Um ein Olympiastadion zu sehen, müssen Kölner nicht nach München, Berlin oder Tokio fahren: Denn Olympia liegt näher als man denkt, für die Anwohner eines Veedels liegt es sogar quasi direkt vor der Tür.
Mitten im VeedelKaum zu glauben, aber auch Köln hat ein Olympiastadion
Köln. Während die Olympischen Spiele in Tokio auf die Zielgerade einbiegen und die letzten Wettkämpfe im Olympiastadion anstehen, hat das Kölner Olympiastadion gerade erst den Startblock verlassen und so richtig Fahrt für die neue Saison aufgenommen. Ja, Sie haben richtig gelesen, auch in Köln gibt es ein Olympiastadion und sogar auch eine Olympiahalle.
EXPRESS.de hat die Spielstätten besucht und sich in Olympiaform gedribbelt und gesprintet.
Das Kölner Olympiastadion steht im Stadtteil Nippes
Viele Kölner werden es schon gesehen haben, ohne zu wissen, dass es sich hier um ein Olympiastadion handelt. Denn die Anlage ist von Schienen umgeben und vor allem aus den Fenstern der S-Bahn-Linien S6 und S11 bestens zu sehen.
Südlich von der S-Bahn-Station Nippes liegt das Kölner Olympiastadion – versteckt im Gleisdreieck. Der erste Hinweis ist in der Lämmerstraße auf der Höhe des Park-and-Ride-Parkplatzes der S-Bahn-Station zu sehen. An einer Unterführung prangt ein Schild mit der großen Aufschrift „Olympiastadion“. Etwa 100 Meter hinter der Unterführung ist man angekommen, am Kölner Olympiastadion.
Olympiastadion in Köln: Kreisklasse statt Bundesliga
Des Rätsels Lösung: Im Kölner Olympiastadion sind die Fußball- und Tennis-Abteilung des ESV Olympia Köln zuhause und auch das Clubhaus des Vereins ist hier zu finden. Zugegeben, ganz so prunkvoll wie das Olympiastadion in Tokio oder Berlin kommt das Gegenstück in Köln nicht daher, aber auch diese Anlage, die an dieser Stelle bereits 1938 eingeweiht wurde, hat mit der speziellen Lage zwischen den Gleisen einen besonderen Charme. Typische Olympia-Elemente wie eine Laufbahn oder eine Sprunggrube sucht man hier allerdings vergebens.
Doch auch der 2017 frisch sanierte Kunstrasenplatz kann sich sehen lassen. Die Kugel rollt beim Test glatt und schnell über das Grün und bietet guten Halt zum Jonglieren mit dem Ball oder auch für einen kurzen Sprint über das Spielfeld. Nicht ganz wie der perfekt gepflegte Natur-Rasen oder die Laufbahn bei Olympia, aber für einen Kölner Veedelsverein mehr als ausreichend.
Die Olympischen Sommerspiele haben in Köln jedoch noch nie Halt gemacht, also wie kommt dieser Name zustande? Der Fußballplatz wurde nach der Sanierung kurzerhand umbenannt. „Während der Organisation der Einweihungsfeier kam die Idee, dem Platz einen Namen zu geben und was lag da näher als Olympiastadion“, erklärt Günter Brandt (53), Abteilungsleiter Fußball vom ESV Olympia Köln.
Statt Olympia- oder wie in Berlin Bundesliga-Fußball, Sky präsentierte gerade erst eine neue Bundesliga-Konferenz - gibt es im Kölner Olympiastadion Kreisliga-Fußball zu sehen. Dementsprechend unterscheiden sich auch die Zuschauerzahlen deutlich im Vergleich zu den Namensvettern. „Zuschauer verlieren sich eher nicht so viele zu den Spielen unserer Fußballer in der Kreisklasse C, in der Regel kommen zwischen 50 und 150“, schätzt Brandt.
Historische Olympiahalle in Köln-Nippes weiter in Betrieb
Neben dem Olympiastadion im Gleisdreieck hat der Verein auch eine Olympiahalle, die mitten in Nippes in der Werkstattstraße liegt. Die Halle bietet einen starken Kontrast zum frisch sanierten Kunstrasenplatz, ist sie schließlich bereits seit 1928 in Betrieb. Schon beim Betreten der Halle fällt auf: Dieser Ort strotz förmlich vor Historie.
In verschiedenen Hallen ist hier Platz für Handball, Basketball, Judo, Turnen, Badminton, Tanzen oder Tischtennis. Die besondere Atmosphäre der Olympia-Halle ist auch der Film- und Fernsehbranche nicht entgangen und so wurden hier bereits verschiedenste Beiträge gedreht, wie Guido Sadlo (53), 1. Vorsitzender des ESV Olympia Köln, verrät.
Für den Verein, gerade während Corona, ein guter Nebenverdienst um Einnahme-Ausfälle aufzufangen und die historische, aber auch baufällige Halle vielleicht eines Tages renovieren zu können.
Olympiastadion und Olympiahalle: Kölner Veedelsverein trägt prominenten Beinamen
Der Verein wurde 1927 als Reichsbahn-Betriebssportverein ins Leben gerufen, nach dem Krieg neu gegründet und erhielt 1949 schließlich den heutigen Namen „Eisenbahnersportverein Olympia Köln“ und bestand zunächst überwiegend aus Bahn-Mitarbeitern. Doch wie kommt es zu dem Namen Olympia? „Der Zusatz Olympia sollte zum einen an die Teilnahme der Ringer des Vereins an den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, aber auch an das breit gefächerte Sportangebot hinweisen“, erläutert Brandt den auffälligen Vereinsnamen.
Die Olympia-Teilnahme der Ringer blieb jedoch nicht die einzige in der Geschichte des Vereins und auch abseits der Olympischen Spiele konnte der Verein Erfolge feiern.
Der Geher Hermann Grittner wurde 1950 und 1954 deutscher Meister (50 km). Der Judoka Wolfgang Hofmann gewann als erster Deutscher 1964 in Tokio eine olympische Judo-Medaille (Silber) und war zudem mehrfach Deutscher Meister und Europameister. Die Volleyballmannschaft der Herren wurde 1963 und 1964 Deutscher Meister. Heute sind insbesondere die Judoka des ESV Olympia erfolgreich. Wiebke Heseding belegte 2020 den siebten Platz bei den Deutschen Meisterschaften bis 70 kg.
ESV Olympia Köln: Veedelsverein mit klaren Werten
Unter anderem dank der autofreien Siedlung in unmittelbarer Nähe zu der Olympiahalle blühte der Verein in den vergangen Jahren neu auf und stellt beispielsweise erst seit wenigen Jahren wieder eine Herren-Mannschaft im Fußball. Aktuell hat der Verein ca. 1700 Mitglieder und bietet die Sportarten Fußball, Tennis, Judo, Turnen, Schwimmen, Kanu, Gymnastik, Badminton, Tischtennis und Tanzen an.
Vor Ort wird sofort klar, dass sich der Verein auch abseits des Platzes engagiert. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, regionale, soziale und kulturelle Projekte aktiv zu unterstützen“, sagt Brandt. Die Regenbogenfahne ist am Olympiastadion mehrfach zu sehen und 2020 verkaufte der Verein ein Shirt, dass sich gegen jegliche Diskriminierung beim Fußball richtete.
„In Kooperation mit lokalen Partnern wie Viva Con Agua, Rheinflanke u.v.a engagiert sich der Verein aktiv gegen Rassismus, Sexismus, Homophobie und andere Diskrimierungsformen, die auf und außerhalb des Fussballplatzes stattfinden“, erklärt der Leiter der Fußball-Abteilung weiter.
Also, werte kölsche Olympia-Fans, ihr müsst also für olympische Momente nicht zwingend nach Berlin, München oder Tokio reisen, sondern könnt schon in wenigen Minuten das Kölner Olympiastadion und die Olympiahalle in Nippes besuchen.