Der 1. FC Köln feierte am Samstag einen Last-Second-Sieg über den VfL Bochum – ein gefeierter Held heißt Steffen Tigges. Bringt sein Tor zum 1:1 auch für ihn persönlich die Wende?
Die Tigges-ErlösungFC-Stürmer öffnet nach wichtigem Treffer seine Seele
18 Spiele, kein Tor – da haben viele Fans dem Stürmer schon die Bundesliga-Tauglichkeit abgeschrieben. Doch dann kam Spiel 19 …
Als Trainer Timo Schultz (46) am Samstag (6. April 2024) beim Spiel gegen den VfL Bochum in der 84. Minute Steffen Tigges (25) einwechselte, war bei einigen Fans der Unmut groß. Köln lag 0:1 hinten, Tigges hatte sich in der bisherigen Saison nicht gerade als Knipser empfehlen können. Doch wenig später waren alle Kritiker verstummt: Die neunte Ecke von Florian Kainz (31) fand als Abnehmer in der Mitte Tigges.
Steffen Tigges spricht über seine bisher verkorkste Saison
Der 1,94-Meter große Stürmer war energisch zum Ball gegangen, platzierte einen wuchtigen Kopfball ins Netz! Der Ausgleich! Als Luca Waldschmidt wenig später auch noch das 2:1 machte, war das Stadion endgültig ein Tollhaus.
Nur einige Minuten zuvor war Köln quasi abgestiegen, mit Tigges kam die Hoffnung zurück. Er selber war völlig geflasht und öffnete nach dem Dreier seine Seele: „Es ist im Moment schwierig, in Worte zu fassen. Nach dem 0:1 waren wir in den ersten zehn, 15 Minuten gefühlt tot. Danach haben wir wieder alles versucht, wie so oft in dieser Saison ist uns in der Box und im letzten Drittel nicht super viel gelungen. Und dann liegt es an uns Einwechselspielern, noch mal einen Funken ins Spiel zu bringen. Dass es so gut geklappt hat, bedeutet mir extrem viel, weil die Mannschaft mir schon immer den Rücken gestärkt hat, weil es nicht gut in dieser Saison gelaufen ist. Von daher freue ich mich, dass ich einfach mal was zurückgeben konnte an die Mannschaft und auch an die Fans.“
Die Tigges-Erlösung mit seinem ersten Saisontor im 19. Bundesliga-Einsatz. Plötzlich wird er doch noch zum Faktor. Zuvor konnte er in keiner Partie seine Klasse unter Beweis stellen. Er wurde als Flipper verhöhnt, der keinen Ball festmachen kann. Eigene Chancen waren Seltenheit – wenn, wurden sie kläglich vergeben. Ende Januar 2024 flog er sogar für zwei Spiele komplett aus dem Kader.
Der Stürmer erzählt: „Es war zuletzt natürlich nicht einfach für mich, aber man muss die Rolle annehmen, so wie es ist. Man muss die Mannschaft unterstützen. Dass ich dann was zurückgeben kann, das bedeutet mir unfassbar viel. Man muss es immer für sich reflektieren, die Situation auch vielleicht nicht so viel an sich ranlassen.“
Hinter dem Ecken-Treffer steckte sogar ein Plan: „Kainz und ich haben uns davor auch schon angeschaut, es war ein bisschen der Plan, zwei, drei Ecken lang zu spielen und dann eine kurz reinzuhauen. Da verstehen wir uns ganz gut. Das 1:1 war dann eine gefühlte Explosion, auch persönlich für mich. Weil dieser Knoten geplatzt ist, dieses Jahr. Dass dann der Waldi (Luca Waldschmidt, Anm. d. Red.) noch das 2:1 köpft und wir so ein Spiel drehen und uns wieder in so eine vernünftige Ausgangsposition bringen, dass wir alles in der eigenen Hand haben, das sind schon Emotionen pur. Wenn man die Leute sieht, wie viel ihnen das bedeutet, dass sie Woche für Woche kommen und uns unterstützen, das ist schon besonders und eines der Highlights.“
Nicht nur die Kollegen freuten sich für Tigges, auch seine Bosse fanden lobende Worte. Trainer Schultz meinte: „Steffen wie er leibt und lebt: immer positiv, immer optimistisch, auch im Training. Er gibt immer Gas und opfert sich für die Mannschaft auf. In der Zeit, seit ich hier bin, war er eher hinten dran. Aber wir haben ihm immer gesagt, dass er seine Stärken noch mehr einbringen muss. Er ist ballsicher als Wandspieler und gut in der Luft. Da hat er nun ein Ausrufezeichen gesetzt. So stellt man sich das vor, dafür wechselt man die Jungs ein.“
Sport-Geschäftsführer Christian Keller (45) meinte: „Ich freue mich für ihn. Er hat keine einfache Saison bisher gehabt. Nun hat er zum dritten Mal das gleiche Tor geschossen: als Dortmunder gegen uns, dann für uns gegen den BVB, nun wieder. Das ist wichtig für ihn, weil es ihm Selbstvertrauen gibt, weil er schon deutlich mehr gezeigt hat als in dieser Saison.“
Tigges: „Nach Bayern fast nur direkte Konkurrenten“
Tigges muss nun im Saison-Endspurt weiter liefern, wenn der FC die Rettung schaffen will. Ob er über die Joker-Rolle hinauskommt, ist aber fraglich. Nach dem Saison-Aus von Sturm-Kollege Davie Selke (29) will Schultz in der Spitze eher auf Luca Waldschmidt setzen. Aber er weiß jetzt noch besser, dass er mit Tigges eine Waffe auf der Bank hat, die auch treffen kann.
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Tigges sieht die FC-Situation so: „Ehrlich gesagt ist es im Moment schwierig, weil es dann doch von ‚komplett abgeschrieben‘ auf ‚jetzt wieder alles drin‘ ging. Wenn wir verloren hätten, wäre es wahrscheinlich in diese Richtung gegangen. Aber man darf diese Mannschaft nicht unterschätzen. Auch wenn vieles in dieser Saison nicht auf unserer Seite war und wir in vielen Spielen nicht zu 100 Prozent diesen Punch hatten, den wir vielleicht vorher auch schon mal hatten, sollte man diese Mannschaft nie abschreiben, weil sie einen Zusammenhalt, einen Charakter hat, der wirklich einzigartig ist.“
Der Stürmer schielt natürlich auch auf die Konkurrenz: „Wir haben keinen Einfluss mehr auf Bochum, das muss man auch so ehrlich sagen. Wir können nur unsere Spiele angehen, wir haben nach Bayern fast nur direkte Konkurrenten, Spiele, die man auf jeden Fall ziehen muss – gerade die Spiele zu Hause. Da versuchen wir auf jeden Fall unsere Punkte zu holen. Was die anderen Mannschaften machen, können wir nicht beeinflussen.“