„Ergibt überhaupt keinen Sinn“Bayern-Star mit Horror-Bilanz – Transfer-Experte bringt Flucht ins Ausland ins Spiel

Der FC Bayern ist unter dem neuen Trainer Vincent Kompany gut in die Saison gestartet. Am Dienstagabend steigt die Premiere des Belgiers in der Champions League. Doch nicht alle Stars sind unter Kompany in München derzeit glücklich.

von Denis Canalp  (can)

Leon Goretzka (29) muss sich wie im falschen Film fühlen – und das jetzt schon seit rund eineinhalb Jahren. Und es wird immer schlimmer.

Es gab Zeiten beim FC Bayern, da war Leon Goretzka im Mittelfeld gesetzt. Die Bayern gewannen mit dem deutschen Nationalspieler in der Startelf im Mai 2020 die Champions League. Der extrem fitte Goretzka spielte neben Thiago (33) im zentralen Mittelfeld und machte dabei wie so oft ein gutes Spiel. In 222 Spielen für die Bayern kommt er auf stattliche 40 Tore und 46 Vorlagen – eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.

Leon Goretzka: „Leistungsträger und Gesicht dieser Mannschaft“

Im September 2021 folgte dann folgerichtig die vorzeitige Vertragsverlängerung Goretzkas bei den Bayern bis 2026, die ihn endgültig in den Kreis der Spitzenverdiener beim Rekordmeister aufsteigen ließ. 17 Millionen Euro Jahresgehalt soll der gebürtige Bochumer pro Jahr bei den Bayern verdienen. Viel Geld. Und viel zu viel für einen Bankdrücker, der er heute im besten Fall noch bei den Bayern ist.

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2021 sahen die Bayern-Bosse ihr Geld freilich noch bestens in Goretzkas Beine investiert: „Es ist für die Entwicklung des FC Bayern entscheidend, dass wir unsere Leistungsträger langfristig halten. Um als Club erfolgreich zu sein, brauchen wir Spieler, die permanent motiviert sind – und Leon Goretzka muss man nichts über Motivation erzählen. Er will sich immer wieder verbessern und hat den Anspruch, beim FC Bayern eine Ära zu gestalten“, sagte der damalige CEO Oliver Kahn (55).

Und der damalige Sportvorstand Hasan Salihamidzic (47) frohlockte: „Wir sind sehr glücklich, dass Leon Goretzka seinen Vertrag bis 2026 vorzeitig verlängert hat. Leon ist beim FC Bayern Stammspieler und ein Gesicht dieser Mannschaft geworden. Ich bin sehr froh, dass wir auch die nächsten fünf Jahre zusammenarbeiten werden. Leon ist eine Energiequelle auf und neben dem Platz. Er hat eine tolle Technik und Dynamik und ist europaweit ein besonders torgefährlicher Mittelfeldspieler, der Spiele entscheiden kann.“

Wie sich die Zeiten doch ändern. Vor der aktuellen Spielzeit legten die neuen Bayern-Verantwortlichen in Person von Sportvorstand Max Eberl (50) und Trainer Vincent Kompany Goretzka (38) einen Wechsel nahe. Sie erklärten ihm, dass die Bayern in Zukunft auf andere Spieler auf dieser Position setzen wollen. „Wir haben von Anfang an klar kommuniziert, dass wir einen sehr ausgewogenen Kader haben werden. Dass wir mit Aleks Pavlovic (20) einen Spieler haben, der jetzt Nationalspieler geworden ist und jetzt mit Joao Palhinha (29) einen Transfer machen werden, das wusste Leon vorher“, stellte Eberl klar.

Zudem versetzte Trainer Kompany Joshua Kimmich (29) wieder von der Rechtsverteidiger-Position in die Zentrale – und der Österreicher Konrad Laimer (27) rangiert im internen Ranking auch noch vor Goretzka, der schon in der Vor-Saison nicht mehr gesetzt war und am Ende sogar seinen Platz in der Nationalmannschaft verlor.

Das Goretzka-Drama begann schon unter Ex-Trainer Thomas Tuchel (51). Am 34. Spieltag der Saison 2022/23 ging es für die Bayern beim Auswärtsspiel beim 1. FC Köln um die Meisterschaft. Die Bayern mussten gewinnen und auf einen gleichzeitigen Patzer von Borussia Dortmund beim FSV Mainz hoffen. Die Mainzer lieferten Schützenhilfe und die Bayern kamen durch Jamal Musialas Last-Minute-Tor noch zum Sieg und tatsächlich zur Meisterschale. Goretzkas Anteil am 2:1-Sieg in Köln-Müngersdorf war dabei überschaubar.

In der 70. Minute erst eingewechselt, nahm Tuchel ihn in der 85. Minute wieder vom Platz – und brachte Siegtorschütze Musiala (21). Der beleidigte Goretzka wirkte bei der Jubelfeier abwesend, wollte gar nicht richtig mitfeiern. Ein Wechsel in der Sommerpause wurde sofort diskutiert, doch Goretzka wollte bleiben und sich durchsetzen. Am Ende kam er auf 42 Einsätze – und Tuchel musste wieder gehen. Goretzka witterte Morgenluft – doch unter Kompany wurde für den früheren Star alles nur noch schlimmer.

In der aktuellen Saison kommt Goretzka bislang auf exakt eine Spielminute für die Bayern. In zwei der bisherigen Pflichtspiele schaffte es Goretzka nicht einmal in den Kader. „Ich wusste, dass ich für Kiel einen Spieler aus dem Kader streichen musste. In diesem Fall war das Leon. 21 Spieler, einer musste zu Hause bleiben. Jetzt sind es nur noch 20, weil wir Sacha Boey verletzt verloren haben. Deshalb wird diese Frage für eine Weile nicht mehr kommen“, erklärte Kompany am Montag (16. September 2024) während der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Auftakt gegen Dinamo Zagreb Goretzkas Situation in München.

Wechselt Leon Goretzka im Winter ins Ausland?

Jetzt ist er zumindest erst einmal wieder im Bayern-Kader, aber Goretzkas Perspektive an der Säbener Straße ist weiter mau. Der italienische Transfer-Experte Fabrizio Romano (31) berichtet, dass bei Goretzka, der sich in München privat sehr wohlfühlt, deshalb nun ein Umdenken eingesetzt habe. Sollte sich seine Situation bei den Bayern nicht ändern, schließt er einen Wechsel im Winter nicht mehr aus. Im Sommer lehnte er noch alle Angebote dankend ab. Goretzkas Problem: ohne Spielzeit kann er keine Werbung für sich betreiben – und hat es schwer, einen Klub zu finden, der ihm weiter sein üppiges Gehalt zahlt. Goretzka dürfte es auch deshalb ins Ausland ziehen, weil in Deutschland niemand sein Gehalt auch nur annähernd stemmen könnte.

Ex-Bayern-Profi Stefan Effenberg (56) hat kein Verständnis, dass Goretzka im Sommer nicht wechseln wollte. In seiner Kolumne auf Sport1 schrieb der Experte: „Schwierig sehe ich die Situation bei Leon Goretzka: Warum entscheidet sich so ein Spieler, bei Bayern zu bleiben, obwohl ihm nahegelegt wird, den Verein doch besser zu verlassen? Der Junge ist doch erst 29 und hat doch wohl auch das Ziel, noch in der Nationalmannschaft auf den Quali-Zug aufzuspringen. Da dann bis zum Ende der Saison vielleicht nur ein, zweimal in der Startelf zu stehen – das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.“

Die Teamkollegen beobachten Goretzkas Situation jedenfalls sehr genau – und fühlen mit. „Im Grunde genommen leiden wir Spieler da auch mit, die ihn sehr lange kennen und ihn schätzen als Mensch und auch als Spieler“, sagte Kapitän Manuel Neuer (38) vor dem Zagreb-Spiel. „Leon ist immer ein wichtiger Faktor auf dem Platz gewesen. Und deshalb wünscht sich auch jeder, dass er wieder auf dem Platz mit uns kickt und spielt.“

Neuer will Goretzka keineswegs abschreiben: „Ich glaube an ihn. Er ist auch bis in die Haarspitzen motiviert, das sieht man bei jedem Training. Ich bin fest davon überzeugt, dass seine Zeit kommen wird.“ Auch Bayern-Ikone Thomas Müller (35) hatte sich zuletzt für Goretzka starkgemacht: „Leon ist einer von uns. Ich glaube, er zeigt uns als Spieler, wie wichtig wir ihm sind, und das ist gegenseitig genauso da.“

Bis zum 1. Januar 2025 ist Goretzka auf jeden Fall noch Bayern-Profi. Dann öffnet wieder das Transferfenster. Bis zum 3. Februar. Danach herrscht endlich Klarheit über die Zukunft von Goretzka. Bis dahin bleibt viel Zeit für Spekulationen. Oder eine erneute sportliche Wende.