Köln – Die Nord-Süd-U-Bahn wird frühestens in acht Jahren zwischen Heumarkt und Severinstraße in Betrieb gehen. „Ich hoffe, dass wir die erste U-Bahn im Jahre 2027 fahren sehen“, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Freitag auf einer Pressekonferenz anlässlich des bevorstehenden zehnten Jahrestages des Archiveinsturzes.
KVB-Vorstand Jörn Schwarze bestätigte den Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Er betonte aber auch, dass der Zeitpunkt für den heutigen Stand der Dinge gelte und sich möglicherweise noch zeitlich verschieben könne. Der Ausbau des Schienennetzes der KVB ist ein wesentliches Ziel der städtischen Verkehrspolitik.
Es geht darum, möglichst viele Autofahrer zum Umstieg auf die Bahn zu bewegen; um die Schadstoffbelastung der Luft zu verringern und um in der an Einwohnern wachsenden Stadt einen möglichst störungsfreien Verkehr zu gewährleisten.
Technisch extrem aufwendige Untersuchung der U-Bahn-Baustelle
Nachdem das schwarz-grüne Bündnis die Entscheidung über den Bau eines U-Bahn-Tunnels für die Ost-West-Achse hinausgeschoben hat, droht ein anderes Problem: Die Eröffnung der Nord-Süd-U-Bahn zwischen dem Breslauer Platz und der Südstadt wird sich um mindestens zwei weitere Jahre verschieben – und damit erst ein Vierteljahrhundert nach dem Beginn der Bauarbeiten stattfinden.
Die Verzögerung ist durch den Einsturz des Stadtarchivs verursacht worden. Nach dem Unglück im März 2009 begann eine technisch extrem aufwendige Untersuchung der U-Bahn-Baustelle am Waidmarkt, die den Einsturz ausgelöst hatte.
KVB verlangt 1,3 Milliarden Euro von Bauunternehmen
Obwohl das erste Strafverfahren bereits abgeschlossen ist und auch der Nebenprozess sich dem Ende nähert, sucht der Gerichtsgutachter Prof. Hans-Georg Kempfert weiterhin nach Beweisen. Der Hamburger Erdbauexperte soll den Boden an der Einsturzstelle bis zu einer Tiefe von mehr als 30 Meter erkunden. Dort befindet sich eine Braunkohleschicht. Anhand ihres Zustands lasse sich die Ursache für den Einsturz mit letzter Gewissheit bestimmen, hofft man im Rathaus.
Kempfert ist im Zusammenhang mit der zu erwartenden Schadenersatzklage als Sachverständiger bestellt worden. Nach derzeitigem Stand wollen die Stadtverwaltung und die Kölner Verkehrs-Betriebe rund 1,3 Milliarden Euro von den Bauunternehmen verlangen. Wie aus einem internen Papier der Verwaltung hervorgeht, soll Kempfert seine Arbeit bis Mitte 2020 fortsetzen.
Jürgen Müllenberg: „Die Zeitpläne werden aktuell überarbeitet“
Danach wird der für die Beweisaufnahmen errichtete Schacht verfüllt. Zudem müssen Beton, Schutt und Geröll aus den Röhren herausgeholt werden. Für das Herrichten der Baustelle sind insgesamt sechs Monate vorgesehen. Die Sanierung des KVB-Bauwerks beginnt demnach nicht vor dem Jahr 2021. Sie soll etwa fünf Jahre dauern.
Genaues war allerdings nicht zu erfahren. „Die Zeitpläne werden aktuell überarbeitet“, sagte Stadtsprecher Jürgen Müllenberg am Freitag.
In ihren Berechnungen geht die Stadtverwaltung davon aus, dass allein die zusätzliche Beweissuche rund 20 Millionen Euro kosten wird. Damit steigen die Gesamtausgaben für das Besichtigungsbauwerk auf 82 Millionen Euro; eine enorme Belastung, für die letztlich wohl die Kommune selbst aufkommen muss. Die Kosten, heißt es in dem internen Verwaltungspapier, würden „voraussichtlich nicht durch Versicherungen oder sonstige Dritte“ erstattet.
(red)