AldiAngst vor leeren Regalen: Discounter wagt ungewöhnlichen Schritt – und bricht Grundsatz

Europaweit klagen viele Getränkehersteller derzeit über Engpässe, Aldi will die eigene Versorgungssicherheit mit einem ungewöhnlichen Schritt sichern. Das Symbolfoto zeigt das Logo von Aldi Nord in Essen.

Europaweit klagen viele Getränkehersteller derzeit über Engpässe, Aldi will die eigene Versorgungssicherheit mit einem ungewöhnlichen Schritt sichern. Das Symbolfoto zeigt das Logo von Aldi Nord in Essen.

Aldi wagt einen ungewöhnlichen Weg und bricht mit seinen Plänen die eigenen Firmengrundsätze: Weil viele Hersteller derzeit über Engpässe klagen, will der Discounter die Versorgungssicherheit für die eigene Kundschaft erhöhen – aus Angst vor leeren Regalen.

von Martin Gätke  (mg)

Mit diesem Plan verstößt Aldi erstmals gegen ein Unternehmensprinzip – um in Zukunft leeren Regalen und Engpässen vorzubeugen. Die angespannte wirtschaftliche Lage und der Krieg in der Ukraine führt zu Problemen bei vielen Herstellern, auch die Getränkehersteller mussten zeitweise ihre Produktion drosseln.

Dem will Aldi Nord nun vorbeugen – und übernimmt zum ersten Mal in seiner Unternehmensgeschichte einen Produktionsbetrieb, um die Versorgungssicherheit seiner Kundschaft zu erhöhen.

Aldi Nord: Discounter geht ungewöhnlichen Weg

In ganz Europa können viele Getränkehersteller nicht genug Kohlensäure für ihre Produkte kaufen, auch Brauereien mussten einen Teil der Produktion einstellen. Hersteller von alkoholfreien Getränken, von Mineralwasser, Limo, Bier – sie alle sind auf Kohlensäure angewiesen. Nicht nur für den Sprudel in der Flasche, sondern auch, um die Haltbarkeit zu erhöhen. Denn mit dem Gas als Hilfsstoff wird zum Beispiel auch dafür gesorgt, dass das Getränk nicht mit Luft in Kontakt kommt.

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Doch Kohlensäure ist derzeit Mangelware, der Markt so gut wie leer. Der Grund: die hohen Erdgaspreise. Sie haben dafür gesorgt, dass viele Düngemittelhersteller ihre Produktion deutlich reduzieren oder auch komplett einstellen mussten. Laut „Tagesschau“ basiert etwas über die Hälfte des Kohlensäuremarktes auf der sogenannten Ammoniaksynthese, also der Düngemittelherstellung.

Aldi Nord: Kampf gegen leere Regale – Discounter bricht mit Firmengrundsatz

Das wiederum bekommen die Verbraucherinnen und Verbraucher in den Regalen der Supermärkte und Discounter zu spüren: Bei einigen Getränken bestehen zeitweise Engpässe. Vor einigen Wochen etwa schlug die Genossenschaft Deutscher Brunnen Alarm, Mineralwasser-Produzenten würden nicht mehr die Mengen an CO₂ bekommen, die sie bestellt hatten. Vor allen Dingen im Sommer sei es zu Engpässen gekommen.

Nun will Aldi Nord bei diesem wichtigen Lebensmittel selbst ein Wörtchen mitreden – und geht einen ungewöhnlichen Weg. Bislang war ein Firmengrundsatz des Unternehmens, dass man auf eigene Produktionsbetriebe verzichte und auf Handel setze.

Nun will der Handelsriese zwei Standorte der Altmühltaler Mineralbrunnen Gruppe übernehmen – einen in Treuchtlingen (Bayern) und einen in Breuna (Hessen), wie die „Lebensmittelzeitung“ berichtet. Dort arbeiten laut Branchenzeitung aktuell rund 400 Mitarbeiter für Altmühltaler, die Wasser und Erfrischungsgetränke herstellen und abfüllen.

„Der Erwerb der Unternehmen gibt uns die Möglichkeit, Produktionskapazitäten für eines der wichtigsten Lebensmittel langfristig in Deutschland aufrechtzuerhalten“, wird Jürgen Schwall, bei Aldi Nord als Chief Purchasing Officer für die Warenversorgung zuständig, zitiert. Die Altmühltaler Mineralbrunnen Gruppe sei „seit vielen Jahren einer unserer wichtigsten Lieferanten für Mineralwasser und Erfrischungsgetränke“, heißt es weiter. Nun wolle Aldi noch weiter in die Standorte investieren und die Abfüllung ausbauen.

Aldi ist längst nicht das erste Unternehmen, dass sich in der aktuell angespannten Lage krisenfest aufstellen will: Vor einigen Monaten teilte die Schwarz-Gruppe mit, zu der auch Lidl und Kaufland gehören, dass man eine neue Strategie für die Wertschöpfungskette fahren will.

Das Unternehmen hat nicht nur eine Papierfabrik gekauft, sondern ist auch Deutschlands größter Produzent von Eigenmarken-Nudeln, nachdem die Lidl-Mutter nach dem Kauf der Erfurter Teigwaren GmbH zu einem der größten Nudelproduzenten in Deutschland wurde. Ziel sei es auch hier, die eigenen Handelsunternehmen „zuverlässig mit qualitativ hochwertigen Teigwaren-Produkten aus eigener Herstellung zu versorgen“, hieß es damals.