Zum Karnevals-Sessionsauftakt am 11.11. rechnet Köln mit mehreren zehntausend Feiernden. Stadt und Polizei stellten ihr umfangreiches Sperr- und Sicherheitskonzept vor. Der Jugendschutz steht im Fokus.
Aktion von Stadt und Polizei11.11.: Neues Konzept soll Alkoholexzesse bremsen – Hohe Bußgelder drohen
Seit knapp einem Jahr ist Johannes Hermanns (61) Polizeipräsident von Köln. In knapp zwei Wochen erlebt er seine erste Sessionseröffnung in der Stadt in verantwortlicher Position. Ihm schwant jetzt schon Böses.
„Wir kennen die Bilder von sich exzessiv betrinkenden Kindern und Jugendlichen am 11.11. Sexualdelikte, Raubdelikte, Körperverletzung, Diebstahl – was hat das mit Karneval zu tun?“, fragte er am Dienstag (29. Oktober 2024) bei einem Pressegespräch im Rathaus in die Runde. „Diese Bilder sind keine gute Werbung für Köln“.
11.11. in Köln: Stadtdirektorin Blome spricht von einem „Millionenevent“
Daher wollen Stadt und Polizei in diesem Jahr noch vereinter dafür sorgen, dass der Tag nicht erneut aus dem Ruder läuft. „Wir haben in Köln ein Alleinstellungsmerkmal am 11.11. In keiner anderen Stadt wird dieses Datum so beachtet. Das ist zu einem Millionenevent geworden und wir haben einen riesengroßen Zulauf“, sagte auch Stadtdirektorin Andrea Blome.
Mit leicht resignierendem Unterton fügte sie an: „Was da von jungen Menschen unter Alkoholeinfluss veranstaltet wird, ist schon schwer zu verkraften. Auch kann ich die Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner sehr gut verstehen. Der Weg, um wieder weg von diesen Hotspots zu kommen, ist jedoch schwer“.
Auch wenn der 11.11. in diesem Jahr auf einen Montag fällt und die Polizei deshalb mit einer geringeren Anzahl an Feiernden rechnet, wurden die Maßnahmen erneut ausgeweitet. Vor allem auf den Jugendschutz wird ein großer Fokus gelegt. „Jeck sein, statt weg sein! Der 11.11. geht auch ohne Filmriss – kenn deine Limits“, heißt eine Kampagne der Stadt.
„2023 haben wir morgens um 9.05 Uhr den ersten volltrunkenen Jugendlichen in der Gosse liegen gehabt“, sagte Polizeieinsatzleiter Frank Wißbaum zu EXPRESS.de. „In diesem Jahr rechnen wir damit, dass die Welle aufgrund der Schule nicht so früh, sondern erst gegen Mittag losgeht. Wir erwarten wieder einen herausfordernden Einsatz“.
Wie bereitet sich die Polizei vor?
Die Anzahl der eingesetzten Kräfte wird gegenüber dem Vorjahr nochmals um 200 auf insgesamt 1400 erhöht. „Die Herausforderungen sind nicht kleiner geworden“, sagte Hermanns und verwies auf Messerdelikte in den vergangenen Wochen sowie den wachsenden Antisemitismus. „Deshalb gehen wir konsequent gegen rechtswidrige Aktionen und geschmacklose Kostümierungen vor.“
Der Polizeipräsident hat eine strategische Fahndung angeordnet, die es erlaubt, ohne Anlass Personen anzuhalten, zu befragen und Maßnahmen zu ergreifen. Einsatzkräfte können Jacken und Taschen kontrollieren. Auch sollen die Waffenverbotszonen ausgeweitet werden, weil diese an der Partymeile an den Kölner Ringen und an der Zülpicher Straße erst ab 20 Uhr abends gelten.
„Wer feiern will, braucht kein Messer. Wer dennoch eins oder eine Attrappe bei sich führt, für den ist der Tag beendet. Wir werden alles tun, damit die Menschen sicher feiern können“. Die Synagoge an der Roonstraße wird wie im Vorjahr besonders geschützt.
Wie arbeitet das Ordnungsamt?
Mehr als 300 Mitarbeitende sind am 11.11. im Einsatz. Unterstützt werden sie in zwei Schichten von mehr als 1000 Kräften von privaten Sicherheitsunternehmen – davon fast 800 im Zülpicher Viertel. Die Stadt Köln hat 4700 Personen im Vorfeld überprüft, um sicherzustellen, dass nur Personal bei den Einlasskontrollen und bei Straßensperren im Einsatz ist, das alle Anforderungen erfüllt.
In den Hotspots der Stadt werden 920 mobile Toiletten aufgestellt: 753 Dixis, 167 Urinale, 17 Toilettenwagen und 13 Urinalrinnen. Wildes Urinieren ahndet der Ordnungsdienst mit bis zu 200 Euro Strafe. In der Altstadt sowie dem Zülpicher Viertel gilt wieder ein Glasverbot.
Was macht die Feuerwehr?
Am Rautenstrauch-Joest-Museum wird wieder eine temporäre Rettungswache in Betrieb genommen. Im Kwartier Latäng und der Altstadt werden verschiedene Unfallhilfsstellen aufgebaut. Wie im Vorjahr wird im Berufskolleg Humboldtstraße ein Notfallversorgungszentrum eingerichtet, wo medizinisches Fachpersonal alkoholisierte Menschen überwacht.
Neben den haupt- und ehrenamtlichen Feuerwehrleuten sind Hunderte Mitarbeitende zahlreicher Hilfsorganisationen im Einsatz.
Welche Jugendschutz-Maßnahmen gibt es?
Bereits seit Ende Oktober laufen Ansprachen an die Gewerbebetriebe. Wer an Jugendliche unter 16 Jahren Alkohol oder an unter 18-Jährige Spirituosen, Tabak, Vapes und Snus verkauft, riskiert ein Bußgeld von 500 Euro pro Verkauf und Maßnahmen bis hin zur Schließung der Verkaufsstelle. „Wir appellieren auch daran, den Verkauf von Lachgas einzustellen“, sagte der Beigeordnete Robert Voigtsberger.
Am 11.11. wird das Ordnungsamt zusammen mit der Polizei Streifen durchführen. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird es Ausweiskontrollen geben. Im Bereich der Hotspots sind 14 Streetworker-Kräfte sowie weitere 50 pädagogische Mitarbeitende im Einsatz, um Eltern von Minderjährigen, die beim Alkohol- oder Drogenkonsum auffallen, zu kontaktieren.
Die Verantwortlichen erinnerten auch daran, dass am Montag Schlupflicht herrscht. „Alle Kölner Schulen wurden aufgefordert, bis zum Mittag verpflichtende Veranstaltungen durchzuführen“, sagt Voigtsberger. Wer trotzdem angetroffen wird, dem droht ein Bußgeld von bis zu 1000 Euro.
Was kommt noch auf die Bevölkerung zu?
Erneut sperrt die Stadt das Kwartier Latäng rund um die Zülpicher Straße ab. Damit soll eine Überfüllung verhindert werden. Auch in der Altstadt gibt es Sperrungen. Anwohnende sollten immer einen Ausweis bei sich führen, Gäste von Kneipen oder geschlossenen Veranstaltungen die Eintrittskarten.
Zahlreiche Straßen im Zülpicher Viertel sowie der Altstadt werden am 11.11. ab frühmorgens gesperrt. In der Südstadt, der Friesenstraße und der Schaafenstraße erfolgen die Sperrungen je nach Bedarf. Ab dem 3. November werden wegen Aufbauarbeiten in den Vierteln bereits Halteverbote eingerichtet.
„Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr einen ersten Schritt Richtung geordnetem Karneval und weg von diesem Ballermann-Image schaffen“, sagt Einsatzleiter Wißbaum. „Wir sind sehr zuversichtlich.“ Auch Polizeipräsident Hermanns erhofft sich von den neuen Strategien eine Besserung: „Wir wollen die Problemklientel offensichtlich angetrunkener schon am Bahnhof abfangen, damit diese Menschen erst gar nicht in die Feierzonen kommen“.