Das Kölner Dreigestirn repräsentiert die Stadt und den Karneval. In die Rolle als Prinz, Bauer oder Jungfrau zu schlüpfen, ist für viele ein Lebenstraum. EXPRESS.de erläutert, wie die Suche abläuft.
Vor der ProklamationSo wird das Kölner Dreigestirn ausgesucht – einmal versaute Ehefrau die Bewerbung
Kein Redner, keine Tanzgruppe und keine Band hat in der Session mehr Termine als das Kölner Dreigestirn. Prinz, Bauer und Jungfrau sind das Aushängeschild des Kölner Karnevals und weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.
Am Dienstagabend (7. Januar 2025) zieht das neue Trifolium in die Hofburg am Heumarkt, am Freitag (10. Januar) wird es im Gürzenich ins Amt gehoben. Doch wie wird man Teil des Kölner Dreigestirns? Viele Gerüchte wabern durch die Stadt. Gesellschaften, die ein Jubiläum feiern, würden bevorzugt, lautet eins. Am Ende sei es eine Frage des Geldes, behaupten andere.
Kölner Karneval: Auswahlgremium sucht neues Dreigestirn
Exklusiv für EXPRESS.de erklären die Verantwortlichen im Festkomitee, wie das Bewerbungsverfahren abläuft, blicken auf vergangene Casting-Runden zurück, äußern sich zur Debatte um ein weibliches Dreigestirn und sagen, was den designierten Prinz René I., Bauer Michael und Jungfrau Marlis auszeichnet.
„Kohle spielt keine Rolle“, sagt Präsident Christoph Kuckelkorn gleich vorab. „Bühnenperformance, das Herz, das Team, was dahintersteht – das sind die Dinge, die für uns entscheidend sind. Es gibt ein Bewerbungsverfahren und da setzen sich die drei besten in dem Jahr durch. Manche drehen eine zweite, dritte oder vierte Runde, ehe sie so reif sind.“
Bewerbungen werden nur akzeptiert, wenn sich Interessenten als Team bewerben und Mitglieder in einer der gut 80 ordentlichen, dem Festkomitee angeschlossenen Gesellschaft sind. Dabei müssen nicht alle eines Trios in derselben Gesellschaft sein, auch Zusammenschlüsse sind erlaubt.
„Wir sind da extrem transparent geworden“, sagt Protokollchef Marcus Gottschalk. „Beim Präsidentenabend im September, bei dem das neue Dreigestirn vorgestellt wird, eröffnen wir auf der Bühne den Prozess für das nächste Dreigestirn. Im vergangenen September wurde also zu Bewerbungen für 2026 aufgerufen. Bis Aschermittwoch müssen die Bewerbungen da sein, da geht es nicht um ausformulierte Konzepte. Wir brauchen nur die schriftliche Mitteilung.“
„Die erste Hürde eines Dreigestirns ist der eigene Präsident, denn der reicht die Bewerbung bei uns ein, nicht die Kandidaten“, sagt Gottschalk. Beim ganzen Prozess ist Geheimhaltung Pflicht. Nur die jeweiligen Präsidenten und die drei Bewerber wissen Bescheid.
Danach gibt es für die Kandidaten einen Bewerbungsleitfaden mit konkreten Fragen: Was treibt einen an? Was fasziniert einen an den Rollen? Wie möchte man sich präsentieren, wenn man es wird? Wird etwas Gesangliches geplant, etwas Tänzerisches oder ein Wortbeitrag? Welchen sozialen Zweck möchten die drei unterstützen? Innerhalb von vier Wochen müssen die Gedanken zu Papier gebracht werden. In die Bewerbungsmappe muss dann alles rein: Lebenslauf, Bilder, polizeiliches Führungszeugnis.
„Wir laden danach grundsätzlich alle ein, damit sie sich persönlich vorstellen und wir uns kennenlernen“, sagt Kuckelkorn. Im April beginnt die Auswahlphase. Das Gremium besteht aus dem geschäftsführenden Vorstand des Festkomitees, Gottschalk und Prinzenführer Marcus Heller. Wenn jemand befangen sein sollte, stimmt er nicht mit ab. Kuckelkorn würde beispielsweise ausscheiden, wenn die Blauen Funken eine Bewerbung abgeben, Gottschalk bei der Prinzengarde.
Immer wieder werden Spekulationen angestellt, was es wohl kostet, einmal Prinz Karneval zu sein. Maximal 100.000 Euro müssen alle drei Beteiligten des Dreigestirns zusammen für den Spaß bezahlen. „Die Zahlen, die durch die Gegend geistern, sind meist zu hoch“, sagt Gottschalk. „Viel wichtiger als der Geld- ist der Zeitfaktor. Jedes Jahr wird es komplett unterschätzt, was es bedeutet, ins Kölner Dreigestirn zu kommen. Die Vorbereitungszeit ab Mitte des Jahres ist bereits so intensiv. In jeder Woche gehen fünf, sechs Abende für Training oder Sitzungen drauf. Von den 420 Auftritten in der Session noch ganz zu schweigen.“
Ab der zweiten Stufe des Bewerbungsverfahrens bekommen die, die noch im Rennen sind, exakt die gleichen Aufgaben in der identischen Zeit gestellt. Da soll sich das Trio beispielsweise überlegen, was es bei einem Besuch im Polizeipräsidium sagen würde. „Beim mehrstufigen Prozess wandelt sich das Bild mitunter. Manche waren am Anfang eher schwach, haben dann richtig aufgedreht. Wir hatten noch nie eine Kampfabstimmung, sondern waren uns am Ende stets einig, wer am besten passt.“
Kuckelkorn ergänzt: „Im Laufe der Bewerbung kommen immer mehr spontane Aufgaben dazu, wo es um Improvisation geht und der Teamgeist auf den Prüfstand gestellt wird. Wir wollen keine One-Man-Show mit zwei Statisten, sondern ein echtes Dreier-Team. Ganz wichtig ist das Umfeld, auch die Partnerinnen und Partner werden eingeladen. Wir müssen sechs Personen heil durch die Session bringen, da muss es passen.“
Die Kandidaten müssen sich auch medizinischen Checks unterziehen. Denn die Session ist eine starke Belastung und das nicht nur körperlich, sondern vor allem mental. „Wir müssen am Ende das Gefühl haben, dass das in dem Jahr die beste Bewerbung war und dass die drei die besten Repräsentanten für den Kölner Karneval sein werden“, sagt Gottschalk. „Wie lange es bis zur Entscheidung dauert, hängt von der Qualität ab. Manchmal sticht eine richtig hervor, manchmal sind die Kandidaten sehr eng beieinander. In den letzten Jahren waren wir uns immer sehr einig.“
Vorjahres-Prinz Sascha Klupsch hatte verraten, dass er sich auch schon für das Dreigestirn 2023 beworben hatte. Nach seinem Scheitern arbeitete er noch an sich und setzte sich dann im Jahr drauf durch. „Er hat sich hinterfragt und hat an seinen Schwächen gearbeitet“, sagt Gottschalk. In der Vergangenheit fielen auch schon Kandidaten durch, weil die Ehefrauen nicht so richtig hinter dem Wunsch der Männer standen.
„Es gab auch mal ein Gespräch, da hat ein Dreigestirn ein musikalisches Konzept vorgestellt. Das hat uns sehr gut gefallen“, erinnert sich Gottschalk. „Doch dann sagte der Präsident: ‚Ja, das ist auch eben am Friesenplatz super angekommen, als wir das mal den Leuten präsentiert haben‘.“ Damit waren die Kandidaten natürlich raus, weil sie gegen die Geheimhaltungspflicht verstoßen hatten.
Kuckelkorn rechnet mit weiblichem Dreigestirn in naher Zukunft
Jedes Jahr muss sich das Festkomitee zu der Frage äußern, warum es noch kein weibliches Dreigestirn in Köln gebe. Die Colombinen hatten sich mit einem Team für das Dreigestirn 2016 passend zum Motto „Mer stelle alles op der Kopp“ beworben, waren aber gescheitert.
„Wir sind offen für alles, die Konzepte müssen aber auch von den Vereinen mitgetragen werden. 99 Prozent der im Karneval aktiven Menschen sehen das nicht als Thema an. Das wird eher immer von außen hereingetragen“, sagt Kuckelkorn. „Ich habe aber schon das Gefühl, dass die vermehrte Diskussion dazu führt, dass sich die eine oder andere Gesellschaft Gedanken macht und vielleicht der Eisbrecher sein will.“
Der Präsident weiter: „Ich bin überzeugt, dass in den kommenden Jahren da was kommen kann und wird. Aber es müssen eben die besten Bewerbungen sein und da darf das Geschlecht keine Rolle spielen. Nur das Konzept, das erste weibliche Dreigestirn zu sein, reicht nicht für eine ganze Session.“
Kölner Dreigestirn: Große Vorfreude auf Team der StattGarde Colonia Ahoj
Zunächst stehen René Klöver, Michael Samm und Hendrik Ermen vor der großen Ehre, das Dreigestirn zu verkörpern. „Die drei sind wirklich eine Einheit, haben mit einer Sprache gesprochen, sind unfassbar kreativ, haben tolle Ideen präsentiert. Zudem hat der Präsident Dieter Hellermann wie eine Eins hinter der Bewerbung gestanden und hat die drei extrem getragen und sie uns auf einem Goldtablett serviert“, lobt Gottschalk das Team der StattGarde Colonia Ahoj.
„Die Emotionalität war auffallend und berührend. Obwohl alle drei komplett unterschiedliche Charaktere sind, kommen sie immer auf den gleichen Punkt“, erkannte auch Kuckelkorn. Daher dürften ihnen die Herzen der Jecken zufliegen. „Die Beliebtheit eines Dreigestirns beim Kölner Volk wird zu 50 Prozent im Foyer entschieden“, sagt Gottschalk. Da haben die drei beste Voraussetzungen.