Besondere AktionWegen Riesen-Problem in der City: So rufen Vereine alle Kölner zur Mithilfe auf

Obdachlose in Köln

In Köln gibt es immer mehr Obdachlose, wie dieser wohnungslose Mensch auf einem undatierten Foto aus der Kölner Innenstadt.

Das ist wohl die außergewöhnlichste Demo, die Köln je gesehen hat. Soziale Vereine rufen ab Freitag (3. Dezember) alle, die möchten, auf, daran teilzunehmen.

von Adnan Akyüz  (aa)

Kölnerinnen und Kölner sind am Freitag (3. Dezember) eingeladen, die Nacht auf dem Bahnhofsvorplatz zu verbringen. Mit Iso-Matte und Schlafsack – wie Obdachlose. Diese Idee stammt von den Vereinen „Sozialistische Selbsthilfe Mülheim“ (SSM) und „Helping Hands Köln“. Mit prominenten Unterstützern wollen sie Solidarität mit wohnungslosen Menschen zeigen und laden alle dazu ein.

Die irre Aktion ist laut Mitveranstalter Rainer Kippe (77) vom SSM als Kundgebung angemeldet. Die dreitägige Aktion soll von Freitag bis Montag (6. Dezember) von jeweils 18 Uhr bis 9 Uhr vor dem Hauptbahnhof laufen. Begleitet wird die Demo von musikalischen Beiträgen.

Köln: Vereine rufen alle auf, eine Nacht mit Obdachlosen auf der Straße zu verbringen

Die Idee hinter der „Mahnwache gegen Wohnungsnot und Obdachlosigkeit“ erklärt Rainer Kippe im Gespräch mit EXPRESS.de: „Alle reden über Obdachlosigkeit. Nur wenige wissen, was es heißt, eine Nacht mit Obdachlosen auf der Straße zu verbringen. Wir erhoffen uns einen Austausch mit Bürgern und Wohnungslosen. Es wird ein offenes Mikrofon geben. Da können alle sprechen oder Vorschläge unterbreiten. Wir wollen hören, was die Menschen zu diesem Thema zu sagen haben und die Diskussion antreiben.“

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Rainer Kippe steht neben seinem Anwalt.

Der Kölner Rainer Kippe, hier im März 2020 im Kölner Justizgebäude, ist Mitveranstalter der Mahnwache.

Unterstützt wird die Aktion von prominenten Namen wie der AG Arsch huh, Künstler Jürgen Becker, den Pfarrern Hans Mörtter und Franz Meurer sowie Journalist Günter Wallraff, um nur wenige zu nennen.

Die zentrale Forderung der Veranstalter ist, dass die Stadt mehr Wohnraum schaffen muss. „Es gibt immer mehr Obdachlose. Die Stadt baut zu wenig. Gleichzeitig werden Millionen für den Opernbau aus dem Fenster geworfen. Obdachlose schlafen in Köln zwischen Prachtbauten. Das halten wir für rechtswidrig“, sagt Rainer Kippe.

Für Kippe sind die existierenden Angebote für Obdachlose zu wenig. „Es gibt viele, die etwas tun. Doch das bringt die Menschen von der Straße nicht in eigene vier Wände. Wir wollen ein Zeichen setzen, damit sich das ändert. Wir fordern mehr Wohnungen. Die bisherigen Maßnahmen haben nicht geholfen. Dafür reicht ein Blick auf die Menschen, die immer noch auf der Straße schlafen“, erklärt er.

Tatsächlich ist die Zahl von Obdachlosen in Köln in den letzten zehn Jahren enorm gestiegen. Laut des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW gab es zum Stichtag 30. Juni 2020 in Köln 7193 obdachlose Menschen. Im Vergleich zum vorherigen Jahr (6198) ist das ein Anstieg um nahezu 1000. Auf 10.000 Einwohner kommen 66 wohnungslose Menschen. Damit hat sich die Anzahl innerhalb der vergangenen zehn Jahre fast verdoppelt. 2011 ergab die Erhebung in Köln noch 3655 Wohnungslose.

Daraus ergebe sich laut Rainer Kippe und seinen Unterstützern auch die Notwendigkeit für mehr Angebote für wohnungslose Menschen. So wollen die Veranstalter bei der Aktion am Hauptbahnhof auch Spenden sammeln. Im Idealfall genug, um damit im Rechtsrheinischen, womöglich in Mülheim, eine neue Anlaufstelle nach dem Vorbild des „Gulliver“ am Bahnhof aufzubauen. Der Verein „Arche für Obdachlose“ soll dort dann Lebensmittel, Waschräume, Beratung und eine etwa Substitutionsstelle anbieten.