Er spielte für FC & BayerHelmes vor dem Derby über Köln-Horror und Leverkusen-Höhenflug

Patrick Helmes als Trainer in der Oberliga Westfalen, Sportfreunde Siegen.

Spielte für Bayer Leverkusen und den 1. FC Köln: Ex-Stürmer Patrick Helmes, hier am 29. September 2023.

Er spielte für beide Klubs, den 1. FC Köln und Bayer Leverkusen. Vor dem Derby am Sonntag sprach EXPRESS.de mit Ex-Stürmer Patrick Helmes (39) über seine Ex-Vereine.

von Uwe Bödeker (ubo)

Als Stürmer machte er 95 Spiele für den 1. FC Köln, schoss dabei 47 Tore. Für Bayer Leverkusen war Patrick Helmes (39) in 71 Spielen 38-mal erfolgreich. Und als Nationalspieler machte er 13 Länderspiele (zwei Treffer). Aktuell ist Helmes als Experte für RTL und Sky im Einsatz.

Im großen EXPRESS.de-Interview spricht er vor dem Derby am Sonntag (3. März 2024, 15.30 Uhr/Dazn und Liveticker auf EXPRESS.de) über die Leverkusener Titelträume und die Kölner Abstiegssorgen.

Patrick Helmes: Potocnik tut mir leid

Am vergangenen Wochenende warst du schon beim A-Jugend-Derby zwischen Köln und Leverkusen. Beim 0:2 stand auch Jaka Cuper Potocnik auf dem Platz – wie beurteilst du seine Situation?

Alles zum Thema Steffen Baumgart

Patrick Helmes: Das ist schon eine schwierige Thematik für ihn, weil er brutal früh in den Fokus gerückt ist. Das war ja so alles nicht geplant. Das macht natürlich auch etwas mit ihm, auch wenn er da gar nichts für kann. Er wollte einfach nur Fußball spielen und den nächsten Schritt gehen. Jetzt hilft ihm nach seiner Sperre vor allem Spielpraxis weiter.

Glaubst du, dass die Erfahrungen rund um die Transfersperre ihn auch in seiner Entwicklung stärker machen können?

Helmes: Das könnte sein. Für ihn ist das sicherlich eine prägende Zeit, wo er sich früh mit Themen auseinandersetzen muss, die im Umfeld passieren. Seine Kindheit ist schneller vorbei als gedacht. Im Verein macht ihm natürlich keiner einen Vorwurf, aber es tut mir extrem leid, dass sein Name mit dieser Transfersperre gegen den FC verbunden ist und er da oft an erster Stelle genannt wird. Dabei sind da ganz klar andere für verantwortlich beim FC.

Zum Derby der Profis: glaubst Du, es wird eine ähnlich klare Sache wie im Hinspiel, als Bayer 3:0 gewann?

Helmes: Nein. Dass Leverkusen seit drei Jahrzehnten die bessere Mannschaft als der FC hat, ist klar. Köln hat es aber in vielen Derbys geschafft, zu gewinnen. Bayer hat in der Hinrunde unglaublichen Fußball gespielt. Jetzt stehen sie so nah wie selten zuvor vor der Meisterschaft. In den Köpfen hat sich da etwas verändert: Man kann jetzt den Titel verlieren. Und wir wissen ja, wie die Bayern sind. In Leverkusen muss man jetzt dagegen ankämpfen. Aber gegen Mainz hat Bayer ihr schlechtestes Heimspiel der Saison absolviert, aber trotzdem die wichtigen drei Punkte eingefahren.

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Mainz hat knapp und unglücklich mit 1:2 verloren, kann der FC von ihnen lernen?

Helmes: Ja, Mainz hat Bayer sehr hoch angelaufen und hat ihnen großen Stress in ihrem gewohnten Spielaufbau bereitet. Leverkusen hat erstmals Emotionen zugelassen und dadurch ihren Spielfluss verloren. Mit Thielmann, Maina und auch Alidou haben die Kölner einige Spieler, die auch hoch anlaufen können und Druck aufbauen können. Der FC hat nur eine Chance über Emotionalität, Aggressivität und Standards. Aber die größte Schwäche ist die Torausbeute 16 Treffer bislang sind nicht bundesligareif.

Ist die mögliche Rückkehr von Davie Selke im FC-Sturm eine Hoffnung?

Helmes: Auf jeden Fall. Wenn ich Trainer wäre, würde ich ihn aufstellen – wenn er hundertprozentig fit ist! Er hat schon beim 2:1 im Mai 2023 gezeigt, dass er ein Derby entscheiden kann. Eine Chance für die Kölner sind Tore über Standards – sie sollten also versuchen, Fouls rauszuholen und Freistöße zu erzwingen. Dann kann Selke den Kopf oder den Fuß reinhalten. Er ist momentan der einzige, der wirklich für Torgefahr beim FC sorgen kann.

Spielt es eine Rolle, dass Unruhe um Xabi Alonso herrscht?

Helmes: Ich glaube, das spielt keine Rolle. Alle im Verein hoffen, dass er bleibt. Für Alonso ist die Ausgangslage als Trainer allerdings unfassbar gut: Er kann sich jeden Verein aussuchen.

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Bayer kann die Meisterschaft, das Double oder sogar das Triple gewinnen – würde man ein Minderwertigkeitsgefühl im Vergleich mit dem FC damit abstreifen? Oder gibt es das gar nicht?

Helmes: Ein Minderwertigkeitsgefühl gibt es nicht, aber wir kennen natürlich alle die Themen, die aus Köln kommen: Das Stadion ist nie voll, die Stimmung ist schlecht. Das stimmt so alles nicht mehr: Bei Bayer hat ein Wandel stattgefunden, seit dem Halbfinale in der Europa League gegen AS Rom. Das Stadion ist immer brechend voll, alle wollen hin, die Stimmung ist gut. Das ist ein Leverkusen, wie es das so noch nie gegeben hat. Der Trainer hat eine absolute Sieger-Mentalität reingebracht. Xhaka und Wirtz sind die besten Spieler der Liga. Und auch alle anderen Profis sind Maschinen. Der Verein lechzt nach dem Titel – der Begriff Vizekusen will abgelegt werden. Und auch wenn das viele in Köln nicht gerne hören: In Deutschland gibt es eine Menge Fans, die Bayer in diesem Jahr die Meisterschaft gönnen, weil es mehr als verdient wäre. In den vergangenen Jahren hat sich Leverkusen etwas ganz anderes erarbeitet, sie spielen im Vergleich zum FC in einer anderen Liga. Auch ein Florian Wirtz wäre nicht der Spieler, der er gerade ist, wenn er in Köln geblieben wäre.

Beim FC sind die Voraussetzungen doch auch prima – was fehlt dem Verein, um so zu performen wie Bayer?

Helmes: Was heißt prima? Das Stadion ist toll und die Fans. Alles andere ist seit 25 Jahren ein Auf und Ab, mit ganz kleinen Erfolgs-Episoden zwischendrin unter Peter Stöger und Steffen Baumgart. Aber in Köln ist nichts dauerhaft.

Woran liegt das?

Helmes: Nehmen wir das Beispiel Baumgart: Wenn ich vor einem halben Jahr gesagt hätte, der ist im Februar nicht mehr Trainer, wäre ich laut ausgelacht worden. Wenn ich so ein Gesicht habe, wie Baumgart, dann darf ich ihn nicht gehen lassen. Er hat so viele Spieler besser gemacht in Köln. Selbst wenn er dann mal ins Zweifeln kommt, dann muss ich ihn überzeugen, weiterzumachen. Es gab einfach zu viele Abgänge von guten Spielern, die nicht ersetzt wurden. Der Kader wurde nicht so verstärkt, um einen sicheren Mittelfeldplatz erreichen zu können.

Was hältst du von Timo Schultz als Nachfolger?

Helmes: Kann ich schwer einschätzen, viel Erfahrung im Abstiegskampf hat er nicht. Den Baumgart-Weg, der laut Keller weiter fortgeführt werden sollte, erkenne ich nicht – das ist aber auch normal, jeder Trainer lässt anders spielen. Was ich gut finde: Schultz lässt die jungen Spieler wie Max Finkgräfe laufen. Ich drücke ihm aber alle Daumen, dass er den FC in der Liga hält! Aber ich hätte, wenn der Fokus rein auf dem Klassenerhalt liegt, auch einen Namen wie Friedhelm Funkel spannend gefunden. Ich glaube, der FC hat nur noch die Chance auf Platz 16. Es wird brutal schwer, denn Mainz schätze ich besser ein.

Helmes: FC-Abstieg wäre der Horror

Was würde ein Abstieg bedeuten?

Helmes: Das wäre der Horror. Die Folgen der Transfersperre wird man ja auch erst vollumfänglich abschätzen können, wenn man weiß, in welcher Liga man spielt. Einfach abhaken kann man die Transfersperre noch nicht. Im Falle eines Abstiegs gibt es bestimmt ein paar Spieler, die nicht mit runtergehen wollen.

Fehlt dem 1. FC Köln sportliche Kompetenz in der Führung?

Helmes: Vom Vorstand hat keiner aktiv gespielt. Sie haben sich externe Kompetenz reingeholt, was absolut Sinn ergibt. Wie der Austausch zwischen den Beratern und dem Vorstand abläuft, das weiß ich nicht. Baumgart hat in seinen zweieinhalb Jahren auch einiges übertüncht – der FC hat sich aber als Verein in dieser Zeit nicht großartig verändert. Jetzt stehen der Vorstand, Keller und Kessler in der ersten Reihe, was unter der Baumgart Ära nicht so war! Wenn jetzt der Abstieg folgt, wäre das natürlich der Super-GAU.

Wo hast du lieber gespielt, beim FC oder bei Bayer?

Helmes muss schmunzeln: Ich bin als FC-Fan groß geworden, habe dann, als ich aus Siegen kam, beim FC mein erstes Profi-Angebot angenommen, obwohl es das Schlechteste von den 18 Bundesligisten war. Ich habe meine FC-Zeit geliebt und bin brutal stolz, dass ich mit Sicherheit zu den zehn besten Stürmern der FC-Historie gehöre. Als Nationalspieler wollte ich dann in Köln verlängern, bin dem FC auch sehr entgegengekommen. Aber das haben sie damals nicht verstanden und ich fühlte mich ein wenig veräppelt. Als ich nach Leverkusen ging, war ich in Köln plötzlich eine Persona non grata. Um die Frage zu beantworten: Ich habe für beide Klubs super gerne gespielt – sonst wäre ich ja auch nicht nochmal zurück zum FC gekommen.

Wie geht das Derby am Wochenende aus und wie geht die Saison für beide Mannschaften aus?

Helmes: Leverkusen gewinnt 2:0 und wird am Ende Meister. Für Köln wird es ein Ritt auf der Rasierklinge, sie schaffen es in die Relegation und können sich retten, aber nur mit den Fans im Rücken, die eine Wucht entfachen.