Am Sonntag (22. August) stellte sich Annalena Baerbock als Grünen-Kanzlerkandidatin den Fragen der Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel. Eine Frage allerdings sorgte im Anschluss für reichlich Ärger im Netz.
ARD-SommerinterviewLetzte Frage von Journalistin an Baerbock sorgt für mächtig Ärger
Berlin. Als Letzte unter den Kanzlerkandidaten stellte sich am Sonntag die Grüne Annalena Baerbock den kritischen Fragen von Tina Hassel. Doch eine ging vielen Zuschauern zu weit.
In der halbstündigen Sendung ging es um das Afghanistan-Debakel (Baerbock sprach sich für einen Untersuchungsausschuss aus). Es ging um Klimaschutz und wie verhandelbar er bei Koalitionsverhandlungen im Anschluss an die Bundestagswahl sei (Baerbock: „Wenn wir nicht alles dafür tun, auf den 1,5-Grad-Pfad von Paris zu kommen, dann macht das nicht nur für Grüne keinen Sinn in eine Regierung mit einzusteigen“). Es ging um die Förderung für den Kauf von E-Autos (6000 Euro) und Zuschüsse für Lastenfahrräder (1000 Euro). Und natürlich um Corona (Baerbock schließt eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen nicht aus).
Doch die letzte Frage der Hauptstadtstudio-Chefin der ARD erzürnte viele Zuschauer vor allem im Netz.
ARD-Sommerinterview mit Annalena Baerbock: Letzte Frage sorgt für Kritik
Am Ende des Talks fragte Tina Hassel die Grünen-Kandidatin: „Die kommende Regierung könnte die letzte sein, in der die Klimakatastrophe überhaupt noch abzumildern ist. Wie würden Sie das Ihren Kindern erklären, wenn durch die vermeidbaren Fehler ihrer Mutter vielleicht die Grünen die Chancen verspielt hätten, diese entscheidenden Weichen in der Regierung mit zu stellen?“
Mit den „vermeidbaren Fehlern“ spielt Hassel auf die jüngsten Plagiatsvorwürfe gegen Baerbock an – Einzelstellen in ihrem Buch wurden als mögliche Plagiate enttarnt. Zudem hatte die Grünen-Kanzlerkandidatin ihren Lebenslauf „angepasst“, nachdem Berichte über ungenaue oder falsche Details aufgetaucht waren.
Fragen an Annalena Baerbock: Kinder und Kanzleramt vereinbar?
Im Netz kritisieren Zuschauer, dass diese letzte Frage ungerechterweise das Privatleben von Baerbock ins Spiel brächte. Bereits im Frühjahr wurde Baerbock von den Öffentlich-Rechtlichen gefragt, ob Kinder und Kanzleramt vereinbar seien. Im Deutschlandfunk tauchte ebenfalls die Frage auf, wie sie Familie und ein Spitzenjob vereinbaren will. Viele warfen den Medien vor, dass derlei Familienfragen den männlichen Kandidaten Laschet und Scholz nicht gestellt werden.
Und auch in den ARD-Sommerinterviews wurden die Familien des CDU- sowie des SPD-Kandidaten außen vor gelassen. „Wo schaut Armin Laschet das EM-Finale und wem drückt er die Daumen?“, lautete die letzte Frage an den CDU-Herausforderer. Olaf Scholz wurde gefragt, wie lange die Hängepartie bis zur Regierungsbildung dauern werde.
Dass Annalena Baerbock ihre Fehler und ihr Handeln nun gegenüber ihren Kindern rechtfertigen sollte – so suggeriert es die Frage – sorgte für wütende Tweets. Das sei „übergriffig“ hieß es dort. Und „schlicht schäbig“. Ein anderer meint, die Frage sei eine „pure Unverschämtheit“.
„Wer fragt Armin Laschet eigentlich, wie er seinen Kindern mal erklärt, dass er mit seinen Entscheidungen Windkraft und Kohleausstieg 2038 die letzten Jahre nicht genutzt hat, in denen die Klimakrise noch zu begrenzen gewesen wäre?“, kontert die Grünen-Abgeordnete Anna Christmann.
Tina Hassel nahm sich die Kritik im Anschluss an das Interview offenbar zu Herzen. Auf Twitter erklärte sie am Dienstag (24. August): „Ich bitte alle, die meine Frage beim Sommerinterview als unangemessen oder gar sexistisch aufgefasst haben, aufrichtig um Entschuldigung. Baerbock hat ihre Kinder selbst mehrfach thematisiert. Ich bin auch Mutter und bedauere deshalb sehr dass dieser Eindruck entstanden ist.“ (mg)