Das Duell zwischen Italien und Spanien ist ein vorgezogenes Endspiel. Ausgerechnet in der Stadt, die bei der ersten Partie besonders in der Kritik stand.
„Es gibt Optimierungsbedarf“Drecksloch-Spott und Straßenbahn-Chaos: Jetzt reagiert Gelsenkirchen
Die Jungstars um Rekord-Teenie Lamine Yamal (16) gegen die EM-Helden um Elfmetertöter Gianluigi Donnarumma (25), der Rekord-Europameister gegen den Titelverteidiger: Der Vorrundenkracher und EM-Dauerbrenner Spanien gegen Italien hat das Zeug zum Finale – und wird ausgerechnet im vermeintlichen „Drecksloch“ des Turniers ausgespielt.
Nach der harschen Kritik aus England, die in Teilen weit über das Ziel hinaus ging, ist Gelsenkirchen Gastgeber für das Gigantentreffen der Gruppenphase – und steht dabei unter besonderer Beobachtung.
Stadt: „Es gibt Optimierungsbedarf, da ist noch Luft nach oben“
Die einstige Bergbaustadt im Ruhrpott mit vielfältigen Problemen, die nach dem EM-Auftakt vor allem von den englischen Fans in den Sozialen Netzwerken zerrissen worden war, hat Besserung versprochen. Mehr Busse und Bahnen für eine schnellere Abreise, ein Fanfest in der Innenstadt für eine freundlichere Atmosphäre – im zweiten Anlauf soll die EM auch in Gelsenkirchen richtig ankommen.
„Es gibt Optimierungsbedarf, da ist noch Luft nach oben“, gab Wilhelm Weßels, Leiter des städtischen EM-Büros, im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) zu, „wir können besser werden, und wir werden auch besser werden.“
Der Rahmen soll stimmen, wenn am Donnerstag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) der jüngste EM-Spieler der Geschichte auf die Euro-Helden Donnarumma, Jorginho oder Nicolo Barella trifft. Der Sieger des sechsten Duells bei den letzten fünf Europameisterschaften könnte bereits das Ticket für die K.o.-Runde lösen.
EM: Italien will gegen Spanien mehr Intensität
Sportlich bietet der EM-Evergreen zwischen der Furia Roja und den Azzurri eine ganze Menge: Spaniens junge Garde, die vor drei Jahren im Elfmeterschießen im Halbfinale an Donnarumma und Co. scheiterte, will der eigenen Torhüterlegende recht geben.
„Wir haben eine Mischung, die der von 2008 gleicht“, stellte Iker Casillas nach dem 3:0 zum Auftakt gegen den WM-Dritten Kroatien fest. Damals schaltete der „heilige Iker“ auf dem Weg zum zweiten EM-Titel Italien im Viertelfinale – auch in einem Elfmeterkrimi – aus. Vier Jahre später triumphierte er erneut im Endspiel von Kiew mit 4:0.
Auf der anderen Seite will Jorginho, einer von nur neun verbliebenen Europameistern von 2021 und der Siegtorschütze im Halbfinale, nach dem effizienten, aber glanzlosen 2:1-Start gegen Albanien „mehr Intensität“ sehen. Denn: „Wir wollen diesmal auch gewinnen.“
Sky-Reporter entschuldigt sich für Gelsenkirchen-Kritik
Das will auch der Gastgeber, der in Spanien einen ganz anderen Ruf als in England genießt. Dort ist die Heimat des inzwischen tief gestürzten Traditionsklubs Schalke 04 das „zweite Wohnzimmer von Raul“. Denn hier verzauberte der Superstar im Herbst seiner Karriere die deutschen Fans, wohnte allerdings – wie die meisten seiner, damals noch Champions-League-erprobten Teamkollegen – in Düsseldorf.
Ein wenig zurückgerudert ist inzwischen auch einer derer, die den „Drecksloch“-Wirbel befeuert hatten. Der englische Sky-Reporter Kaveh Solhekol erklärte der „Bild“, dass seine Kritik an Gelsenkirchen nur ein kleiner Ausschnitt aus seiner Schalte vor dem Spiel gewesen sei. „Schalke ist einer meiner Lieblingsvereine“, beteuerte er, „ich wollte niemanden diskreditieren.“
Damit sich das internationale Bild aufhellt, wird vor dem Spiel der offizielle Fan-Treffpunkt in der Innenstadt geöffnet, der aus Sicherheitsgründen am Sonntag noch geschlossen geblieben war.
Außerdem sollen zusätzliche Direktverbindungen zum Essener Hauptbahnhof die heftig kritisierte Abreise beschleunigen. Nach dem England-Spiel mussten 30.000 Fans mit Bus und Bahn vom Stadion abtransportiert werden – deutlich mehr als bei Schalke-Partien. Am Donnerstag werden mehr Besucherinnen und Besucher aus der Umgebung erwartet und somit auch, „dass mehr Leute mit dem Auto kommen“, so Weßels. (sid)