Die Krawalle beim Conference-League-Spiel OGC Nizza gegen 1. FC Köln machten Schlagzeilen in ganz Europa. Nun stand in Bergisch Gladbach der erste Angeklagte wegen der Vorfälle vor Gericht. Er muss in Haft.
Nizza-KrawalleHaftstrafe ohne Bewährung: Erster FC-Hooligan muss in den Knast
Showdown im Gerichtssaal A106 des Amtsgerichts Bergisch Gladbach: Hier ist am Mittwoch (25. Januar 2023) das erste Urteil gegen einen der FC-Hooligans gefallen, die bei der Auswärtspartie in Nizza (8. September 2022) an den schweren Ausschreitungen beteiligt waren.
Rund vier Wochen später hatte die Polizei Häuser und Wohnungen von 16 mutmaßlichen Beteiligten in Köln, Hürth, Pulheim und Bergisch Gladbach durchsucht und fünf Haftbefehle vollstreckt.
FC-Hooligan in Bergisch Gladbach vor Gericht
Der 36-Jährige ist ein mehrfach vorbestrafter Hooligan aus dem Umfeld des 1. FC Köln. Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn warf ihm Landfriedensbruch und schwere Körperverletzung vor, er soll bei den Schlägereien in Nizza selbst dann noch auf ein Opfer eingetreten haben, als dieses schon wehrlos auf dem Boden lag.
Bei den Ausschreitungen im Vorfeld des Conference-League-Auftakts waren insgesamt 30 Menschen verletzt worden. Die knallharte Konsequenz für den Angeklagten: Er wurde am Mittwoch zu einer Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren ohne Bewährung verurteilt!
In ihrer Urteilsbegründung am Mittwoch vor dem Amtsgericht Bergisch Gladbach attestierte die Richterin dem geständigen Angeklagten zwar „glaubhafte Reue“, äußerte aber Zweifel an dessen Beteuerung, sich „von der Szene gelöst“ zu haben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Das Gericht blieb nur knapp unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung gefordert hatte. Die langjährige Szenezugehörigkeit und die Vorstrafen des Gerüstbauers aus Bergisch Gladbach wirkten sich negativ auf das Strafmaß aus.
Der Familienvater (einjähriger Sohn) aus Bergisch Gladbach, der als Gerüstbauer beschäftigt ist, war im Oktober 2022 bei der Polizei-Razzia festgenommen worden und saß seit 113 Tagen in Untersuchungshaft.
Willuhn warf dem Angeklagten beim Prozess am Mittwoch mehrere Gewalttaten im Vorfeld des Spiels vor, das mit einer Stunde Verspätung angepfiffen wurde. Der Verteidiger des Angeklagten räumte die Vorwürfe und Gewalttaten mit Faustschlägen und Tritten gegenüber einer Person ein, bestritt aber an anderen Aktionen beteiligt gewesen zu sein.
Der Angeklagte selbst schilderte, dass er einen Tag vor dem Spiel nach Monaco angereist war, man hätte von Gewalttätigkeiten gegenüber Kölner Fans gehört.
Im Publikum im Gericht waren eine ganze Reihe Freunde und Bekannte des Angeklagten, die unschwer der aktiven Fanszene des 1. FC Köln zuzuordnen waren.
Krawalle in Nizza: „Darunter leidet der 1. FC Köln“
„Wer leidet darunter? Der 1. FC Köln. Der Verein musste 100.000 Euro Strafe bezahlen. Warum macht man das?“, fragte die vorsitzende Richterin Birgit Brandes. Eine Antwort bekam sie nicht. Der Verteidiger warb um Verständnis: „Von französischer Seite gab es nichts Deeskalierendes. Ich habe noch nie erlebt, dass Ordner und Heimfans derart gemeinsame Sache machen.“
Als die Richterin die Strafhistorie des Angeklagten vorlas, wurde klar, dass er eine lange Liste von Körperverletzungen, Landfriedensbrüchen und Einsatz von Pyrotechnik hat. Eine Strafe aus Berlin, die ihm eine Haftstrafe bis Oktober 2021 einbrachte.
Als einer der wenigen Unmaskierten, das zeigten die Videos, befand sich der Angeklagte in Nizza erneut in vorderster Front. Rund 900 Hinweise hatte die Polizei nach den Krawallen bekommen, sie stellte anhand von zahlreichen Aufnahmen die Gewalttäter fest. Mittels „Super-Recognizer“, die auf Identifizierung von Tatbeteiligten auf Videos spezialisiert sind, ermittelte die Polizei einige der Verdächtigen.
Gegen den 36-Jährigen wurde nun das erste Urteil im Zuge der Nizza-Krawalle verhängt. Nach dem Urteil wurde die Untersuchungshaft aufgehoben, der Verurteilte wird aber seine Haftstrafe antreten müssen. Einen Grund für eine Haftverschonung sah die Richterin nicht. Am 31. Januar 2023 stehen in Köln zwei weitere Angeklagte vor Gericht.