Depressionen im Profi-FußballSchweinsteiger über die Krankheit seines Bayern-Kollegen Deisler

Hasan Salihamidzic, Sebastian Deisler, Mark van Bommel und Bastian Schweinsteiger bejubeln der Erfolg in Hamburg.

Die Partie am 25. November 2006 beim HSV konnten Bayerns Hasan Salihamidzic, Sebastian Deisler, Mark van Bommel und Bastian Schweinsteiger (von links nach rechts) doch noch drehen. Endstand: 2:1 für die Münchner.

Dass Depressionen eine ernsthafte Erkrankung sind, wollen viele im Fußball-Business nicht wahrhaben. Nun hat sich Bastian Schweinsteiger zu den affektiven Störungen seines Ex-Teamkollegen Sebastian Deisler geäußert.

von Julian Meiser  (jm)

Wie belastend Depressionen für Profisportler sein können, zeigt der Fall des einstigen Nationaltorwarts Robert Enke (†32). Er nahm sich im November 2009 das Leben, weil er keinen anderen Ausweg mehr gesehen hatte.

Diesen Weg ging Sebastian Deisler (42) glücklicherweise nicht. Er entzog sich rechtzeitig dem Fußballgeschäft, beendete 2007 aufgrund seiner affektiven Störung mit nur 27 Jahren seine Karriere.

Die Erkrankungen von Deisler ging auch Bastian Schweinsteiger (37) sehr nahe. Er spielte zusammen mit Deisler, den die Medien aufgrund seiner fußballerischen Brillanz „Basti Fantasti“ nannten, in der deutschen Nationalmannschaft sowie beim FC Bayern München.

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Bastian Schweinstiger: „Mir tat das im Herzen weh“

Wie Bastian Schweinsteiger nun in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“ erzählte, habe er die damalige Zeit als „schon schlimm“ in Erinnerung: „Sebastian saß immer hinter mir im Bus, ich war ihm immer sehr nahe, und man hat es mitbekommen, lange bevor die Öffentlichkeit davon erfuhr.“

Sebastian Deisler lacht, Hasan Salihamidzic hält ein Weizenbier und Owen Hargreaves die Meisterschale in der Hand.

Am 13. Mai 2006 feiert der FC Bayern auf dem Marienplatz die Meisterschaft. Mit auf dem Rathausbalkon sind Sebastian Deisler (l.), Hasan Salihamidzic und Owen Hargreaves (r.)

Ende der 1990er-Jahre und Anfang der 2000er galt Sebastian Deisler als der kommende deutsche Superstar. Seine ersten Gehversuche in der Bundesliga machte er bei Borussia Mönchengladbach, dann ging er zu Hertha BSC. 2002 schloss sich der damals 22-Jährige dem großen FC Bayern an, wo er dann auch auf Schweinsteiger traf, der damals seine ersten Erfahrungen bei den Profi sammeln durfte.

„Mir tat das im Herzen weh, weil er mein Mitspieler war, und du hast gesehen, wie gern er Fußball gespielt hat. Aber er konnte es eben nicht mehr, und man konnte ihm schwer helfen“, erklärte Schweinsteiger, der damals, wie alle anderen auch, nicht in der Lage war, seinen Mitspieler mental aufzubauen: „Ich war noch jung, ich konnte nicht sein Seelenversorger sein, das war Uli Hoeneß.“

Wie Uli Hoeneß um Sebastian Deisler sorgte

Uli Hoeneß (70) kümmerte sich um Deisler, hatte immer ein offenes Ohr für seinen Spieler. Auch nachts war er für ihn da. „Es war ein sehr langer Prozess mit unglaublichen Erlebnissen. Ich war für ihn immer die Bezugsperson“, beschrieb Hoeneß sein Verhältnis zum von Depressionen geplagten Deisler. Hoeneß schöpfte damals Hoffnung, dachte, er könne Deisler das Fußballspielen wieder schmackhaft machen.

Doch so leicht waren die Depressionen nicht zu besiegen. Deisler zog die Reißleine, beendete seine Karriere im Januar 2007 endgültig. 27 Jahre war der dreifache Deutsche Meister und Pokalsieger zu diesem Zeitpunkt. 2009 brachte er seine Biografie „Zurück ins Leben“ heraus. Seitdem lebt er zurückgezogen, hält sich aus der Öffentlichkeit zurück.

Für Schweinsteiger habe es in seiner Karriere nie depressive Phasen gegeben: „Der dunkelste Moment meines Lebens war, als wir mit Bayern München 2012 das Champions-League-Finale zu Hause in München gegen Chelsea verloren haben.“ Ein Jahr später holte Schweinsteiger mit dem FCB den Henkelpott, ein weiteres Jahr später, im Juli 2014, wurde er in Rio Weltmeister.