Mit den Paveiern war Marc Metzger vor Weihnachten auf Tour, nun bereitet er sich auf die neue Session als „Dä Blötschkopp“ vor. Im EXPRESS.de-Interview spricht er über seine Rolle und sein Jubiläum.
35 Jahre „Dä Blötschkopp“Marc Metzger erinnert sich: Das war mein verrücktester Auftritt
Wenn Marc Metzger in seinem viel zu weiten Karokostüm und mit Brille ohne Gläser auf der Bühne steht, scheinbar zusammenhanglos vor sich hin schwadroniert, dann tobt der Saal meist nach wenigen Augenblicken. Als „Dä Blötschkopp“ ist er der gut gelaunte Clown im Karneval.
Er selbst sagt von sich stolz, dass er schon seit 35 Jahren in Diensten des karnevalistischen Wortes ist. Der 50. Geburtstag liegt schon hinter Metzger, das 35-jährige Bühnenjubiläum steht unmittelbar bevor. Grund genug für ein ausführliches Interview mit EXPRESS.de.
Marc Metzger: Ende 2024 startet sein neues Solo-Programm
Was hast Du für 2024 geplant?
Marc Metzger: Ausruhen! Nein, Scherz beiseite. Man muss zwar immer etwas haben, worauf man sich freut, aber so Jubelzeug habe ich nicht vor. Mein 33-Jähriges ist mir durch Corona verhunzt worden, deswegen habe ich für mein 35-Jähriges nichts Großartiges geplant. In fünf Jahren habe ich 40-Jähriges und feiere meinen 55. Geburtstag, das ist karnevalistisch und dann machen wir ein großes Fass auf.
Dennoch hast du so einiges in Planung, worauf sich die Fans freuen dürfen.
Marc Metzger: Es war ja alles schon geplant, aber es hatte ja niemand mit der Pandemie samt Lockdown gerechnet. Daher freue ich mich ganz besonders auf die Rückkehr auf die Tourbühne. Ich werde wieder viel Musik machen, ein neues Stück präsentieren und ein neues Album soll auch entstehen.
Hast du schon einen Titel für dein neues Stück?
Marc Metzger: Nee, da gehe ich gerade so die Wand hoch, weil ich keinen Titel finde. Ich bin so ein Titelschreiber. Ich brauche immer eine Überschrift und dann fülle ich das. Wenn die Session erstmal gut läuft, habe ich den Kopf wieder frei, um mich mit den anderen Sachen zu beschäftigen. Ideen sind genug da, nur eben noch nicht die Überschrift.
Kannst du schon sagen, wann die Tour starten soll?
Marc Metzger: Für Ende 2024 sind die Testabende geplant. Start soll dann 2025 sein. Ich war gerade mit den Paveiern auf Weihnachtstour und da habe ich so richtig gemerkt, wie ich das ganze vermisst habe.
Wie bereitest du dich auf die Session vor?
Marc Metzger: Ich finde es in dieser Session besonders herausfordernd, denn die Themen um uns herum werden nicht schöner. Ich habe jüngst in meine Rede zu meinem 25-Jährigen geschaut und war erschrocken, wie aktuell die ist. Allein im Hinblick auf die Pisa-Studie.
Marc Metzger: „Ich muss die Leute aus dem Alltag rausholen“
Du hast mal gesagt, dass du dich selbst als Hofnarr siehst. Wie wirkt sich das auf die Themen aus?
Marc Metzger: Ich bin der Meinung, dass ich als Büttenredner die Leute für 20 Minuten aus dem Alltag holen muss. Ich bin weder Satiriker noch Kabarettist, die können ganz anders arbeiten. Meine Aufgabe als Büttenredner, ja als der Hofnarr, ist es, die Leute zum Lachen zu bringen.
Inwieweit bereitet es dir Schwierigkeiten, die Probleme, mit denen wir alle konfrontiert sind, auszublenden?
Marc Metzger: Karneval steht nicht für Totschweigen oder ausblenden, sondern einfach nur für beiseite lassen. Es kommen immer die Vorwürfe: ‚Wie könnt ihr Karneval feiern – seht ihr denn nicht, was los ist‘? Doch wir sehen das! Die Kritiker können ruhig sagen, wir schieben im Karneval alles beiseite – ja, machen wir. Karneval war und ist ein Ventil, eine Chance für kurze Zeit aus dem Alltag auszubrechen. Was tierisch wichtig ist, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Wir machen die Augen nicht zu, sondern wir blinzeln nur kurz.
Gerne behaupten Kritiker auch, dass die Kölschen auf Knopfdruck feiern. Wie siehst du das?
Marc Metzger: Nee, wir gehen nicht auf Knopfdruck an, sondern wir sind das ganze Jahr an. Der Rheinländer weiß Aschermittwoch, dass es am 11. November wieder losgeht. Das Soziale, was außerhalb der Session passiert, ist eine riesige Komponente, die die Freude auf den 11. im 11. steigert. Das braucht der Rheinländer. Wenn man uns den Karneval verbieten würde, würde sich die Stimmung drastisch verändern.
Fragst du dich dennoch, ob es richtig ist, in diesen Zeiten Karneval zu feiern?
Marc Metzger: Ich stehe jeden Morgen auf und frage mich, ob ich abends lustige Sachen erzählen kann. Ja, kann ich, weil die Leute kommen und es möchten. Sie brauchen Ablenkung. Ganz altes Thema, aber aktueller denn je: Lachen ist Medizin. Und den Kritikern sage ich: Niemand wird gezwungen, Karneval zu feiern. Die, die feiern möchten, denen sollte man auch bitte diese Freiheit lassen, das zu tun.
Über welche Themen wirst du in deiner Rede sprechen?
Marc Metzger: Da es derzeit thematisch so schwierig ist, werde ich wieder wie früher Geschichten aus der Familie und aus dem Alltag erzählen. Da gibt es genug Stoff für lustige Geschichten.
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Wenn man 35 Jahre lang auf der Bühne steht, gibt es bestimmt besondere Auftritte, die man nie vergisst, oder?
Marc Metzger: Mein Papa, das wusste ich gar nicht, hat ein eigenes Archiv über mich geführt. Daraus hat er mir einen richtig fetten Wälzer gemacht, mit Ausschnitten vom Kindergarten-Theater bis heute. Da sind Dinger drin, wo mir zu jedem Bild die passende Anekdote eingefallen ist. Das war schon ein besonderes Erlebnis für mich, weil man plötzlich an so viele schöne Dinge erinnert wird, die man gar nicht mehr auf dem Schirm hatte.
Und was war der verrückteste Auftritt?
Marc Metzger: Das war ein runder Geburtstag in einer kleinen Kölner Kneipe. Ich hatte vorab keine Ahnung, um wen oder was es sich handelte. Als ich in den Saal schaute, sah ich einige ältere Herren am Tisch. Jut, dachte ich mir, dann gucken wir mal, ob wir die zum Lachen kriegen. Als ich durch den Türspalt schaute, wunderte ich mich, dass die Fußball schauten, denn auf dem Bildschirm war Franz Beckenbauer. Was ich nicht wusste: Beckenbauer war live zugeschaltet und gratulierte gerade dem Geburtstagskind.
Wie ging es weiter?
Marc Metzger: Beim zweiten Blick in den Saal bekam ich einen Lachanfall und sagte zu meinem Fahrer, dass da ein ganz schlechtes Double von Franz Lambert an seiner weißen Wersi-Orgel säße. Dann entdeckte ich auch noch Wolfgang Niedecken, der für mich eine Legende war und ist. Das war der Punkt, wo mich ein starker Fluchtreflex überkam.
Aber du bist doch nicht abgehauen?
Marc Metzger: Ich habe es nicht mehr geschafft, denn in dem Moment kam die nette Dame, die mich gebucht hatte, raus und meinte ‚Papa wird sich freuen, er weiß nicht, dass sie kommen. Sie müssen aber noch einen Moment warten, bis der Herr Podolski fertig ist.‘ Da habe ich die versteckten Kameras gesucht und nur noch gedacht: Die wollen mich veräppeln.
Und dann?
Marc Metzger: Als Poldi mit seinen Glückwünschen fertig war, kam Franz Lampert – es war übrigens kein Double, sondern der echte – auf mich zu und fragte mich, was er denn zu meinem Auftritt spielen soll. Meine Antwort: Ach Jung, tusch ein bisschen, wenn es mir zu viel wird, sag’ ich Bescheid. Als ich dann endlich meinen Auftritt beginnen wollte, sprang das Geburtstagskind auf, fiel mir um den Hals und freute sich ohne Ende. Es handelte sich um Weltmeister und FC-Legende Hans Schäfer. Ich war zwar total fertig, habe aber alle zum Lachen gebracht. Und es wurde noch doller.
Inwiefern?
Marc Metzger: Als ich fertig war, stand plötzlich Wolfgang Niedecken auf und sagte zu mir: ‚Hör mal, der Tommy Engel kann nicht. Können wir zwei et Veedel singen?‘ Wolfgang Niedecken, die Legende schlechthin, fragt mich, ob ich mit ihm et Veedel singe. Da war es dann komplett um mich geschehen. Wenn es keine Fotos von diesem Auftritt geben würde – ich würde es selbst nicht glauben. Dä Blötschkopp und Niedecken singen zusammen die Fööss-Hymne überhaupt. Bis heute konnte kein Erlebnis auf der Bühne diesen Auftritt toppen.
2024 tritt Metzger bei der „Lachenden Kölnarena“ und auf dem „Jeckliner“ auf
Da kann dich deine Premiere im September auf dem „Jeckliner“ bestimmt nicht mehr schocken.
Marc Metzger: Ich bin ja immer skeptisch, was das Thema Karneval außerhalb der fünften Jahreszeit angeht. Daher habe ich bisher immer nein gesagt. Als ich aber gelesen habe, wer da alles so mitfährt, kam mir das wie eine Karnevalsmesse vor. Also habe ich zugesagt. In Köln würde ich außerhalb der Session keinen Karnevalsauftritt machen, auf dem Schiff ist das was anderes.
2024 bist du wieder bei der Lachenden Kölnarena am Start. Seit einiger Zeit wird darüber diskutiert, ob man an der Kopfbühne festhalten sollte oder wie bei der Veranstaltung „11. im 11. - immer wieder kölsche Lieder“ die sehr erfolgreiche Center-Stage-Bühne nehmen sollte. Wie siehst du das aus Sicht eines Redners?
Marc Metzger: Ich bevorzuge auf jeden Fall die Kopfbühne, da ich als Redner das Publikum vor mir brauche. Es ist kein Gejammer, aber es weiß jeder, dass man es als Redner eh schwer in der Arena hat, da es sich ja im Endeffekt um eine Party handelt. Wenn ich dann als Redner immer 50 Prozent im Rücken habe, wird es natürlich noch viel schwerer, die Leute zu erreichen. Da reicht der Würfel nicht, du musst präsent sein. Für mich als Redner wäre es definitiv nichts.