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Experten-CheckKöln am Rhein: So dreckig ist unser Fluss wirklich
Köln – Er wird von Wolfgang Niedecken anheimelnd besungen, von TV-Star und Umweltaktivist Hannes Jaenicke als „miserabel“ verurteilt: Der Rhein, Markenzeichen und Lebensader Kölns. Aber ist der 1200 Kilometer lange, am intensivsten genutzte Strom Europas eine Kloake? Oder könnte man davon auch ein Schluck bedenkenlos trinken? EXPRESS geht dem Rhein auf den Grund. Und befragte Top-Experten nach Zustand, Qualität, Hygiene.
Köln am Rhein: Alles rein?
Dr. Peter Diehl, Geschäftsführer der Flussgebietsgemeinschaft Rhein (FGG Rhein) hat eine neue R(h)einheit entdeckt: „Wir haben – bis auf den Stör – wieder alle historisch bekannten Fischarten im Rhein. Die Kleinlebewesen, etwa Insektenlarven und Krebse kommen in so großer Vielfalt vor wie vor 100 Jahren.“ Und: „Die Belastungen mit allen in den vergangenen Jahrzehnten bedeutenden giftigen Verunreinigungen sind deutlich, zum Teil auf null zurückgegangen.“
Das Baden im Fluss sieht Dr. Diehl jedoch kritisch, und das nicht nur wegen Strömung und Schiffsverkehr: „An jeder Stelle, an der man am Ufer ins Wasser geht, befindet man sich in der Ablauffahne einer Kläranlage. Und das ist hygienisch sehr bedenklich.“
Auch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW sieht Kölns Wasserstraße derzeit in guter Verfassung: „Der Rhein verdankt seine gute Wasserqualität einer fortwährenden schrittweisen Entwicklung von rechtlichen Vorschriften zur Begrenzung von Schadstoffeinträgen in Gewässer, die zu immer besseren Technologien in Industrie und Kläranlagen führt“, so Sprecherin Birgit Kaiser de Garcia.
Die Wasserqualität sei so gut, dass sich Lachse und Maifische wieder im Rhein wohlfühlen. Im Fokus der Gewässerüberwachung würden Spurenstoffe, wie etwa Bestandteile von Putz-und Pflegemitteln stehen.
„Besonders wichtig ist die Überwachung der Wasserqualität auch deshalb, weil der Rhein in den Niederlanden eine bedeutende Ressource für die Trinkwasserversorgung darstellt. So können die Wasserwerke unverzüglich informiert werden, falls es einmal zu einer Beeinträchtigung gekommen ist.“
Qualität von Rhein-Wasser wird täglich gecheckt
Szenenwechsel nach Kleve, zur NRW-Mess-Station. Wissenschaftler Dr. Harald Rahm zieht wieder Wasserproben an Bord: „Wir untersuchen den Rhein jeden Tag – morgens, mittags, abends und auch nachts. Der Zustand ist gut“, so der LANUV-Experte für Gewässerschutzüberwachung.
„Mit sehr empfindlichen Methoden finden wir zwar Spuren von Stoffen, die wir täglich verwenden, wie Süßstoffe, Schmerzmittel oder Salze. Gefährliche Konzentrationen für das Leben im Rhein gab es aber schon lange nicht mehr.“ Dr. Rahm betont: „Niemand kann mehr Stoffe in den Rhein einleiten, ohne dass sie auffallen.“
Bei Vater Rhein läuft’s also. Dat Wasser vun Kölle is jot.
Lachse leben wieder im Rhein
Nach gravierenden Chemie-Katastrophen (1969, 1985) scheint die Wasserqualität des Rheins wieder so gut zu sein, dass sich sogar Lachse ansiedeln. In NRW sind derzeit elf Fischarten heimisch. Da taucht ein neues Problem auf, das auch Umweltaktivist Hannes Jaenicke anprangert: Wird der Strom zum gigantischen Förderband für Mikroplastik?
Messungen ergaben rund 20 Plastikteilchen pro Kubikmeter Wasser: Kügelchen aus Industrieanlagen oder Kosmetikprodukten, Fetzen aus synthetischer Kleidung, Plastikflaschen, Reifenabrieb oder Folien aus der Landwirtschaft.
Zehn Tonnen Plastik im Rhein
Die Meinungen sind geteilt: Forscher halten diese Belastung im weltweiten Vergleich für kein gravierendes Problem. Andere argumentieren, dass der Rhein täglich schätzungsweise eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen Richtung Nordsee spült. Pro Jahr sind das rund zehn Tonnen. Und jedes einzelne Teil könne von Organismen aufgenommen werden und schädliche Auswirkungen haben.