Bewusst kein AutoKölner Handwerker (36) setzt auf Lastenrad – irre, was da drauf passt

Der Kölner Handwerker Joscha Eggert (takeAseat) fährt mit seinem Lastenrad durch die Stadt.

Der Kölner Handwerker Joscha Eggert (takeAseat) setzt bei seiner Arbeit auf ein Lastenrad und hat sich bewusst gegen ein Auto entschieden.

Das Thema Lastenräder wurde in den vergangenen Monaten heiß diskutiert. Doch wie praktisch sind diese wirklich? Ein Kölner Unternehmer aus dem Handwerk berichtet von seinen Erfahrungen.

von Christopher Hostert  (cho)

Köln. Den Weg zur Arbeit bestreiten einige Kölner mit dem Fahrrad, so auch Joscha Eggert. Der Kölner nutzt sein Rad jedoch nicht nur vor und nach der Arbeit, sondern auch aktiv währenddessen und das, obwohl er im Handwerk tätig ist.

Der Einzelunternehmer hat sich gezielt für ein Lastenrad entschieden und erklärt, wo für ihn konkret die Vorteile liegen und wieso er seither kein privates Auto mehr hat.

Lastenrad statt Auto: Kölner trifft bewusste Entscheidung

Mit seinem Unternehmen „takeAseat“ sitzt Eggert mitten in Köln-Ehrenfeld und macht als Einzelunternehmer entsprechend alles selbst. Der 36-Jährige studierte Handwerksdesign und ist jetzt als Raumausstatter selbstständig. Sein Kerngeschäft ist es, alte Polstermöbel wieder in Schuss zu bringen. Darüber hinaus macht er aber auch zum Beispiel Maßanfertigungen.

Alles zum Thema Ehrenfeld

Allgemein habe er viele Kunden in der Innenstadt und genau das habe irgendwann dazu geführt, sich nach Alternativen zu einem Auto für die Arbeit umzuschauen, erzählt er. Eggert: „Wenn ich mit dem Auto und viel Werkzeug zu einer Kundenberatung oder einer Montage fahren musste, waren die Sachen schnell im Auto, aber dann muss ich vor Ort erstmal einen Parkplatz suchen und dann das ganze Werkzeug vom Parkplatz auch noch zum Kunden bekommen. Das war immer ein großes Problem.“

Vor etwa zweieinhalb Jahren sei er dann darauf aufmerksam geworden, dass die Stadt Köln Lastenräder fördert und informierte sich zunächst zu dem Thema, um schließlich eins zu kaufen. Seither gehört es für ihn zum Arbeitsalltag und ist ein fester Bestandteil. Insgesamt 2.500 Kilometer habe er seit der Anschaffung mit seinem elektronisch angetriebenem Lastenrad in Köln zurückgelegt, sagt er stolz.

Köln: Lastenrad als Alternative zum Auto für Betriebe

Von seinem Wohnort im Agnesviertel fährt er zur Arbeit nach Ehrenfeld, von hier aus zu Kunden und schließlich wieder nach Hause – und das alles mit seinem Rad. Im Wesentlichen transportiert Eggert mit dem Lastenrad Stoffbücher für Kundenberatungen und allerlei Werkzeug, aber auch kleine Sessel und Stühle passen auf das Rad. „Wenn ich dann mit einem Stuhl oder Sessel, der dann vorne draufgegurtet ist, durch die Gegend fahre, dann ist das schon ein Hingucker“, erklärt der 36-Jährige.

Ein Lastenrad ist mit einem Sessel beladen.

Mit dem Sessel auf dem Rad durch die Stadt: Der Kölner Raumausstatter Joscha Eggert setzt auf ein Lastenrad statt auf ein Auto.

Doch auch das Lastenrad an sich sorgt für Aufmerksamkeit: „Ich werde auch immer von sämtlichen Leuten angesprochen, egal ob das ältere Damen oder kleine Kinder sind, weil es auch einfach super schick aussieht.“ Bei größeren Teilen, wie zum Beispiel Sofas, setze er dann auf Carsharing. „Ansonsten, alles was irgendwie drauf passt, mache ich mit dem Lastenrad“, sagt der Kölner. Denn ein privates Auto hat er nach dem Kauf des Rads nicht mehr.

Köln: Vorteile und Probleme mit dem Lastenrad

„Ich bin schon immer viel Rad gefahren und habe ein Rennrad. Da war immer das Problem, dass ich so viele Stoffbücher nicht im Rucksack transportieren kann“, erklärt Eggert. Daher habe er sich auch bewusst für ein Lastenrad anstelle eines neuen Autos entschieden. „Ich bin in der Innenstadt tatsächlich schneller als mit dem Auto. Ich kann mit dem Fahrrad ja auch ganz andere Wege nehmen, als mit dem Auto“, freut sich der 36-Jährige.

Die Probleme, die mit dem Lastenrad auftreten, seien überwiegend welche, die allgemein Radfahrer in Köln betreffen, da sein Lastenrad auch nicht sehr viel breiter als ein normales Fahrrad ist. „Ansonsten kann ich das persönlich nur jedem empfehlen, auch jedem Betrieb. Es ist auch ein super Werbeeffekt für den Betrieb und hält natürlich fit“, so Eggert.

Auch der Nachhaltigkeitsaspekt habe für ihn bei der Anschaffung eine Rolle gespielt: „Ich bin ein großer Verfechter von Nachhaltigkeit. Wir müssen nicht alle radikal unser Leben ändern, aber wenn jeder ein bisschen drauf schaut, ist das, glaube ich, schon eine gute Sache.“

Große Nachfrage für Förderung von Lastenrädern bei der Stadt Köln

Das Thema Lastenrad wurde um die Bundestagswahl 2021 hitzig diskutiert, nachdem die Grünen eine Milliarde Euro für die Subvention ausgeben wollte, als Teil der Mobilitätswende. Eine Million private Räder sollten vom Bund mit jeweils 1.000 Euro gefördert werden, so die Idee vom Grünen-Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler. Dieser Vorschlag wurde in der Folge kontrovers und hitzig diskutiert. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) reagierte skeptisch auf die Idee, da der Bund bereits Lastenräder für Firmen, Freiberufler und Kommunen fördere und das mehr für den Klimaschutz bringe. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nannte die Idee auf Twitter sogar „abstrus und weltfremd“.

Die Nachfrage nach Lastenrädern, gerade bei entsprechenden Förderungsangeboten, ist weiter groß – auch in Köln. „Unsere Lastenradförderung ist und bleibt ein Erfolgsprodukt. Die ungebremste Nachfrage verdeutlicht das weiterhin große Potenzial für dringend benötigte Verlagerungseffekte im Bereich des Warentransports“, erklärte Andrea Blome, Beigeordnete für Mobilität und Liegenschaften der Stadt Köln, im Mai 2021 nach dem dritten Förderaufruf der Stadt. Insgesamt 500.000 Euro standen dafür zur Verfügung.

Eine Bewertung der Förderaufrufe zwischen 2019 und 2021 wolle die Stadtverwaltung im Herbst vornehmen. 1.400 Lastenräder förderte die Stadt in diesem Zeitraum. Ob und wie das Förderprogramm weitergeht entscheide die Politik. Seit dem Frühjahr 2020 können Kölner zudem kostenlos Elektro-Lastenfahrräder in den Bürgerzentren ausleihen.

Kölner bei der Wahl zum Mister Handwerk 2021

Der Kölner Joscha Eggert hat sich bereits für ein Lastenrad entschieden und setzt sich nebenher auch für die Attraktiviät seines Berufsfeldes ein. Der 36-Jährige bewarb sich in diesem Jahr als Mister Handwerk 2021, einer Veranstaltung, die das Handwerk hervorheben soll. Der Gewinner repräsentiert ein Jahr lang das Handwerk in Deutschland.

Eggerts wollte mit seiner Bewerbung versuchen junge Menschen mit seiner Arbeit zu begeistern und die verschiedenen Facetten des Handwerks aufzuzeigen, um dem Nachwuchsmangel im Handwerk entgegenzuwirken. Auch wenn er den Preis nicht gewinnen konnte, sei die Veranstaltung für ihn wichtig gewesen, um sich mit anderen Handwerkern auszutauschen und Kontakte zu knüpfen.

Sein Slogan für die Wahl passte zudem denkbar gut zu seinem Lastenrad: „Spar dir das Fitness-Studio – komm ins Handwerk!” Nicht nur das ständige Radfahren, auch durch die Arbeit im Handwerk sei er sehr fit und sportlich – und das ganze ohne Hanteln oder Laufband. (cho)