Ex-OB Fritz Schramma im großen EXPRESS-Interview: In Teil 1 geht es um seinen Rücktritt 2009, die Verkehrsversuche in Köln und die Zukunft des FC.
Fritz Schramma offen wie nieKölns Ex-OB kritisiert die Stadtspitze – „hat man nicht richtig nachgedacht“
Ein Jahr mit vielen schönen Zahlen für Kölns Ex-OB Fritz Schramma: Er wird 77, ist 55 Jahre verheiratet, wurde vor 25 Jahren Bürgermeister der Stadt (ein Jahr später OB).
Doch es gibt auch eine Zahl, die nicht so schön in seinen Ohren klingt: Vor 15 Jahren, nach dem Einsturz des Stadtarchivs, trat er zurück. Zeit für ein Fazit – im ersten Teil des XXL-Köln-Gesprächs des EXPRESS nimmt er ausführlich Stellung.
Herr Schramma, lassen Sie uns bitte als erstes über die Stadt sprechen. Hier waren Sie Bürgermeister und OB. Was haben Sie da bewegt, was macht Sie stolz?
Fritz Schramma: Da gibt es einiges. Das Stadion, das ich vor 20 Jahren eingeweiht habe. Das Ronald-McDonald-Haus, für das ich gekämpft habe, das jetzt 15 Jahre alt ist. Das „Weltstadthaus“ von Renzo Piano, das wegen seiner Mängel in der Statik kurz vorm Abriss stand, das ich retten konnte. Oder auch die Aktion „Kölle putzmunter“, die heute noch läuft.
Was finden Sie nicht so dolle?
Da gibt es leider auch einiges. Zum Beispiel einige Verkehrsversuche, etwa die Fußgängerzonen in Deutz oder in der Venloer Straße. Die Venloer als Einbahnstraße zu gestalten und die Vogelsanger in der Gegenrichtung zu führen, habe ich damals auch schon vorgeschlagen. Es ist auch heute noch die richtige Lösung. Doch wenn man bei der Durchführung immer wieder nachbessern muss, hat man vorher nicht richtig drüber nachgedacht.
Vor 15 Jahren kam nach dem Einsturz des Stadtarchivs Ihr OB-Ende. Wenn Sie heute daran denken – verspüren Sie einen Stich im Herzen?
Nein. Das habe ich nach den politischen und Medien-Vorwürfen, die auf mich einprasselten, selbst entschieden. Ich fand, dass es am besten sei, mich aus der Politik rauszuziehen. Mich hat damals vor allem berührt, dass beim Einsturz Menschen umgekommen sind – und das nahe des Unfall-Jahrestages unseres Sohnes Stephan.
Hatten Sie erwartet, dass die Wiederherstellung des Waidmarktes so lange dauern würde?
Nie und nimmer hatte ich mit einer solch langen Zeit der Untersuchung – allein zehn Jahre – und dem Weiterbau mit Fertigstellung gerechnet. Das werden ja zwei Jahrzehnte Ausfall – schrecklich.
Wenn Sie 25 Jahre jünger wären – würden Sie gern nächstes Jahr noch mal zur OB-Wahl antreten?
Ich würde es sofort machen. Ich werde übrigens auch jetzt noch gefragt, ob ich nicht wieder antreten möchte. Aber ich bin zu alt dafür. Ich würde nur ungern schwankend am Mikrofon stehen.
Lassen Sie uns ins Detail gehen: Wo ist Köln am kölschesten?
In den ganz normalen kölschen Kneipen mit den ganz normalen kölschen Menschen. So was wie die „Försterstube“ in Ehrenfeld, in der ich mich regelmäßig mit meinen Ex-Fußball-Freunden treffe. Da sind Kölsche, da wird Kölsch geschwad, da gibt es lecker Kölsch. Diese Kneipen sind ein Stück echter Heimatkultur. Es gibt sie noch überall, aber sie werden leider seltener.
Wir sind hier in der Nähe des Heumarktes, für dessen Wiederauferstehung Sie gesorgt haben. Gerade geht es darum, dass hier zu viel gefeiert wird – deswegen musste das Weinfest verlegt werden. Ist das in Ordnung?
Hier ist natürlich eine Menge los. Aber wenn man in einer Stadt Plätze hat, müssen die auch bespielt werden können. Natürlich würde ein bisschen weniger Party der Stadt guttun – aber so ein Weinfest ist immer um 22 Uhr vorbei, und dann ist Ruhe. Doch wenn man sich vorher auf eine gewisse Zahl von Veranstaltungen im Jahr beschränkt, kommt man schnell an die selbstgesetzte Grenze. Ich meine, wenn die Leute in die Innenstadt ziehen, dann wissen sie, dass da immer was los ist.
Am Tanzbrunnen war es ähnlich. Da protestierten die Anwohnerinnen und Anwohner auch, auch da muss um 22 Uhr Schluss sein …
Ja, einem waren die Konzerte zu laut, und die anderen müssen leiden. Wir sind eine Ich-Gesellschaft geworden: Einer bestimmt, was richtig ist und wie wir es machen müssen. Ähnlich ist es bei der Volksbühne, dem Ex-Millowitsch-Theater. Das war schon lange da, doch dann bekam ein Anwohner einen Rappel: „Nach zehn Uhr stört mich das!“
Ihr Name ist verknüpft mit der Moschee an der Venloer – manchmal mit dem Zusatz: „Da hat uns der Schramma aber was Schönes eingebrockt!“ Ärgert Sie das?
Ich kenne die Diskussion und denke, dass sie von Ignoranz bestimmt wird. Denn wir als Stadt und ich als OB haben diese Moschee nicht gebaut, sondern es waren die Eigentümer. Wenn Bürger der Stadt einen Bauantrag stellen, habe ich als Oberbürgermeister nur zu prüfen, ob der in Ordnung ist. Und wenn ja, dann genehmige ich das. Wir waren weder die Initiatoren, noch haben wir es finanziert.
Aber Sie haben die Idee unterstützt …
... weil ich es für wichtig und richtig halte, dass eine Gesellschaft, die 120.000 vorwiegend türkische Glaubensangehörige hat, eine zentrale Anlaufmoschee in Köln bekommt. Und wenn sie dann noch von solcher guter architektonischer Qualität ist und von einem christlichen Architekten, der aus Köln kommt, geplant wird, was kann einem Besseres passieren?
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Ein Markenzeichen der Stadt ist der FC, dessen Ruf gerade etwas lädiert ist. Was ist zu tun?
Vor allem: besser spielen! Wenn auf dem Rasen nichts passiert, ist das schon frustrierend. Der Abstieg ist nicht am letzten Spieltag passiert. Jeder sport- und fußballkundige Kölner hat gesehen, wie sich die Misere hausgemacht verschuldet entwickelte. Und das muss Konsequenzen haben.
Welche?
Es muss auch wegen der Kaufsperre ein grundsätzlicher Neuaufbau eines Teams her. Und ein Trainer, der selbst brennt und die Mannschaft für Köln und diesen Verein begeistern kann. Dann könnte ein Aufstieg schneller als in zwei bis drei Jahren gelingen.
Als guter Geist für den FC wird immer wieder Lukas Podolski genannt. Trauen Sie ihm Positives für den FC zu?
Ja. So eine Identifikationsfigur brauchen wir. Ich bedaure übrigens, dass wir in den heutigen Mannschaften kaum noch Ur-Kölner haben. Wäre doch toll, wenn ein Trainer Kölsch spräche – so wie das Trainer Christian Streich in Freiburg mit dem Badischen macht.
Der zweite Teil des großen Interviews mit Ex-OB Fritz Schramma – am Donnerstag (30. Mai) auf EXPRESS.de!