„Arsch huh“ für DemokratieDemo-Resonanz übertraf alle Erwartungen – viele Bands bezogen Stellung

Mehr Menschen als erwartet, folgten dem Demonstrationsaufruf und kamen zur Deutzer Werft. Dort wurde mit Musik und Wortbeiträgen ein Zeichen für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus gesetzt.

von Marcel Schwamborn (msw)

Eine Woche vor der Europawahl hat Köln schon wieder ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt. Nach der Großdemonstration im Januar war die Deutzer Werft erneut Treffpunkt, um für Demokratie und gegen Rechtsextremismus die Stimme zu erheben.

Die Veranstalter hatten im Vorfeld defensiv geschätzt. Letztlich wurde es am Rhein am Samstag (1. Juni 2024) doch wieder voller als gedacht. Die Initiativen „Arsch huh“ und „Köln stellt sich quer“ sprachen am Ende stolz von 18.000 Teilnehmenden.

Premiere der Arsch huh Band mit vier Songs auf der Deutzer Werft

Die Kampagnen-Organisation Campact hatte insgesamt über 220 Demonstrationen in ganz Deutschland organisiert. Geschäftsführerin Astrid Deilmann war vor allem stolz auf das Kölner Signal. „Ihr setzt ein Zeichen gegen die Feinde der Demokratie, gegen Rechtsextremismus und die AfD. So sieht wehrhafte Demokratie aus. Wir brauchen einen Aufstand der Anständigen, um den Faschisten zu zeigen: Nie wieder ist jetzt!“

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Erneut war es die gelungene Mischung aus kölscher Musik, Kabarett und Wortbeiträgen, die die Kundgebung zum friedlichen Erfolg machte. Zum Auftakt erlebte die neu gegründete Arsch huh Band mit zahlreichen Top-Musikern ihre Premiere. Initiator Hannes Schöner (70) sang zunächst seinen Song „Mer wulle all et selve“.

Gruppenbild der Arsch huh Band.

Ihre Premiere feierte am Samstag die Arsch huh Band mit zahlreichen Top-Musikern aus der Region, die Hannes Schöner zusammengetrommelt hatte.

„Wichtig ist, dass alle am 9. Juni ihrer Verantwortung gerecht werden und ihre Stimme abgeben – gegen die Falschen und für die Richtigen“, sagte der frühere Höhner-Musiker. „Es gibt immer mehr Menschen, die auf rechtsextremen Veranstaltungen unsere Lieder, in denen wir das Heimatgefühl besingen, für ihre Zwecke missbrauchen“, sagte er und stimmte deshalb mit der Allstar-Kombo „Su läuf dat he“ an.

Zur Band gehört auch Paveier-Frontmann Sven Welter (43). Der verwies auf den Hit „Heimat es“, den seine Gruppe seit zwölf Jahren spiele. „Darin heißt es ‚Heimat es do, wo du nit abseits stehs‘. Genau das versuchen die von Rechtsaußen zu nutzen, um Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen, zu ködern. Die Stärke der Demokratie muss allen klar werden und wir müssen alles dafür tun, dass nicht die falschen Kräfte ans Ruder kommen.“

Annette Frier bei Arsch huh.

Auch Schauspielerin Annette Frier war spontan gekommen, um die Kundgebung zu unterstützen.

Ähnlich argumentierte Höhner-Sänger Patrick Lück (47). „Dass doch mehr Menschen als erwartet gekommen sind, ist ein Statement und mal wieder Kölns Stärke. Uns ist es als Band auch wichtig, dass die freiheitliche Demokratie fortbesteht. Und da nutzen wir gerne unsere Reichweite, um vielleicht diejenigen, die noch unentschlossen sind, zu bewegen, ihr Kreuzchen bei demokratischen Parteien zu machen“, sagte er zu EXPRESS.de.

Lücks Vorgänger Henning Krautmacher (67) war auch an der Deutzer Werft, jedoch nicht, um zu singen. Er wollte lediglich den Aufruf zur Demokratie unterstützen. Zudem hat der Sänger bei der Produktion hintersinniger Videos mitgemacht. „Der AfD-Politiker Alexander Jungbluth will doch tatsächlich Döner, Pizza und Baguette in Deutschland verbieten. Das haben wir zum Anlass für unsere Spots genommen“, sagte Krautmacher.

Arsch huh für Demokratie, Kundgebung auf der Deutzer Werft: Wilfried Schmickler, Henning Krautmacher.

Kaberettist Wilfried Schmickler und Ex-Höhner-Sänger Henning Krautmacher bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus.

Zwischen den geplanten Reden ergriffen auch einige Überraschungsgäste das Mikrofon. FC-Geschäftsführer Philipp Türoff (48) war mit seinem Sohn Julius gekommen. „Der FC steht für die Werte, wie sie hier verteidigt werden. Haltung ist vor allem dann gefordert, wenn es schwieriger wird“, sagte er.

Auch Schauspielerin Annette Frier (50) schaute bei der Demo vorbei. „Ich bin hier als Kölnerin, der ‚Arsch huh‘ in die Wiege gelegt wurde. Zudem bin ich hier als Demokratin. Und außerdem bin ich Mutter von zwei Kindern, die in diesem Jahr erstmals wählen gehen“, sagte sie. „Daher kann ich nur danken für diesen Aufruf und die Resonanz“.

Arsch huh für Demokratie, Kundgebung auf der Deutzer Werft: Ozan Akhan.

Kabarettist, Schauspieler und Sänger Ozan Akhan war ebenfalls an der Deutzer Werft dabei.

IGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi (56) hob die Vorbildfunktion der Kölner hervor. „Wir stellen uns gegen jeden, der versucht, Menschen in Hautfarbe und Herkunft einzuteilen. Die AfD hat für die Europawahl keine Volksvertreter nominiert, sondern Volksverhetzer“. Ähnlich äußerte sich Judith Gövert vom DGB: „Faschisten, Rassisten und Rechtsextremisten gehören nicht in die Parlamente“.

Molley, Buntes Herz und die Microphone Mafia, Haller sowie Miljö sorgten neben den Paveiern und Höhnern für Musik. Die Kabarettisten Ozan Akhan, Wilfried Schmickler und Negah Amiri sorgten für bissige Töne. Zum Finale im strömenden Regen sang nochmals die Allstar-Band „Alles verlore“ und die bekannte Hymne „Arsch huh – Zäng ussenander“. Auf Köln war wieder Verlass.