Jürgen Becker hat vor seinem Jubiläumsauftritt im Theater am Tanzbrunnen eine Ehrentafel für die „Wall of Fame“ erhalten. Gleichzeitig sprach er über sein neues Kabarett-Programm.
Vor Jubiläums-AuftrittBesondere Ehre für Jürgen Becker – der stimmt Lied für Cannabis an
Los Angeles hat den „Walk of Fame“ auf einem Gehweg. Köln hat seit 2015 seine „Wall of Fame“ am Theater am Tanzbrunnen. Bekannte Namen wie Jürgen von der Lippe, Ludwig Sebus, Tommy Engel, Helge Schneider oder kölsche Bands wie die Bläck Fööss und Brings wurden dort schon von KölnCongress geehrt.
Einen Stern gibt es ab der zehnten Veranstaltung entweder im Tanzbrunnen oder im dortigen Theater. Seit Mittwoch (10. April 2024) darf sich auch Jürgen Becker (64) über seinen ersten Stern freuen.
Jürgen Becker in einer Reihe mit Ludwig Sebus und Helge Schneider
Der Kabarettist, Mitbegründer der legendären „Stunksitzung“ und ehemalige Moderator der WDR-Mitternachtsspitzen begeisterte 2004 erstmals das Publikum auf der Schäl Sick. Ob Open Air oder im Theater – Becker schätzt die beiden Spielstätten sehr. „Die ovale Bauform des Theaters ist perfekt. Wenn man hier in der letzten Reihe sitzt, erlebt man alles so wie in anderen Hallen in der Mitte“, sagte er.
Anlässlich seines zehnten Auftritts als Künstler am Tanzbrunnen ehrte KölnCongress-Geschäftsführer Ralf Nüsser den Kabarettisten mit der Ehrentafel. „Durch diese Auszeichnung können wir endlich unsere ‚Wall of Fame‘ um eine weitere Wand erweitern. Sie wird rechts neben der Bestehenden ihren Platz bekommen“, kündigte Nüsser an.
Becker, ganz in seiner humoristischen Rolle, verglich die Auszeichnung und die „Wall of Fame“ mit einer Grabtafel an einer Grabstätte. „Mit dem Unterschied, dass die Menschen alle noch leben.“ Überregional bekannt wurde der Ur-Kölner mit den „Mitternachtsspitzen“ im WDR-Fernsehen, die er von 1992 bis 2020 moderierte, und seinen Bühnenprogrammen.
Auch interessant: Jürgen Becker mit Düsseldorfer Karnevals-Geständnis – aber grauenhafte Lieder.
Sein neuestes Programm trägt den Namen „Deine Disco“. „Mir ist aufgefallen, dass alle Bewegungen, die unsere Gesellschaft positiv verändert haben, einen aussagestarken Soundtrack hatten. Nehmen wir die 68er. Ohne Jimi Hendrix und sein ‚Star-Spangled Banner‘ hätte das revolutionäre Gefühl gegen den Vietnamkrieg gefehlt. Mit einer Bratsche hätte man das auf jeden Fall nicht hinbekommen“, ist sich der Kabarettist sicher.
„Die Hausbesetzer hatten ‚Ton Steine Scherben‘, die Friedensbewegung Bots und BAP. Die Frauenbewegung Ina Deter und die Punker Patti Smith. Das waren alles richtig gute Songs, die das Geforderte unterstützt haben. Genau solche Songs fehlen heute. Nehmen wir doch die Klimabewegung, die steht ohne eigenen Sound da und droht zu verlieren. Die Erde wird unaufhörlich heißer – eine Katastrophe. In Köln haben die Demos gegen Rechts wenigstens den ‚Stammbaum‘“, sagte er im EXPRESS.de-Gespräch.
Mit „Deine Disco“ analysiert Jürgen Becker, wie Musik Themen unterstützen, beziehungsweise nach vorne treiben kann: „Die Kraft der Musik wird oft unterschätzt. Wenn man ein Thema nach vorne bringen will, muss man die Emotionen bedienen. Das kann am besten die Kunst, egal ob die Musik oder die bildende Kunst. Nicht umsonst antwortete Joseph Beuys auf die Frage, ob man mit Kunst die Welt verändern könne: ‚Nur mit Kunst!‘“
Hier an unserer EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:
Während es bei der Hausbesetzer-Bewegung eher aggressive Songs gab, klang es in Köln mit „In unserem Veedel“ harmonischer: „Zwar ging es um die gleichen Themen, aber in Köln hat der politische Protestsong nur eine Chance, wenn man dazu schunkeln kann.“
Jürgen Becker: Fünf Auftritte mit „Deine Disco“ in Köln
Neben den Protestbewegungen geht es auch um das Trinklied im Wandel der Zeit. „Ich glaube, dass die Teillegalisierung von Cannabis so umstritten ist und die Gemüter erzürnt, weil Cannabis keine Volkslieder hat. An Alkohol sterben mehr Menschen als an Cannabis, aber Roland Kaiser singt halt ‚Sieben Fässer Wein können uns nicht gefährlich sein‘. Würde er singen: ‚Sieben Joints am Rhein können uns nicht gefährlich sein, das haut uns nicht um, nein, das schaffen wir ganz allein – wir ziehen durch, denn der Schnaps ist uns zu ungesund‘, wäre die Akzeptanz für Cannabis viel höher“, lacht Becker.
Alle, die keine Tickets mehr für das Gastspiel von Jürgen Becker im Theater am Tanzbrunnen (13. April) bekommen haben, bieten sich noch weitere Chancen. Der Kabarettist wird in diesem Jahr noch fünfmal in Köln auf der Bühne stehen, unter anderem am 9. Juni im Senftöpfchen, am 21. September im Bürgerzentrum Ehrenfeld und am 19. November in der Kulturkirche.