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Exklusiv

Tommy Engel kritisiert Köln„Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, dann sehe ich es“

Tommy Engel sitzt in seinem heimischen Museum.

Tommy Engel, die Stimme Kölns, in seinem kleinen Museum, welches zugleich sein persönlicher Rückzugsort ist.

Tommy Engel prägt Kölns Musikszene auch nach seiner Zeit bei den Bläck Fööss weiter. Im Gespräch mit EXPRESS.de nennt er aber auch zahlreiche Dinge, die ihn an seiner Heimatstadt Köln stören.

von Marcel Schwamborn  (msw)Daniela Decker  (dd)

Das erste Mal stand Tommy Engel (74) vor fast 50 Jahren gemeinsam mit den Bläck Fööss auf Kölns schönster Open-Air-Bühne im Tanzbrunnen. Obwohl es das dazugehörige Theater auch bereits seit 20 Jahren gibt, hat der Entertainer dort noch nicht gespielt.

Das wird sich ändern, denn am 12. September 2024 gastiert er mit seiner Band „Familich & Fründe“ op der Schäl Sick. EXPRESS.de besuchte die Stimme Kölns in seinem kleinen heimischen Museum, welches zugleich sein persönlicher Rückzugsort ist.

Tommy Engel spielt mit seiner Band im Theater am Tanzbrunnen

„Wir freuen uns sehr auf diesen Abend im Theater am Tanzbrunnen, denn es ist eins der wenigen Konzerte, die wir in Köln machen“, betont Engel. „Es ist auch das einzige Konzert in diesem Jahr, für das es noch Tickets gibt.“

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Dass der Sänger nicht mehr auf der Volksbühne am Rudolfplatz auftreten darf, macht Kölns Kultstimme wirklich sauer. „Für eine Großstadt wie Köln mit über einer Million Einwohnern ist es traurig, dass wir nicht in der Lage sind, eine Halle zu präsentieren, wo zum Beispiel 1500 oder 2000 Leute reingehen. In Köln ist immer alles schwierig, aber vielleicht ist es das, was die Stadt so liebenswert macht, weil nichts richtig hinhaut.“

Tommy Engel mit Ilja und Robin.

Tommy Engel beim Konzert in Chorweiler mit Sohn Ilja (l.) und Enkel Robin (r.).

Engel: „Man könnte fast meinen, Köln lebt nach dem Motto: ‚Is fädich – loss et esu‘. Wenn ich an der Oper vorbeifahre und die riesigen Container sehe, denk’ ich direkt, wird da jetzt was Neues gebaut? Nein, es wird immer noch umgebaut und das bereits seit über zehn Jahren.“

So wie die Volksbühne kämpft der Tanzbrunnen bei der Open-Air-Bühne seit Jahren mit der Tatsache, dass um 22 Uhr Schluss sein muss. „Vieles wird mit solchen Regeln kaputtgemacht. Eine Großstadt kann eben kein idyllisches Landleben bieten. Da muss man sich einfach drüber bewusst sein, wenn man hier leben möchte.“

Auf die Frage, ob er sich jemals vorstellen könnte, woanders zu leben, wird Tommy nachdenklich: „Ich bin so mit der Stadt verwurzelt, dass ich mir kaum vorstellen kann, woanders zu leben. Vielleicht noch Hamburg. Da gibt es auch viel Wasser. Aber mir würde die gewisse Einmaligkeit von Köln fehlen. Letztendlich ist es die Sprache. Auf Kölsch kann man einfach mehr ausdrücken.“

Die große weite Welt ist für den Familienmenschen kein Thema. „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse, wenn ich nicht durch die Welt jette. Vielmehr gehöre ich zu den Menschen, die ein gewisses Glück erfahren haben. Dafür bin ich sehr dankbar, denn nicht allen Menschen geht es gut. Ich habe hier mein eigenes kleines Refugium. Das ist für mich etwas ganz Besonderes, weil ich als Kind nie ein eigenes Zimmer hatte – kein Wunder bei zehn Pänz. Hier hat jedes Teil seine eigene, persönliche Geschichte. Manche würden sagen, der Engel ist verrückt, aber das ist mir egal.“

Tommy Engel beim Konzert mit Band.

Tommy Engel hat seine Band neu formiert und tritt nun mit „Familich & Fründe“ auf.

Dass man sich auch nach 65 Jahren auf der Bühne nochmal neu erfinden kann, beweist Tommy Engel derzeit eindrucksvoll mit seiner neuen Drei-Generationen-Band. Während andere schon lange in Rente sind, genießt er es, zusammen mit seinem Sohn Ilja und Enkel Robin auf der Bühne zu stehen. Neben der Familich gehören Markus Wienströer, mit dem Tommy bereits zu L.S.E.-Zeiten gemeinsam gearbeitet hat, und sein langjähriger Wegbegleiter und Freund Jürgen Fritz am Piano dazu.

Darum spielt das Wort Rente bei Engel auch noch keine Rolle. „Ich kann mich noch erinnern, als Bestatter Christoph Kuckelkorn gefragt wurde, wie denn die Geschäfte laufen? Und er lachend antwortete: ‚Ach, nicht so gut. Die Kundschaft läuft noch herum.‘ Ich weiß nicht, wie man sich als Rentner fühlen soll. Natürlich mache ich nicht einfach weiter, als wäre ich noch 50. Aber solange ich mich noch bewegen kann und Spaß an der Musik habe – warum sollte ich aufhören?“

Gerade jetzt, mit seiner Familich, mache es enorm Spaß. „Das ist ein Gefühl, was ich fast nicht in Worte fassen kann – es ist einfach irre. Wir hätten das vielleicht schon früher machen sollen, aber wer weiß, vielleicht braucht man ja auch eine gewisse Reife. Ich habe das als Vater oder Opa nie forciert. Wenn es dann fast wie von allein läuft, dann ist es einfach das Schönste.“

Im Hause Engel gab es zwar immer Instrumente, aber Tommy hat seine drei Söhne nie zu etwas gedrängt. „Wenn ich sehe, wie Robin den Bass spielt, wie er singt. Gleiches gilt für Ilja am Schlagzeug. Es macht höllischen Spaß, zusammen Musik zu machen, auch wenn es ein Abenteuer ist. Und ich gestehe, es ist für mich eine Herausforderung.“

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Bei der Premiere in Chorweiler sprang der Funke sofort über. „In solchen Momenten wird mir einmal mehr klar, welches Privileg wir genießen. Wir verdienen unser Geld mit dem, was wir gerne machen und das schon fast mein ganzes Leben lang. Wenn du das, was du im Herzen trägst, weitergibst, dann bist du authentisch und die Leute hören dir auch nach über 60 Jahren noch zu.“

Hinzu kommt, dass man eine Haltung zu seinen Songs haben muss. „Haltung ist wichtig, um die verschiedenen Typen, über die man singt, verkörpern zu können. Es sind teilweise Geschichten, wo du dich als Sänger in die Person hineinversetzen musst. Bestes Beispiel ist mein Alter Ego Kaczmarek. Der Typ ist voll von sich überzeugt und hat alles im Griff. Wenn ich da nur steif am Mikro stehen würde, wäre der Titel nie so ein Erfolg geworden.“

Tommy Engel: „Ich will die Leute ein Stück aus ihrem Alltag holen“

Seitdem Tommy Engel auf der Bühne steht, verfolgt er immer das gleiche Ziel: „Ich will die Leute ein Stück weit aus ihrem Alltag und vielleicht aus ihren trüben Gedanken holen. Dabei sehe ich mich aber nicht als Supermann, der die Welt retten kann, ganz im Gegenteil – ich bin nur 'ne einfache Jung us Kölle, der genauso mit seinen Problemen und Rückschlägen wie jeder andere kämpft. Ich kann die Welt als Sänger nicht verändern, aber vielleicht den einen oder anderen zum Nachdenken anregen.“

Eine Tatsache macht Tommy besonders traurig: „Wenn ich in der Stadt unterwegs bin und sehe, wie die Menschen aneinander vorbeigehen, ohne nach rechts oder links zu schauen. Da spürt man, dass es in Köln kälter geworden ist und dass das für diese Stadt so typische Miteinander gelitten hat. Da heute alles verfügbar ist, geht immer mehr die Wertschätzung verloren. Das fängt im Kleinen zum Beispiel mit Erdbeeren an. Die gibt es das ganze Jahr. Dadurch wissen viele gar nicht mehr, wann eigentlich Erdbeerzeit ist.“