Lukas Podolski äußert sich ausführlich im EXPRESS.de-Interview zum 1. FC Köln. Zuletzt war sein Name immer häufiger mit einem Amt im Verein in Verbindung gebracht worden.
Lukas PodolskiKlartext zum FC-Abstieg: „Konsequenzen müssen her“
Der 1. FC Köln am Boden. Der siebte Abstieg kann dramatische Folgen haben, da der Verein im Sommer keine Transfers tätigen kann. Trainer Timo Schultz (46) musste bereits gehen, die Verantwortlichen kleben jedoch weiter an ihren Posten.
Dabei werden immer mehr Stimmen laut, dass sich auch auf der Führungsebene etwas ändern müsse. Weltmeister Pierre Littbarski (64) macht sich für einen neuen Vorstand stark, der aus Klub-Ikonen bestehen soll. „Litti“ wünscht sich auch Lukas Podolski (38) in verantwortlicher Position beim FC.
Lukas Podolski: Beim 1. FC Köln ist viel Unruhe auf allen Ebenen
EXPRESS.de traf Podolski (130 Länderspiele) in Köln und sprach mit ihm ausführlich über die aktuelle Situation und die Littbarski-Offensive.
Wie besorgt sind Sie angesichts des erneuten FC-Abstiegs und der Unruhe rund um den Verein?
Lukas Podolski: Wenn man als Traditionsverein wie der FC absteigt, dann sind die Sorgen immer groß. Vor allem am Anfang gibt es viel Geschrei, viele Tränen, das tut weh für viele. Aber jetzt muss man den Schalter umlegen und Personalentscheidungen treffen. Der Trainer ist schon weg, jetzt muss man sehen, was noch passiert. Es ist wichtig, dass man bald eine Mannschaft hat, die eine neue Euphorie entwickeln kann und man muss Leute finden, die den Wiederaufstieg anpeilen. Natürlich wird es durch die Transfersperre schwer. Es ist viel Unruhe auf allen Ebenen. Der Sport und der Verein leben trotzdem weiter. Man kann nicht den ganzen Verein auswechseln und bei null starten. Dafür ist die Gefahr zu groß, dass es noch schlimmer wird.
Wundert es Sie denn, dass es gar keine Konsequenzen gibt?
Lukas Podolski: Der Trainer ist ja schon mal weg.
Aber ist er der Haupt-Verantwortliche?
Lukas Podolski: Na ja, er hat sein Ziel ja auch nicht erreicht. Klar haben auch andere Leute Fehler gemacht, aber das müssen die analysieren und die Entscheidungen treffen. Ich kann aus der Distanz jetzt nicht sagen, wer schuld war an Spielerverpflichtungen oder an der Transfersperre. Dafür bin ich zu weit entfernt. Aber klar ist: Konsequenzen müssen her. Es reicht nicht, einfach zu sagen: Alles ist gut, wir haben alles analysiert und kommen zu dem Punkt, dass eigentlich alles nicht so schlimm ist. So blauäugig ist man hoffentlich nicht. Die Frage müssen sich alle stellen: Gehen wir mit den Leuten weiter in die 2. Liga und versuchen es noch mal oder wechseln wir?
Was sagen Sie zu den Forderungen von Altstars wie Pierre Littbarski, dass Sie als Präsident übernehmen sollen?
Lukas Podolski: Ich weiß, dass mein Name zuletzt oft gefallen ist, ich habe auch selbst viele Anrufe bekommen. Aber ich spiele noch Fußball, habe noch Spaß daran, bin gesund und will noch ein Jahr spielen. Alles andere ist aktuell kein Thema. Ich habe mich keinem anderen Vorstand angeschlossen, es gibt kein konkretes Angebot für eine Position beim FC. Wie gesagt: Ich hatte einige Anrufe und habe Gespräche geführt. Aber nicht so, dass ich sagen kann, dass ich nah dran bin, irgendeine Position beim FC zu übernehmen. Im Gegenteil: Ich bin weit davon entfernt, eine Aufgabe beim FC anzunehmen.
Ihr Vertrag in Polen endet jedoch 2025, dann wird ein neues Präsidium gewählt.
Lukas Podolski: Langfristig bin ich immer offen, dem Verein zu helfen. Aber dann müssen auch mal konkrete Gespräche geführt werden. Dann sollte sich Gedanken gemacht werden. Nicht wie jetzt, wo man absteigt, die Euphorie weg und alles Scheiße ist. Dann fällt einigen ein, dass es ja noch den Poldi gibt. Jeder versucht dann meinen Namen ins Spiel zu bringen. Das ist mir am Ende zu wenig.
Mit welchen Personen beim FC sprechen Sie eigentlich konkret?
Lukas Podolski: Ich hatte gute Gespräche mit den Geschäftsführern, mit Christian Keller und Markus Rejek, da haben wir uns über verschiedene Themen unterhalten. Wir haben jetzt erst mal eine Kollektion (Armedangels, d. Red.) auf den Weg gebracht. Es folgen auch noch weitere Sachen. Ich bin bei Zabrze glücklich, habe auch Angebote bekommen, dort im Verein weiterzumachen. Das letzte Gespräch mit dem Präsidium war vor einem Jahr im Trainingslager. Ich laufe jetzt aber auch nicht weinend zu meiner Mutter, weil das Präsidium nicht mit mir spricht.
Warum hat der FC es bisher nicht geschafft, Sie konkreter einzubauen?
Lukas Podolski: Man hat es verschlafen in den letzten Jahren und da ist vieles kaputtgegangen. Vielleicht waren einige blauäugig und dachten: Wozu brauchen wir Poldi, bei uns läuft es doch. Vielleicht haben mich auch andere Personen als Risikofaktor gesehen, was ihre eigene Position betrifft, waren neidisch oder dachten, der Poldi ist vielleicht zu groß. Da hat man sich in den letzten Jahren von mir distanziert. Jetzt versucht man wieder näher zusammenzurücken. Aber es ist nicht so nah, dass man sagen kann, dass ich nächste Woche am Geißbockheim bin.
Bei Gornik Zabrze sind Sie hingegen längst mehr als nur Spieler...
Lukas Podolski: Ja. Ich habe mir selbst bewiesen, dass ich es kann, habe auch viel gelernt, durfte in viele Abteilungen reinschnuppern. Ich habe drei Sponsoren an Land gezogen, bei drei Transfers geholfen, durch die der Klub sieben Millionen Euro eingenommen hat, durch meine Kontakte. Den Mannschaftsbus habe ich besorgt, unsere Logen sind nach meinen Gesprächen ausverkauft. Unsere Marke ist gewachsen, bei Social Media sind wir durch die Decke gegangen, wir gehören zu den drei meistgeklickten Sportvereinen in Polen. Es macht mir Spaß, quasi das Gesicht des Vereins zu sein, ich bin inzwischen so etwas wie ein Beirat vom Vorstand, der mich bei vielen Dingen nach Rat fragt und mich gerne nach der Karriere auch weiter einbinden will.
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
Wie kann es denn sein, dass beim 1. FC Köln keiner der zahlreichen Ex-Stars, Legenden und Aushängeschilder für den Verein arbeitet?
Lukas Podolski: Da muss man sich fragen, warum das so ist. Warum hat ein Verein wie der 1. FC Köln seine großartigen Spieler nie genutzt? Warum sind die nicht im Verein? Warum machen sie da nichts in verschiedenen Abteilungen? Ich habe da keine Antwort drauf.
Wie lautet denn Ihre Prognose zur kommenden Saison?
Lukas Podolski: Man muss sich darauf fokussieren, Ordnung in den Verein zu bringen, eine gute Mannschaft für die 2. Liga aufzustellen. Ob es mit dem Wiederaufstieg klappt, weiß ich nicht. Die Liga ist immer eine Wundertüte. Da steigen Vereine wie St. Pauli und Kiel auf, wo man das vor der Saison nicht gedacht hatte. Hamburg dagegen geht jetzt schon in sein siebtes Zweitliga-Jahr. Es kann durchaus passieren, dass der FC jetzt für ein paar Jahre in der 2. Liga spielt. Es gibt genug Beispiele von Vereinen, die den Weg zurück in die Bundesliga nicht mehr geschafft haben, das kann den 1. FC Köln auch treffen.
Lukas Podolski: Bei der EM kann es für Deutschland weit gehen
Noch ein paar Worte zur bald beginnenden EM. Was trauen Sie der Nationalmannschaft zu?
Lukas Podolski: Mein Gefühl ist gut. Dass wir die Qualität haben, ist klar – auch wenn die letzten Turniere nicht gut waren. Wenn die Euphorie und der Hype im ersten Spiel überspringen auf die Fans, dann bekommt man mehr Selbstvertrauen und es kommt eine besondere Stimmung auf – dann kann es auch ganz weit gehen.
Werden Sie das Turnier auch im Stadion verfolgen?
Lukas Podolski: Ich mache jetzt erst mal drei Wochen Urlaub. Am 20. Juni geht dann schon wieder die Vorbereitung in Polen los. Ich habe wegen der EM jetzt keinen konkreten Plan, dass ich unbedingt zum Viertel- oder Halbfinale im Stadion sein muss. Das mache ich spontan. Meine Priorität liegt jetzt bei Familie und den Kindern. Ich war bei sieben Turnieren, da muss ich nicht zwingend im VIP-Raum sitzen.