„Tatort“-AssiRoland Riebeling: „Eigentlich wollte ich ja Pfarrer werden!“

Neuer Inhalt (8)

Als leicht nerviger Assi Norbert Jütte hat sich Roland Riebeling eine „Tatort“-Fangemeinde aufgebaut.

Köln – Er kann schon nerven, ist mit Sicherheit nicht der Schnellste, weiß aber genau, wann Feierabend ist: Norbert Jütte, der Assistent im Kölner „Tatort“-Team um Ballauf und Schenk, ist einmalig im deutschen „Tatort“-Geschehen.

Jütte (war am Sonntag 17. Mai wieder im Einsatz in der ARD) ist ganz besonders – und die Glanzrolle des Bochumers Roland Riebeling (41), der so fast über Nacht zum Publikumsliebling geworden ist. Uns verrät er auch Privates über sich. 

Neuer Inhalt

Roland Riebeling bei seinen Anfängen auf der Theaterbühne in Essen.

Von Folge zu Folge rücken Sie als nerviger Assistent Norbert Jütte mehr in den Vordergrund. Wie ändert sich das Leben für einen Schauspieler, wenn er in der TV-Promi-Liste aufrückt?
Roland Riebeling:
Total. Ich habe wirklich nicht geahnt, was es bedeutet, am Kölner „Tatort“ in so einer Rolle mitzumachen, obwohl ich ja seit 20 Jahren drehe und auf der Bühne stehe. Das war tatsächlich ein Einschnitt, als hätte es diese 20 Jahre vorher nicht gegeben. Freut mich natürlich sehr – es hätte ja auch nach hinten losgehen können!Ist es von Vorteil, wenn man überall bekannt ist?Manchmal schon. Ich kann mit diesem Wiedererkennungswert leben und auch Gutes tun. So haben eine Freundin und ich jetzt in Corona-Zeiten eine kleine Aktion gestartet, bei der in der Ankündigung hinter meinem Namen die Worte „Kölner Tatort“ in Klammern stehen. Wir spielen in den Innenhöfen von Seniorenheimen für Leute, die nicht raus dürfen. Die gucken vom Balkon oder Fenster zu, freuen sich über die Abwechslung aber auch, dass jemand vom „Tatort“ dabei ist.

Alles zum Thema WDR

Stört es Sie, wenn Sie angesprochen werden?Nee. Am besten gefällt mir, wenn die Leute nicht wissen, wo sie mich hinstecken sollen. Gerade hat mich eine Frau in der Bahn für ihren Chef gehalten und wollte mit mir über die Tagung sprechen, zu der sie gerade fuhr. Ein andermal hat mich jemand für seinen ehemaligen Kegelbruder gehalten. Norbert Jütte ist gar nicht so einmalig, wie man merkt.

Wie kamen Sie zur Rolle?Als ich mit Dietmar Bär auf der Bühne stand, hat mich die damalige Produzentin im Theater gesehen und mit mir einen Probeballon gestartet – Jütte wurde als Urlaubsvertretung eingesetzt. Damit wollte man gucken, wie er bei den Leuten ankommt.

Neuer Inhalt (9)

Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, r), Freddy Schenk (Dietmar Bär, m) und ihr Assistent Norbert Jütte.

Offensichtlich kam er gut an. Jetzt ist Jütte fester Assistent. Hat er kölsche Eigenschaften?Es gibt noch keine Biografie, das geht mit jedem Film stückchenweise weiter. Aber ich denke ja, das große Herz, die Schlagfertigkeit und der Humor der Kölner sind schon vorhanden. Und auch das „Laissez-faire“, das Kölner auszeichnet, diese gewisse Gelassenheit und Ruhe, dieses „Man muss auch jönne könne“-Bewusstsein sind da.

Norbert Jütte ist eine ziemlich schräge Figur. Trotzdem – was ist von Ihnen mit drin?Wir haben den gleichen Mutterwitz, was Schlitzohriges. Bei ihm verschwindet schon mal ein wichtiges Formular im Reißwolf, könnte auch mir passieren. Allerdings habe ich nicht seine Arbeitsruhe, sein Arbeitstempo. Ich mache am liebsten immer drei Sachen auf einmal und wundere mich dann über das Chaos, das mich umgibt.

Klingt nach wenig Struktur… Ich bin ein Duracell-Häschen, ein Dauerrenner. Ich mache immer viel, gerne auch mal zu viel. Ich muss mich immer zwingen, langsamer zu sein, Sachen zu Ende zu bringen. Ich probiere immer Neues aus und hoffe, dass sich alles die Waage hält.

Was meinen Sie damit?Wenn ich z. B. nur Comedy machen würde, würde ich „Warten auf Godot“ vermissen. Es hat einen besonderen Reiz für mich, auf der Bühne einen klassischen Monolog von Kleist zu spielen und drei Tage später vor der Kamera mit demselben Herzblut einen Gag zu produzieren. So halte ich mich in Spannung.

Wann haben Sie erstmals Beifall gehört?Mit vier oder fünf, zu Kindergartenzeiten. Ich bin in Sepplhosen und mit angeklebtem Gamsbart als Schweinehirt aufgetreten und habe – so sagt meine Mama – mit solcher Inbrunst gespielt, dass es sogar Szenenapplaus gab.

Wie schön...Ich kann mich auch an ein Negativ-Beispiel erinnern. Beim Weihnachtsprogramm sollte ich ein Gedicht aufsagen. Ich war mittendrin, als plötzlich eine ältere Zuhörerin schrie: „Lauter! Ich verstehe nichts!“. Das hat mich so entsetzt, dass ich losheulte. Ich glaub’, das hat mich so angefasst, dass ich mich bis heute vor Leute hinstellen muss, um mich zu produzieren.

Geboren wurden sie im Juni 1978, in den Tagen der vergeigten Weltmeisterschaft. Hat Sie das fußballmäßig geprägt?Fußball war nie mein Sport, obwohl mein Vater das gern gehabt hätte, er hat sogar einen Fußballverein, Eintracht Leithe e.V., gegründet und war mein Jugendtrainer. Das war vorbei, als ich zehn war und wieder fürchterlich spielte. Er schrie nur: „Roland, den Ball hätte ich reingepinkelt!“ Das Ende meiner Fußball-Karriere.

Stammen Sie aus einer Familie mit künstlerischen Wurzeln?Das krasse Gegenteil. Mein Vater war Kfz-Mechaniker, meine Mutter Friseurin, Opa war Stahlarbeiter, der andere Bergmann. Ich war der erste der Familie, der aufs Gymnasium ging und interessierte mich nach dem Zivildienst vor allem für eine theologische Ausbildung.

Pfarrer sind Sie aber nicht...…weil mir meine damalige Chefin sagte: „Roland, du als Pfarrer? Kann ich mir gar nicht vorstellen! Bewirb dich auf einer Schauspielschule.“ Habe ich gemacht. Ich habe mich in Bochum beworben, fand die Prüfung schrecklich, saß am Ende des Tages heulend auf dem Klo und betete: „Lieber Gott, lass’ mich bitte nie mehr vorsprechen!“ Muss er gehört haben, denn ich wurde angenommen.

Wir leben heute in einer bizarren Corona-Welt. Wie beeinflusst Corona ihr Leben?Es fühlt sich ein bisschen nach Vorruhestand an. Ich nutze viel Zeit, um aufzuräumen. Mein Auto war noch nie so sauber, der Garten wird picobello. Ich bin weiter als Schauspieldozent tätig. Das geht jetzt nur virtuell – obwohl ich ein technischer Vollhorst bin. Ich habe mich da ganz schön reingefuchst, um das hinzubekommen.

Roland Riebeling: Ein Kind des Ruhrgebiets

Roland Riebeling (geboren am 2. Juni 1978 in Essen) absolvierte seinen Zivildienst in einer evangelischen Kirchengemeinde und bekam ein Stipendium der evangelischen Landeskirche für ein Studium der Theologie oder der Theaterwissenschaft.

Von 1998 bis 2001 studierte er an der Schauspielschule Bochum, (Abschluss mit Diplom). Von 2000 bis 2002 spielte er dann am Schauspielhaus Bochum, von 2002 bis 2007 am Theater Bonn und von 2007 bis 2010 am Grillo Theater Essen, dann wieder am Schauspielhaus Bochum.

Er war auch in der Comedy-Reihe „Mensch Markus“ (Deutscher Comedy-Preis) zu sehen. Er lebt in Bochum.