Der Panzerbauer Rheinmetall steigt als Sponsor beim Bundesligisten BVB Dortmund ein. Die Geschichte des Rüstungskonzerns.
Brisanter BVB-DealPanzerbauer wird Sponsor – Kölner Verlag überrascht mit Firmenfakten
Der Ukrainekrieg war für Rheinmetall, Deutschlands größten Rüstungskonzern mit Sitz in Düsseldorf, eine Zeitenwende. Das Unternehmen ist mit seinen rund 30.000 Beschäftigten auf Wachstumskurs, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schnellte die Nachfrage nach Munition, Panzern und Flugabwehr-Geschützen in die Höhe.
Seit Anfang 2022 stieg der Auftragsbestand um rund 10 Milliarden Euro auf 24 Milliarden Euro an, der Umsatz soll in diesem Jahr 10 Milliarden Euro erreichen. Damit wäre er fast doppelt so hoch wie im Jahr 2021, also vor dem Ukraine-Krieg (5,7 Milliarden Euro). Der Aktienkurs hat sich seit Februar 2022 mehr als verfünffacht. Und jetzt das: Der Rüstungskonzern wird Sponsor von Borussia Dortmund. Zeitenwende also auch auf dem Platz? Der Deal ist umstritten.
Kölner Verlag: Diese Firmenfakten überraschen
Über die Geschichte von Rheinmetall hat der Kölner Greven Verlag ein opulentes Werk in zwei Bänden veröffentlicht: Es hat 1040 Seiten und ist 5,7 Kilo schwer („Vom Reiz, im Rheinland ein großes Werk zu errichten“). EXPRESS sprach mit dem Autor und Historiker des Unternehmens, Dr. Christian Leitzbach (61) – und hat Firmenfakten und -anekdoten gebündelt.
Alle historischen Unterlagen und damit die Grundlagen des Kölner Monumentalwerkes wären ohne das Eingreifen des Leiters der damaligen PR-Abteilung der Firma gar nicht mehr vorhanden, wie Leitzbach anerkennend erzählt: „Mitte der 80er Jahre standen die auf dem Hof und sollten vernichtet werden“. Leitzbach, der 1992 als Archivar antrat, baute aus der „ungeordneten Sammlung wehrtechnischer Akten“ das Rheinmetall-Archiv auf.
Die Geschichte von Rheinmetall
Den einen Gründer gibt es nicht. Ein Bankenkonsortium steht 1889 hinter der neuen Aktiengesellschaft „Rheinische Metallwaaren- und Maschinenfabrik“, die dem Deutschen Reich Munition liefern soll. Es ist der thüringische Ingenieur Heinrich Ehrhardt, der das Rheinmetall-Werk in Düsseldorf-Derendorf aufbaut, leitet und in 30 Jahren als Waffenschmiede groß macht.
Schon um 1899 hat Rheinmetall große Abnehmer, darunter die Regierung des Osmanischen Reiches. Einmal bedient sich Ehrhardt einer Finte. Die Türken wollen für das Heer neue Munition samt Zündern „aus einer Hand“, Rheinmetall hat damals aber keine Zünderproduktion. Ehrhardt zeigt wenig Skrupel, lässt der osmanischen Kommission bei deren Besuch etwas vorgaukeln. Er lässt Zünder liefern, spannt sie in der Derendorfer Fabrik in die Drehbänke ein und lässt die Arbeiter daran arbeiten. Der Schwindel funktioniert, die Türken kaufen.
Rheinmetall-Waffen stehen auch im Panzermuseum
Waffen von Rheinmetall sind beispielsweise im Panzermuseum in Munster (Niedersachsen) ausgestellt. Rheinmetall selbst verfügt in seinem Hauptwerk in Unterlüß (Lüneburger Heide) über eine nicht-öffentliche Sammlung, darunter das erste felddiensttaugliche Rohrrücklaufgeschütz (1898), die im Zweiten Weltkrieg für ihre Effektivität bekannte Flugabwehrkanone (Flak) 88 oder der Mörser „Karl“ – mit 60 cm Kalibergröße ein Erzeugnis Hitler’schen Gigantismus.
Eine bizarr erscheinende Nebensächlichkeit: In den 30er Jahren kam im Düsseldorfer Rosenmontagszug eine im Auftrag der Düsseldorfer Prinzengarde gefertigte Rheinmetall-„Kanone“ zum Einsatz: Sie schoss Konfetti und Bonbons …
Die Personalie Pabst
Der berüchtigtste Rheinmetall-Manager, ab 1931 als Leiter der Auslandsabteilung angestellt, war Waldemar Pabst (1880 -1970, gestorben in Düsseldorf). Pabst war im Januar 1919 als Reichswehroffizier an der Niederschlagung des Spartakus-Aufstands in Berlin beteiligt. Er gab nach einem persönlichen Verhör den Befehl zur Ermordung der linksrevolutionären Anführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, die beide in der Nacht des 15. Januar 1919 erschossen wurden. Pabst rühmte sich noch 1962 in einem Spiegel-Interview seiner Tat.
Spione im Werk
1957 erfährt Rheinmetall, „daß in der Sowjetzone eine besondere Stelle zur Beobachtung der Rheinmetall Aktiengesellschaft besteht“, wie der Vorstand an das Bundesverteidigungsministerium schreibt. Vorstandsmitglieder werden vom Wirtschaftsministerium als Geheimnisträger verpflichtet, eine Reihe von Geheimhaltungs- und Verschlusssachen-Vorschriften erlassen. „Der Werkschutz wurde mit Pistolen bewaffnet“, beschreibt Archivar Leitzbach die angespannte Lage. Mehrere Mitarbeiter werden damals wegen Spionage für die DDR entlassen.
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Der Panzer Leopard
Der erste vom Rüstungsunternehmen Kraus-Maffei gefertigte und von Rheinmetall mit Turm und Waffenanlage bestückte Leopard wurde 1965 an die Bundeswehr übergeben. In den folgenden Jahrzehnten erwarb sich das immer weiterentwickelte Modell den bis heute geltenden Ruf, der leistungsfähigste Panzer der Welt zu sein.
Spur nach Köln
Wegen der schwankenden Auftragslage durch die Bundeswehr hatte Rheinmetall, erklärt Leitzbach, „in den 60er Jahren angefangen, eine Reihe von zivilen Maschinenbaufirmen zu kaufen, um sich von der Wehrtechnik unabhängiger zu machen“ – darunter war auch der Maschinenbauer „Meyer, Roth und Pastor“ aus Köln-Raderberg.
Zu Rheinmetall gehörte eine Zeit lang sogar die „Württembergische Metallwarenfabrik“, besser bekannt als „WMF“, Hersteller von Küchenbesteck und Kochtöpfen.