Der Kölner Berater Volker Struth gewährt in seiner Biografie einen Blick hinter die Kulissen des Gewerbes. Dabei wird auch klar, dass Berater untereinander mit harten Bandagen kämpfen.
Beleidigungen, BedrohungenVolker Struth: Der harte Kampf unter den Spielerberatern
Köln. Spielerberater haben in der Fußball-Branche einen durchaus umstrittenen Ruf. Kölns Top-Berater Volker Struth (55) gewährt in seiner Biografie „Meine Spielzüge“ einen Blick hinter die Kulissen des Fußball-Zirkus‘. Dabei wird auch deutlich, dass Berater untereinander mit harten Bandagen kämpfen – und der Ton auch schon mal deftiger sein kann. EXPRESS.de zitiert aus dem Struth-Buch.
Gerade, was meine Arbeit als Spielerberater angeht, so ist es an der Zeit, dem Publikum einmal einen echten Einblick in unsere Arbeit zu geben. Denn in Deutschland ist die Figur des Beraters nicht mehr als ein Klischee. Ein Spielerberater wie Michael Becker, der Mann an der Seite von Michael Ballack, tat gewiss auch einiges dafür, um das Klischee über uns zu bestätigen.
Er nannte deutsche Nationalspieler vor Journalisten eine „Schwulen-Combo“. In solchen Momenten fällt es schwer zu glauben, dass unser Geschäft etwas mit Anstand und Feingefühl zu tun hat. Es gibt miserable Berater – so wie es miserable Ärzte, Schreiner, Köche gibt. Und weil es auch hervorragende Ärzte, Schreiner, Köche gibt, sollte man auch Spielerberater nicht als Gruppe, sondern einzeln, nach ihrer Arbeit beurteilen.
Volker Struth: Fußballer sind frei, den Berater zu wechseln
Das Buhlen um Spieler ist die Essenz des Geschäfts, auch wenn manche Berater in der Öffentlichkeit mit Pathos vor sich hertragen, sie würden keine Spieler von anderen Beratern abwerben. Das sei ein Ehrenkodex der Branche. Doch das erzählen vor allem Berater, denen ständig Spieler abgeworben werden, weil sie nicht gut genug sind.
Ein Fußballer ist frei, den Berater zu wechseln, so wie Kunden den Steuerberater wechseln, wenn sie mit dem alten nicht mehr zufrieden sind. Und ein Spielerberater muss natürlich versuchen, einen Fußballer anzuwerben, wenn er glaubt, er könne ihm weiterhelfen. Andere Berater versuchen auch ständig, mir in den Hintern zu beißen.
Als wir in das Geschäft einstiegen, gab es bereits um die 500 Spielerberater in Deutschland. Sie buhlten um einen immer gleich groß bleibenden Markt von rund 400 Fußballern in der Ersten Bundesliga. Ein harter Konkurrenzkampf um die Spieler ist unumgänglich. Letztendlich können dich nur drei Dinge wirksam vor Abwerbungen schützen. Qualifizierte Arbeit, ein vertrauensvolles Verhältnis zu deinen Schützlingen und Größe. Du musst als Agentur groß sein. Denn Größe bedeutet Macht auf dem Markt, an die Großen trauen sich die anderen nicht so schnell heran. Das ist im Löwenrudel so und in der Beraterbranche nicht anders.
Volker Struth: Nach drei Jahren waren wir die Nummer eins in Deutschland
Wir waren, drei Jahre nach unserem Einstieg ins Spielerberatergeschäft, die Nummer eins in Deutschland. Wir vertraten Toni Kroos, Mario Götze, Marco Reus, Benedikt Höwedes und drei Dutzend weiterer etablierter Bundesligaspieler und hoffnungsvolle Talente. Es ist logisch, dass wir dafür aufs Übelste kritisiert wurden.
Die Konkurrenten sagten natürlich nicht: „Dieser Struth hat einfach ein wahnsinniges Gespür für Menschen und Momente, der saust wie ein Wirbelwind durch die Branche. Mein Respekt!“ Wenn einer seine Arbeit besser macht als du, ist es doch viel einfacher, ihm unsaubere Methoden zu unterstellen. So vertuschst du deine eigenen Schwächen. Also sagten die Konkurrenten: „Der Struth läuft mit einem Geldkoffer rum. Der bezahlt den Eltern vorab riesige Summen, damit ihre Kinder in seine Agentur eintreten.“
Muss ich erwähnen, dass wir das natürlich nicht taten? Worauf wir bisweilen eingingen, war, Familienangehörige an unseren Provisionen prozentual zu beteiligen, falls sie stark in die Karriereplanung des Spielers involviert waren und partout nicht loslassen wollten. Aber das macht fast jeder Spielerberater. Manche Berater beschäftigen sogar Familienmitglieder. Der Bruder des Nationalspielers Kai Havertz etwa arbeitet für dessen Berater. Das schadet der Bindung des Spielers an die Agentur vermutlich nicht. Ich gründete mit Jürgen Götze die Götze Marketing GmbH, wir beide fungierten als gleichberechtigte Geschäftsführer.
Ich akquirierte unterdessen mit Niklas Süle einen weiteren Nationalspieler. Einige Monate zuvor hatte sich Niklas das Kreuzband gerissen. Ein verletzter Fußballer fühlt sich schnell von aller Welt vergessen, wusste ich, und schrieb ihm genau deshalb eine Nachricht. Aus einer Nachricht wurden Treffen, aus Treffen eine Zusammenarbeit. Wann ich einen Spieler anspreche, ist bei der Akquise oft ein entscheidender Faktor.
Volker Struth: So schnappte er sich Niklas Süle
Nach jeder Transferperiode analysieren wir den Markt, um zu sehen, welcher Spieler hätte eigentlich den Verein wechseln sollen, ist aber nicht gewechselt. Oft sprechen wir diesen Spieler dann gezielt an. Denn möglicherweise scheiterte sein Wechsel an der falschen Strategie oder dem fehlenden Netzwerk seines Beraters. Möglicherweise denkt er, ein anderer Berater könnte das besser. Am Tag nach der Akquise eines wichtigen Spielers bei seinem Verein anzurufen ist für mich immer noch ein Moment wie beim Kindergeburtstag, wenn alle Kerzen auf dem Kuchen brennen. „Herr Rummenigge, ich wollte Ihnen nur kurz mitteilen, dass wir ab sofort Niklas Süle beraten.“
Ich stellte mich darauf ein, dass ich wegen unserer Arbeit für Julian Nagelsmann in nächster Zeit mit Dreck beworfen würde. Wie bereits beschrieben, sind Diffamierungen im Fußballgeschäft gang und gäbe. Dass wir fortan beim FC Bayern den Trainer und zwei Spieler betreuten, würde zu Unterstellungen führen. Bereits in Leipzig hatte Julian einmal eine drohende Whatsapp-Nachricht eines anderen Beraters erhalten.
Wir hätten das 16-jährige Talent Sidney Raebiger von ihm abgeworben, schrieb der Berater, und er wolle nicht hoffen, dass Nagelsmann sich für uns bei dem Spieler stark gemacht habe. Bitte was? Julian Nagelsmann wusste noch nicht einmal, dass der Junge von uns betreut wird.
Selbst Julian Nagelsmann erhielt eine drohende Whatsapp-Nachricht
So werden nun irgendwelche Berater Bayern-Spieler und Reporter mit der Behauptung füttern, Dayot Upamecano spiele immer, weil er bei derselben Agentur wie der Trainer sei. Glauben diese Diffamierer tatsächlich, ein Weltklassetrainer lasse sich in die Mannschaftsaufstellung reinreden?
Glauben sie wirklich, ich wäre so dumm, es zu versuchen? Wahrscheinlich glauben sie es nicht einmal selbst. Aber sie erzählen es, um eine ungute Situation heraufzubeschwören, in der sich Spieler oder Trainer gezwungen sehen, ihren Berater zu verlassen. Willkommen in der schönen Welt der Spielerberatung.