos.
Als junger Mann musste er einst selbst mitansehen, wie die Schergen der SA und SS die Gewalt gegen Juden in den 30er Jahren auf offener Straße, auch in Köln, auslebten.
Sebus: „Ich habe jetzt von dieser furchtbaren Tat gehört. Das erinnert mich sehr stark an meine Kindheit. An die Pogromnacht.“
Aufgehetzt vom Propaganda-Apparat der Nazi-Bestie Joseph Goebbels hatten am 9. November 1938 im ganzen Land die braunen Täter Synagogen in Brand gesteckt und Gewalt gegen die Juden offen und unbehelligt ausgelebt.
Kölner Kippa-Attacke: Ludwig Sebus fordert härtestes Strafmaß für die Täter
„Danach mussten die Juden den Davidstern tragen“, so Sebus, der bestürzt darüber ist, dass mehr als 80 Jahre später wieder Juden in Köln öffentlich körperlich attackiert werden, weil sie eine Kippa tragen. „Es ist traurig. Mit 18 sollte man wissen, was gut und schlecht ist. Es sollte das härteste Strafmaß für diese Täter geben. Ich frage mich, woher dieser Hass der jungen Leute kommt. Die elterliche Erziehung versagt.“
Der Überlebende des Zweiten Weltkriegs, der am 5. September seinen 96. Geburtstag feiert, weiter: „Wenn die Kippa angegriffen wird, was ist dann das nächste? Die Religionsfreiheit muss in jeder Weise gewahrt werden. Für solche feigen Exzesse gibt es keine Entschuldigung!“