Mark Uth ist nach seinem Horror-Jahr bei Schalke 04 zurück beim 1. FC Köln. Im exklusiven Interview spricht der Kölner über den Schalke-Abstieg, den Neustart beim FC und sein Verhältnis zu Steffen Baumgart.
„Wüsste nicht, was dagegen spricht“Für immer FC? Uth im ersten Interview seit der Schalke-Rückkehr
Köln. Der verlorene Sohn ist zurück - wieder einmal! Nachdem Mark Uth (30) den 1. FC Köln bei seiner Leihe in der Saison 2019/20 quasi im Alleingang in der Klasse hielt, musste er anschließend trotz zähen Ringens zurück zu Schalke 04. In Gelsenkirchen erlebte der Porzer mit dem Abstieg und den Jagd-Szenen um die Arena ein Horror-Jahr. Zurück bei seinem Herzensklub blüht der Angreifer nun endlich wieder auf. Im exklusiven EXPRESS.de-Interview spricht Uth über die Schalke-Zeit, den Neustart in Köln und sein Verhältnis zu Steffen Baumgart (49).
Mark Uth, es ist Ihr erstes Interview seit der Rückkehr zum FC. Brauchten Sie Zeit, um die vergangene Saison auf Schalke zu verarbeiten?
Mark Uth: Es ist schon so, dass ich erstmal etwas Zeit vergehen lassen wollte. Ich habe das gebraucht, um hier wieder anzukommen und mich vollständig auf den Fußball zu konzentrieren. Ich denke das hat mit Ausnahme von Hoffenheim bisher gut geklappt. Ich bin froh, dass ich zurück bin.
Von den Schalke-Fans zuletzt verschmäht, sind Sie beim FC schon in der Vorbereitung von den Fans gefeiert wurden. Wie gut tut das?
Mark Uth: Ich hatte eine erfolgreiche Zeit hier während meiner Leihe. Das haben die Fans offenbar nicht vergessen. Wir haben von zehn Spielen acht gewonnen. Die einzigen beiden, die wir verloren haben, waren gegen Bayern und Dortmund. Jetzt bin ich zurück und überglücklich, wieder zu Hause zu sein. Wir haben eine super Stimmung in der Kabine, wir spielen ansehnlichen Fußball und es macht mir gerade einfach unheimlich viel Spaß.
Mark Uth hat Lust am Fußball beim 1. FC Köln zurückgewonnen
Wie schwer fiel es Ihnen, die Lust am Fußball zurückzugewinnen?
Mark Uth: Ich glaube, das fällt keinem Fußballer schwer, weil wir den Sport lieben und den schönsten Job der Welt haben. Ich habe im Laufe meiner Karriere gelernt, dass es bessere und schlechtere Zeiten gibt. In den schweren Zeiten bringt es nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss man einfach weiter dran bleiben und seine Leistung auf dem Platz bringen. Dann kippt das auch wieder. So wie jetzt: Ich habe mich seit Tag eins auf den 1. FC Köln gefreut. Ich kenne die meisten Jungs noch von meiner Leihe, von daher fiel mir die Eingewöhnung ziemlich leicht.
Welche Rolle haben Heimat und Familie gespielt?
Mark Uth: Meine Familie und meine Freundin sind das Wichtigste für mich. Ich kann immer auf sie zählen. Meine Eltern haben sehr viel für mich getan, standen mir auch zur Seite, als es in meiner Karriere mal nicht so lief. Als es in meiner Anfangszeit in Holland nicht so einfach war, haben sie mich regelmäßig besucht und mir die nötige Kraft gegeben. Das war sehr wichtig für mich. Ich bin sehr froh, dass sie immer für mich da sind.
Was haben Sie aus Ihrer Schalke-Zeit gelernt?
Mark Uth: In der letzten Saison war es schwierig, wir haben sehr erfolglosen Fußball gespielt und viele Spiele verloren. Wir hatten verschiedene Trainer, es kam nie Ruhe rein. Ich hatte aber auch schöne Zeiten auf Schalke. Ich erinnere mich an mein erstes Bundesliga-Tor, an meinen ersten Champions-League-Treffer. Das sind positive Erinnerungen. Der Abschluss war dann leider enttäuschend für alle. Auch ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass wir abgestiegen sind. Trotzdem habe ich das abgehakt. Ich hoffe aber, dass Schalke so schnell wie möglich wieder aufsteigt.
Mit Schalke abgestiegen, werden Sie hier nach Ihrem ersten FC-Spiel schon wieder auf die Nationalmannschaft angesprochen? Wie verrückt ist der Fußball?
Mark Uth: Fußball ist sehr schnelllebig. Das erfahren wir Spieler immer wieder. Aktuelles Beispiel ist Leroy Sané. Er wurde in den ersten Spielen von den Bayern-Fans ausgepfiffen und verschmäht. Jetzt, wo er in absoluter Topform ist, liegen ihm die Anhänger zu Füßen. So ist das Geschäft, damit müssen wir umgehen können. Das Wichtigste ist, dass man sich nicht zu viele Gedanken darüber macht. Das ist manchmal gar nicht so einfach. Das musste ich lernen, weil ich sehr ehrgeizig und selbstkritisch bin. Ich will erfolgreich sein, Tore schießen und Spiele gewinnen. Wenn das nicht klappt, hadere ich auch. Da besteht die Gefahr zu verkrampfen. Ich weiß inzwischen, dass ich mit solchen Situationen entspannter umgehen muss.
Stichwort Ehrgeiz: Bisher haben sie ein Saisontor erzielt. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem FC-Start?
Mark Uth: Ich persönlich bin noch nicht zufrieden mit meiner Ausbeute. Ein Tor und eine Vorlage im Pokal sind für meine Ansprüche zu wenig. Es ist aber auch so, dass der Trainer etwas anderes von mir fordert. Er misst mich nicht nur an Toren. Es geht um Laufen, Pressing, darum, dass ich auch Defensivaufgaben erledige. Das versuche ich umzusetzen. Das hat bisher gut geklappt, die Mannschaft spielt guten Fußball. Das zählt, da mache ich mir nicht so Gedanken, wie viele Treffer ich auf dem Konto habe. Generell will ich dem Team natürlich auch mit Toren und Vorlagen helfen.
Wie schwer fällt Ihnen die Umstellung der Spielweise?
Mark Uth: Steffen Baumgart will genau das von mir sehen. Wenn ich das nicht mache, hätte ich ein Problem (lacht). Von daher fällt mir das nicht schwer. Ich ziehe das durch. Ich denke auch, dass mit der Zeit wieder die Tore und Vorlagen kommen werden. Da bleibe ich geduldig.
Sie haben bisher auf unterschiedlichen Positionen gespielt. Wäre es einfacher, wenn Sie eine feste Position hätten?
Mark Uth: In dieser Saison habe ich schon auf der Acht, Zehn und als Stürmer gespielt, das variiert. Die Zehn und Stürmer kann ich aus dem Effeff, das habe ich mein Leben lang gespielt. Die linke Acht war etwas Neues für mich, das war taktisch eine Herausforderung.
In Frankfurt waren Sie aus taktischen Gründen ganz draußen. Hatten Sie Verständnis dafür?
Mark Uth: Wenn ich auf der Bank sitze, bin ich immer unzufrieden. Er hat es mir aber vor dem Spiel ausführlich erklärt. Es bringt dann nichts zu diskutieren, wir alle müssen uns auf das Spiel konzentrieren. Es ist dann wichtig, die Rolle anzunehmen und alles zu geben, wenn man eingewechselt wird. Generell hat er gesagt, dass sein System sehr anstrengend ist und immer mal wieder gewechselt wird. Das ist vollkommen in Ordnung für mich.
Wie ist ihr Verhältnis zu Steffen Baumgart?
Mark Uth: Wir kommen sehr gut miteinander aus. Ich bin ein offener und direkter Typ, der sagt was er denkt. Bei ihm ist das genauso. Wir verstehen uns gut und sagen uns auch gegenseitig die Meinung. Wenn ihm irgendetwas nicht passt, dann sagt er mir das. Das finde ich sehr wichtig.
Haben Sie sich schon an seine intensive Spielweise gewöhnt?
Mark Uth: Inzwischen habe ich das verinnerlicht, was er von mir verlangt. Es ist nach wie vor sehr anstrengend, aber ich glaube, wir alle kommen immer besser damit zurecht. Deswegen sind wir eigentlich alle positiv gestimmt und auf einem guten Weg.
Anzeige: Jetzt Gutschein für den Fanshop des 1. FC Köln gleich hier im EXPRESS-Gutscheinportal sichern!
Wie hat Baumgart den FC so schnell umgekrempelt? Was ist sein Erfolgsrezept?
Mark Uth: Er hat durch die vielen Gespräche mit allen Spielern alle von Anfang an mit ins Boot geholt. Dazu hat sich der Fußball in den letzten Jahren gewandelt. Meiner Meinung nach ist Intensität inzwischen das A und O. Jeder weiß, dass Steffen genau für diese Intensität steht. Das ist seine Art von Fußball. Für uns ist es das Wichtigste momentan, dass wir diese Intensität auf den Platz kriegen. Jeder kämpft, jeder läuft für jeden. Wenn einer einen Fehler macht, wird nicht herumgemeckert, sondern wir laufen zurück und holen uns den Ball wieder. Das ist das, was wir brauchen, um in der Bundesliga um Spiele zu gewinnen. Bis jetzt hat es ja ganz gut geklappt – mit Ausnahme von Hoffenheim.
Klingt nach Grundtugenden statt Hexenwerk. Wieso hat sich der FC in den letzten Jahren dann so schwergetan?
Mark Uth: In der Theorie müsste das jedem klar sein, aber es sind ganz oft kleine Prozentanteile, die gefehlt haben. Wo dieser eine Schritt mehr dann nicht passiert und man Probleme bekommt. Dieses Jahr sind ja nicht allzu viele neue Spieler dabei. Es sind ja fast die Gleichen, und trotzdem treten wir ganz anders auf. Steffen macht die Spieler besser. Wenn man sieht, was er aus Benno Schmitz oder Anthony Modeste gemacht hat, kann ich nur sagen: Alle Achtung. Er gibt jedem Spieler den Glauben an sich selbst und das nötige Selbstvertrauen mit. Dieses „du machst es gut“, oder „das kannst du besser machen“.
Zeichnet das auch einen guten Trainer aus? Aus Spielern das Maximum herausholen?
Mark Uth: Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, bei Julian Nagelsmann war es für mich am krassesten, weil er die Spieler einfach unfassbar weiterentwickelt hat. Er hat aus Hoffenheim quasi eine Goldgrube gemacht. Nach zwei Jahren unter ihm hätte der Verein jeden Einzelnen teuer verkaufen können. Ich habe ihm sehr viel zu verdanken, er hat mich in meiner Entwicklung wohl am meisten nach vorne gebracht. Er ist ein großartiger Trainer und deswegen jetzt auch zu Recht bei den Bayern.
Mark Uth freut sich auf sein erstes Derby vor Zuschauern mit dem 1. FC Köln
Am Sonntag steht das Derby an. Für Sie als waschechten Kölner etwas ganz Besonderes. Wie groß ist die Derby-Vorfreude?
Mark Uth: Es ist allein schon deshalb besonders, weil es mein allererstes Derby vor Fans sein wird. Meine einzigen beiden Derbys gegen Bayer und gegen Gladbach waren in der Corona-Zeit vor leeren Rängen. Das war natürlich schade. Da kam verständlicherweise nicht diese Atmosphäre auf, die diese Spiele so besonders macht. Von daher freue ich mich umso mehr auf mein erstes Derby vor Fans. Ich bin sicher, dass unsere Anhänger am Sonntag alles geben und uns zum Sieg peitschen werden.
Was erwarten Sie für ein Spiel?
Mark Uth: Wir spielen vor vollem Haus, das wird richtig geil. Ich denke, dass eine überragende Stimmung herrschen wird. Da ist richtig Feuer drin. Wir haben 0:5 in Hoffenheim verloren und Leverkusen hat 1:5 gegen die Bayern verloren. Sonntag wollen wir wieder ein anderes Gesicht zeigen. Wir wollen dieses Spiel gewinnen und die Fans mitnehmen. Nach der Corona-Zeit wird das Stadion das erste Mal voll sein. Ich denke, wir hätten uns keinen schöneren Zeitpunkt dafür aussuchen können.
Glauben Sie, dass Bayer nach dem 1:5 gegen München angeknackst ist?
Mark Uth: Nein, auf keinen Fall. Wir wissen, dass Bayer Leverkusen eine richtig gute Truppe hat und davor sehr viele Spiele gewonnen hat. Das wird ein sehr, sehr schweres Spiel für uns. Wir müssen unsere Intensität auf den Platz bekommen, unsere Zweikämpfe gewinnen und das Stadion mitnehmen. Damit wollen wir gewinnen. Wenn nur ein Spieler am Sonntag nicht mitmacht, dann haben wir alle ein Problem. Wir müssen als Einheit anlaufen, sonst werden wir gegen Leverkusen keine Chance haben.
Wem drückt ihr Bruder Jan die Daumen? Immerhin hat er in der Jugend mal für Bayer Leverkusen gespielt.
Mark Uth: (lacht) Er drückt auf jeden Fall mir die Daumen. Er hat zwar mal ein paar Jahre für Leverkusen gespielt, aber das ist schon lange her. Sein Herz schlägt für den FC.
Er ist kein Profi geworden, sondern arbeitet inzwischen in der familiengeführten Immobilienfirma. Liegt da langfristig auch Ihre Zukunft?
Mark Uth: Wer weiß, was noch kommt. Im Laufe meiner Karriere habe ich mitbekommen, wie schnelllebig alles sein kann. Ich will mich da noch nicht nicht festlegen. Aber ja, das ist eigentlich der Plan.
Bis dahin für immer FC?
Mark Uth: Das ist schwer zu sagen. Ich weiß ja nicht, wie lange mich der FC noch haben will. Momentan bin ich glücklich. Ich habe noch zwei Jahre Vertrag und ich wüsste nicht, was dagegen spricht, hier meine Karriere zu beenden.