Kino-StarBenno Fürmann verurteilt den „Nafri“-Begriff – und fürchtet die AfD

Wer wissen will, wohin uns die Flüchtlingskrise noch führen kann, sollte Benno Fürmann (45) fragen.

Der Kino-Star tötet in seinem neuen Film „Volt“ (seit Donnerstag im Kino) als privilegierter SEK-Beamter einen Einwanderer – in einem fiktiven Deutschland, das die Menschen trennt: Flüchtlinge in anarchische Transitzonen, abgeschirmt von der Rest-Bevölkerung.

Droht uns das in „naher Zukunft“, wie der Film suggeriert? Fürmann zeigt in der Diskussion Haltung – wie auch in und mit seiner eigenen Multi-Kulti-Familie.

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Reisen jetzt nach Kenia: Fürmann und seine Tochter Zoe.

Ein düsteres Zukunftsszenario. Wie realistisch ist es in ihren Augen?

Es wäre leider möglich. Am Ende des Tages sind wir weit davon entfernt, eine Flüchtlingspolitik zu haben, die funktioniert. Die soziale Schere unserer Gesellschaft klafft zu weit auseinander. Aus der sozialen Marktwirtschaft ist immer mehr eine reine Marktwirtschaft geworden, ohne das soziale. Immer mehr Menschen fallen unangeschnallt durchs Raster.

Die Welt ist unsicherer geworden. Es sind gefühlt Zeiten von viel Angst. Die Welt brennt an vielen Ecken. Wir sind auch deshalb mit dem Flüchtlingsthema überfordert, weil wir viele Einrichtungen abgegeben haben nach dem Jugoslawien-Krieg. Die Behörden waren nicht mehr auf so einen Ansturm eingestellt. Wenn jetzt Menschen vor Lagern Schlange stehen, ist das eigentlich ein Bild der Überforderung, suggeriert aber Bedrohung.

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Benno Fürmann und seine Ex-Freundin Stephanie Igunbor erziehen Tochter Zoe gemeinsam.

Das finde ich schade. Ich finde auch schade, dass diese Flüchtlingsdebatte permanent mit dem Thema Sicherheit überlagert wird. Eigentlich sind es getrennte Themen. Wenn jeder Flüchtling ein durchgeknallter Islamist wäre, müssten wir Deutsche alle Nazis sein.

Im Film nennen die Polizisten dunkelhäutige Verdächtige Blacky oder Nigger.

Ja, und hier in Köln sagt man halt Nafri. Ich verstehe natürlich, dass die Polizei mit gewissen Kürzeln arbeiten muss. Auf der anderen Seite erwarte ich natürlich auch, dass unsere Exekutive gewisse moralische oder ethische Grundsätze vertritt. Je mehr man Menschen ausgrenzt, desto mehr werden die sich abgrenzen.

Wenn du den Slang Nafri benutzt, lässt du ja auch die Menschen außen vor, die nicht in diese Schablone passen und vielleicht genauso kriminell sind. Wir wissen, dass wir racial profiling in Deutschland haben. Frage mal einen dunkelhäutigen Menschen, wie oft er auf der Straße kontrolliert wird. Ich bin in meinem ganzen Leben ein einziges Mal kontrolliert worden. So zerreißen und zerfasern wir eine Gesellschaft.

Sie gehen nicht mit erhobenem Zeigefinger vor, sondern transportieren das Szenario über eine Geschichte.

Ja, das ist ein Film über Schuld, über jemanden der kein Zuhause hat. Weder in den Transitzonen der Flüchtlinge, noch im Wohnzimmer der Gated Community. Das passt zu unserer aktuellen Stimmung. Das Wohnzimmer ist nicht mehr so sicher wie in den Siebzigern.

Deshalb verbarrikadieren sich viele von uns und fallen in den Nationalismus zurück oder ziehen sich in ihren Mikrokosmos zurück. Wie bei Trumps „America First“. Das finde ich extrem schade weil ich immer noch an die Neugier aufeinander glaube. Die ist am Ende befruchtender als der Rückzug.

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Fürmann mit Kollegin Joy Olasunmibo Ogunmakin alias Ayọ in „Volt“.

Haben Sie Angst vor mehr Rechtsradikalismus und einer starken AfD?

Ja! Diesem Irrglauben, dass Flüchtlinge für die persönliche Misere verantwortlich sind, wird zu leicht nachgelaufen. Diese Rechten kreieren immer Feindbilder und vereinfachen alles. Aber das Leben ist gerade hochgradig kompliziert. Da kann ich mir nur die Haare raufen. Wenn wir alle Ausländer rausschmeißen, wird ja auch nichts besser.

Glaubt wirklich jemand, dass es dadurch keine soziale Ungerechtigkeiten mehr gäbe, der Kündigungsschutz besser und die Rente höher werden würde und es mehr Liebe in Deutschland gäbe? Ich glaube das nicht.

Thema Schuld. Sie hatten selbst ein ähnliches Erlebnis, mit einem Autounfall 2012. Haben Sie damals ähnlich empfunden wie im Film? Und wie viel konnten Sie davon jetzt einbringen?

Naja, ich bin ja die Summe meines Erbguts, meiner Prägung durch Eltern und Freunde und sämtlicher Erlebnisse. Alles was ich erlebt habe, was ich rational und emotional nachvollziehen kann. Dieses Gefühl, nirgendwo richtig dazuzugehören und seinen Dämonen ausgeliefert zu sein, das kenne ich auch.

Im Film fällt der Satz: „Ihr seht uns nicht, aber wir sind viele“. Wie viel bekommen Sie von Flüchtlingen im Alltag mit?

Nicht allzu viel. Im Alter sehe ich meinen Nachbarn, einen Ex-Flüchtling aus Afghanistan. Den habe ich in Bonn kennen gelernt, als ich hier im Internat war. Der war damals schon seit drei Jahren hier. Mittlerweile wohnt er in Berlin in einer Nebenstraße von mir, wir sind immer noch befreundet. Ansonsten sehe ich da im Alltag erstaunlich wenig und erst recht keine Bedrohung.

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Krasses Film-Szenario: Polizisten halten Flüchtlinge davon ab, aus der Transitzone auszubrechen.

Wie erklären Sie Ihrer Tochter die Flüchtlingskrise?

Es gibt Krieg, es gibt wirtschaftliche Zwänge und jeder Mensch versucht, zu überleben und seine Familie zu ernähren. Das ist so in uns eingebaut. Auf der anderen Seite gibt es Gesetze, die so eine Flucht regeln. Die können sich aber auch verändern. Dazwischen liegt irgendwo die Wahrheit.

Eine Angst vor dem Fremden gibt es bei uns sowieso nicht. Ich habe eine Tochter mit einer Halb-Nigerianerin, mein Schwager ist Perser und an Weihnachten ist vom sogenannten Bio-Deutschen bis zum afrikanischen Opa alles dabei.

Wie viel Zeit verbringen Sie im Ausland?

Letztes Jahr relativ wenig. Ich habe exklusiv in Deutschland gedreht. Normalerweise mache ich aber eine große Reise im Jahr, die habe ich letztes Jahr ausfallen lassen. Deshalb freue ich mich sehr, dass ich am Samstag mit meiner Tochter im Flieger nach Kenia sitze.

Wir bleiben acht Tage. Das ist für sie das erste Mal Schwarzafrika, die erste Safari. Ich war schon einmal in Uganda, was mich nachhaltig beeindruckt hat.

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