Jetzt reden die Bosse! Eine Woche nach dem Abstieg stellen sich FC-Präsident Dr. Werner Wolf (67) und sein Vize Eckhard Sauren (52) im großen EXPRESS.de-Interview.
FC-Bosse dachten über Rücktritte nachWolf & Sauren gehen in die Offensive: „Schnellstmöglich!“
Wie geht es jetzt weiter beim 1. FC Köln? In der Woche nach dem Abstieg fanden viele Gespräche rund ums Geißbockheim statt. Die Aufräumarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Auch wenn der Klub sportlich am Boden liegt, bleiben die Bosse aber optimistisch.
EXPRESS.de traf FC-Präsident Dr. Werner Wolf(67) und Vizepräsident Eckhard Sauren (52) zum XXL-Interview. Es wurde ein knallhartes Gespräch über Fehler, aber auch ein Gespräch voller Zuversicht. Die Devise lautet: Schnell wieder aufstehen!
XXL-Interview mit FC-Präsident Wolf und Vize Sauren
Wie fühlen Sie sich nach dem Abstieg?
Dr. Werner Wolf: „Ich bin ja nicht nur Präsident des FC, sondern auch ganz normaler Fan. Ich bin traurig und enttäuscht. Es bewegt mich natürlich sehr, dass es so gekommen ist. Wir hatten bis zuletzt gehofft – es war aber auch klar, dass ein Klassenerhalt Wunder-Qualitäten gehabt hätte.“
Waren Sie auch persönlich enttäuscht vom Auftreten der Mannschaft beim 1:4 in Heidenheim?
Wolf: „Ja, natürlich. Das war während und nach dem Spiel total enttäuschend.“
Eckhard Sauren: „Es ist ja klar, dass so ein Abstieg betroffen macht. Da brauche ich noch ein paar Wochen, um das zu verkraften. Bei einer Niederlage brauche ich einen Tag, um es zu verarbeiten und dann nach vorne zu blicken.“
Auf den Klub und den Vorstand ist viel eingeprasselt. Kritik von Ex-Profis wie Lukas Podolski, diversen TV-Experten oder Fans in den sozialen Netzwerken. Wie gehen Sie damit um?
Wolf: „Mit der Kritik muss man umgehen können. Wenn man so ein Amt beim 1. FC Köln antritt, ist jedem klar: ‚Du bist in einer heißen Küche unterwegs.‘ Damit muss man umgehen können und das muss man aushalten können. Das ein oder andere war drüber – aber da schreiben auch Menschen in den sozialen Netzwerken, die Fans sind und sehr enttäuscht sind. Da müssen dann Emotionen raus.“
Sauren: „Bei einigen Kritikern kann man viele von den Grundgedanken ja auch durchaus nachvollziehen. Wenn man in so einem Amt ist und man steigt ab, muss man mit Kritik einfach rechnen.“
Wie setzen Sie sich mit den Kritikpunkten konkret auseinander?
Sauren: „Wichtig ist, dass man es aufarbeitet, dass man es richtig analysiert und dann daraus die richtigen Schlüsse zieht. Darauf konzentrieren wir uns. Jetzt blicken wir nach vorne und werden die richtigen Entscheidungen treffen. Weil wir in einer sehr anspruchsvollen Zeit sind.“
1. FC Köln: Zweitliga-Kader wird wettbewerbsfähig sein
Wie geht es denn weiter? Viele Fans haben die Sorge, dass die Kombination Abstieg und Transfersperre den 1. FC Köln komplett versenken könnte. Teilen Sie diese Sorgen, dass der Klub auch in der 2. Liga durchgereicht wird?
Sauren: „Nein, die teilen wir nicht. Weil wir einen Kader kreiert haben, wo wir das Rest-Risiko einer Transfersperre eingeplant hatten. Einige Leihspieler kommen zurück und durch verschiedene Vertragskonstellationen wissen wir, dass wir einen wettbewerbsfähigen Kader in der 2. Liga haben. Wie wettbewerbsfähig er ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.“
Wolf: „Wir werden wettbewerbsfähig sein und ab Weihnachten wieder handlungsfähig. Weil wir auch in einer finanziellen Situation sind, die uns erlaubt zu agieren. Und auch wenn das nicht immer sichtbar war: Das ist Teil des nachhaltigen Managements.“
Heißt, der FC ist kräftig tätig am Transfermarkt? Wird spätestens im Januar 2025 aufgerüstet?
Sauren: „Der große Unterschied zu vielen anderen Vereinen oder dem FC früher ist, dass wir mit einer wirtschaftlichen Stabilität in diese Situation reingehen. Wir sind komplett handlungs- und investitionsfähig. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wir haben eine finanzielle Stabilität erreicht, die wir selten so hatten. Viele Dinge, die wir im Matchplan und unserer Strategie überlegt haben, die greifen.“
Spielt auch der neue Stadion-Pachtvertrag eine Rolle?
Sauren: „Ja, das ist ein massiver Fortschritt für uns. Wir können dank des neuen Vertrags neue Einnahmequellen gewinnen. Das ist einer der Eckpfeiler, die voll aufgehen und uns wirtschaftlich in eine bessere Lage versetzen.“
Wolf: „Wir haben ein wirtschaftlich sehr gutes Ergebnis für den FC abschließen können.“
Klares Ziel der FC-Bosse: „Schnellstmöglicher Aufstieg“
Wie kann denn dann das Ziel für die 2. Liga lauten? Ist das erstmal der Klassenerhalt oder sagen Sie, dass Sie oben angreifen wollen?
Sauren: „Das sportliche Ziel heißt: schnellstmöglicher Aufstieg!“
Wolf: „Ja, wir wollen schnellstmöglich wieder aufsteigen! Alles andere wäre indiskutabel. Wir glauben auch, dass wir so aufgestellt sind, dass das möglich ist.“
In der 2. Liga gibt es aber rund 40 Millionen Euro weniger Umsatz – wie kompensieren Sie das?
Wolf: „Wenn du weniger Geld einnimmst – und das sind ja ein paar Millionen weniger in der 2. Liga – dann musst du dafür sorgen, dass du weniger Kosten hast. Das haben wir getan. Das war früher anders: Die Kosten liefen weiter auf hohem Niveau, du hattest aber weniger Einnahmen. So kam man in ziemliche Schwierigkeiten.“
Sauren: „40 Millionen Euro weniger Umsatz bedeuten ja nicht 40 Millionen Euro Verlust. Natürlich wollten wir unbedingt die 1. Liga halten, aber im Hintergrund haben wir eben auch eine Zweitligaplanung im Blick gehabt. Dank unserer Kostenersparnis fahren wir am Ende ein mindestens ausgeglichenes Ergebnis ein.“
Wie hoch ist denn der Etat für den Kader konkret? Und kann man künftig wieder Top-Spieler verpflichten?
Sauren: „Wir waren im letzten Jahr vom Kaderwert bei den unteren sechs Mannschaften. In der 2. Liga sind wir unter den oberen sechs. Wir können uns also einen Kader erlauben, der unserem Saisonziel ‚Schnellstmöglicher Wiederaufstieg‘ ein ganz realistisches Fundament gibt.“
Wie sieht es denn bei der Mannschaft konkret aus?
Sauren: „Das ist das Tagesgeschäft, da werden wir in drei Wochen einen guten Kader stehen haben. Bis dahin sind wir in enger Absprache mit Christian Keller und Thomas Kessler, aber das ist ihr Job.“
Wolf: „Das ist das operative Geschäft, da laufen viele Gespräche aktuell. Nochmal zur Erklärung, weil ich auch immer wieder danach gefragt werde: Beim FC wurde vor einigen Jahren die Entscheidung getroffen, dass das operative Geschäft ausgegliedert wird. Da gibt es nun eine Geschäftsführung. Der Vorstand ist quasi der Aufsichtsrat der Geschäftsführung. Wenn man permanent bei den Geschäftsführern im Zimmer sitzen würde und ihnen sagen würde, was sie zu tun haben, dann hat man die nicht mehr lange. Es gibt immer noch Fans, die vom Vorstand erwarten, dass man eingreift. Aber das funktioniert so nicht. Wenn man einen guten Sportgeschäftsführer hat, begleiten wir den natürlich, sprechen mit ihm, aber wir machen nicht alles selber.“
Sauren: „Die Aufgabe des Vorstands ist es, den Sport-Geschäftsführer auszuwählen und ihn zu überwachen und zu beraten. Diese Aufgabe erfüllen wir mit sehr viel Energie. Aber das operative Geschäft liegt bei Christian Keller.“
Ihr Vertrauen in Christian Keller ist unerschütterlich? Er wird auf jeden Fall weiter machen?
Wolf: „Unerschütterlich ist in so einem Fall das falsche Wort. Wir haben im Vorfeld schon gesagt, dass Keller unser Vertrauen hat. Da haben viele gefragt, wie wir zu dieser Aussage kommen. Es gab viele Gespräche und die Frage: Was passiert wenn? Wir haben die Szenarien durchgespielt und auch die möglichen personellen Konsequenzen. Also: Wer tritt zurück? Was hat das für Konsequenzen? Am Ende sind wir zu der Entscheidung gekommen, dass es überhaupt keinen Sinn ergibt, zurückzutreten. Dann hast du ein Geißbockheim im Chaos. Dann wissen die Spieler nicht mehr, mit wem sie sprechen müssen, dann gibt es Unsicherheit bei den Sponsoren. So etwas schadet nachhaltig. Die Schleifspuren kannst du bis heute in Teilen noch beim FC sehen. Und deshalb sind wir zu dem Schluss gekommen, dass die beste Lösung ist, in dieser Konstellation zusammenzubleiben. Wir gucken jetzt nach vorne. Wir sind auch finanziell im Fahrplan – es lohnt sich einfach, das weiterzumachen. Christian Keller ist für uns in der jetzigen Situation genau der richtige Mann.“
Sauren: „Die Herausforderungen sind immens. Christian Keller hat herausragende Qualitäten. Er hat auch Fehler gemacht, aber für das, was wir in Zukunft brauchen, ist er der richtige. Wir haben uns frühzeitig festgelegt, weil wir große Teile der Saison- und Fehleranalyse nach dem Darmstadt-Spiel erarbeitet hatten. Mit der Entscheidung haben wir damals auch nochmal intern für viel Vertrauen und Ruhe gesorgt.“
Ist die Analyse nicht zu sehr auf die finanziellen Aspekte beschränkt? Sportlich hat Keller bei der Kaderzusammenstellung und beim Trainerwechsel kein glückliches Händchen gehabt. Haben Sie Vertrauen, dass er diesmal mit der Trainerentscheidung richtig liegt und auch den Kader gut zusammenstellt?
Sauren: „Ja, wir sind davon überzeugt, dass Keller auch sportlich die richtigen Schlüsse zieht. Es sind in der Kaderzusammenstellung Fehler gemacht worden. Es fehlte Qualität und Selbstvertrauen, da waren wir nicht gut genug aufgestellt. Das ist Teil unserer Analyse gewesen. Da liegt die Verantwortung bei Christian Keller, das ist ihm klar. Beim Blick nach vorne gibt es nun ein paar Anpassungen in Prozessen, aber die Qualität, die Keller einbringen kann, die ist so groß, dass wir sagen: Klar ist er der richtige Mann. Punkt.“
Keller hatte Trainer Schultz nach einem intensiven Auswahlverfahren auserkoren. Friedhelm Funkel hat Kaiserslautern mit seiner Erfahrung gerettet, der emotionale Bo Henriksen war mit Mainz erfolgreich. Geht Keller an manche Sachen zu analytisch heran, fehlt das Emotionale?
Sauren: „Auch ein analytischer Mensch kann solche emotionalen Aspekte in seine Entscheidungsprozesse mit einbinden. Bei der Trainersuche war übrigens auch Thomas Kessler bei allen Gesprächen dabei. Er bringt auch nochmal eine andere Sicht mit.“
Wenn Sie nun mit Keller in die Zukunft gehen, wie wird das im Klub aufgenommen? Stehen alle Gremien dahinter?
Sauren: „Wir haben die Entscheidung in den Gremien erklärt, da gab es keine konkreten Ideen, etwas daran zu ändern. Es gibt natürlich den Grundgedanken, dass sich nach so einer Saison etwas ändern muss. Aber wir hatten nach der Saisonanalyse keine umfangreiche Diskussion über Christian Keller.“
1. FC Köln: Trainerfrage laut Präsidium noch nicht ganz klar
Wie geht es weiter mit Timo Schultz?
Wolf: „Da können wir aktuell noch nichts zu sagen, das gehört auch zum operativen Geschäft.“
Was braucht der FC denn in der 2. Liga für einen Trainer?
Sauren: „Einen, der uns schnellstmöglich in die 1. Liga bringt.“
Wann gibt es eine Entscheidung bezüglich Trainer?
Sauren: „Uns ist wichtig, dass wir eine saubere und tiefgreifende Saisonanalyse abschließen. Dadurch gewinnen wir ganz wichtige Erkenntnisse, die in der Zukunft helfen werden. Deshalb soll Keller seine Analyse komplett fertigstellen. Wir haben die Zeit bis zum Trainingsauftakt am 21. Juni, die ist lang genug. Dann vermelden wir etwas, wenn es etwas zu vermelden gibt.“
Andere Klubs wie der Hamburger SV mit Stefan Kuntz oder Union Berlin mit Horst Heldt haben im personellen Bereich gehandelt. Setzt Sie das unter Druck?
Sauren: „Union hatte andere Voraussetzungen, da war ja klar, dass ein Umbruch hermuss. Sie sind mit einem Champions-League-Kader in die Saison gegangen, das kann man also nicht vergleichen. Generell gucken wir aber nicht nach links oder rechts. Wir blicken nur auf uns und unsere Entscheidungen.“
Einige Fans sammeln schon Unterschriften für eine außerordentliche Mitgliederversammlung. Auch Ex-FC-Profi Dieter Prestin will Sie mit einer Opposition stürzen. Wie gehen Sie damit um?
Wolf: „Wir respektieren die Satzung des 1. FC Köln. Ohne Wenn und Aber.“
Sauren: „Wenn einige Mitglieder meinen, dass das für den Verein eine sinnvolle Möglichkeit ist, dann ist das deren Entscheidung. Wir versuchen, weiter offen in die Kommunikation zu gehen. Am 12. Juni wollen wir auf dem Mitgliederstammtisch dann auch nochmal bei vielen Punkten ins Detail gehen. Wir wollen alle Mitglieder mit unserer Transparenz mitnehmen.“
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Gibt es etwas Neues nach dem CAS-Urteil? Ist das Gutachten abgeschlossen?
Sauren: „Da werden wir uns bald zu äußern und vor allem beim Mitgliederstammtisch drüber sprechen.“
Wolf: „Wir haben versprochen, dass wir aufklären und Bericht erstatten. Ich fand den ersten Mitgliederstammtisch bemerkenswert. Wir versuchen auch jetzt wieder alle Fragen zu beantworten.“