Ordnungsamt-Einsatz bei KonzertKölner Band ruft öffentlich zum zivilen Ungehorsam auf

Chor Veedelperlen mit dem musikalischen Leiter Constantin Gold.

Der Chor Veedelperlen bei einer Probe mit dem musikalischen Leiter Constantin Gold am 24. Mai 2023.

Weil bei einem Mitsing-Konzert der Veedelperlen an einem Sonntagnachmittag in der Südstadt das Ordnungsamt gerufen wurde, haben die Musikerinnen nun ihrem Unmut Luft gemacht.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Ein Aufschrei geht durch Kölns Kulturszene. Die Veedelperlen, die sich selbst „die größte Girlband der Welt“ nennen, haben mal richtig Dampf abgelassen und ernten dafür von vielen Kolleginnen und Kollegen breite Zustimmung.

Seit 2022 stimmen die rund 140 Sängerinnen um die „Chorfluencer“ Constantin Gold und Amelie Schoo auf vielen Veranstaltungen wie zuletzt dem Glücksgefühle Festival am Hockenheimring ihre Medleys an und bieten damit das stimmgewaltige weibliche Pendant zu den Grüngürtelrosen.

Veedelperlen: Beschwerden bei Mitsing-Konzert in der Südstadt

Doch nun gab es Stress um einen ihrer Auftritte. Am Eierplätzchen in der Südstadt hat der Chor an einem Sonntagnachmittag (8. September 2024) ein Mitsingkonzert veranstaltet. Anwohnende haben jedoch das Ordnungsamt gerufen. Dies habe nach Angaben der Band „freundlich und verständnisvoll“ reagiert und sei schließlich nur ausführendes Amt.

Alles zum Thema Tanzbrunnen

Doch dieser Vorfall und der Streit um die Open-Air-Salsa-Tanzabende am Aachener Weiher, die wegen Lärmbeschwerden verboten werden sollen, hat die Musikgruppe nun dazu gebracht, in einem öffentlichen Aufruf die Lage in der Stadt anzuprangern.

„Wir sind zunehmend ratlos, was in unserer Stadt noch geht. Kulturelle Teilhabe ist ein elementares Gut, das uns die Luft zum Atmen in dieser Stadt bedeutet. Wir wollen die Stadt nachbarschaftlich, lebendig, kulturell und vor allem menschlich erleben. Kulturelle Teilhabe ist essenziell und nicht verhandelbar“, schreiben die Veedelperlen in ihrer Stellungnahme.

Weiter fragt der Chor: „Sind hunderte glückliche Menschen, die gemeinsam am Nachmittag für eine Stunde singen, nicht wertvoller als ein Nachbar oder eine Nachbarin, der oder die dies nicht aushält?“ Deshalb will die Gruppe die Situation nicht einfach so hinnehmen. „Wir rufen euch zum zivilen Ungehorsam auf – geht raus und besetzt den öffentlichen Raum mit kulturellen Themen“, lautet der Aufruf via Social Media.

Hier den Instagram-Beitrag der Veedelperlen anschauen:

„Lasst euch das Stadtleben nicht verbieten“, heißt es abschließend. Für diese Worte gab es direkt breite Zustimmung. Die Band Miljö erklärte sich solidarisch. Der Kölner Musikstudent Thelonious Herrmann, der oft mit seinem Projekt „Stadtgeklimper“ unterwegs ist, reagierte erleichtert: „Ihr sprecht mir aus der Seele. Danke für eure großartige Arbeit“.

Auch die Mitsing-Initiative „Loss mer singe“, die jährlich die beliebtesten Sessionshits bei der Kneipen-Tour ermittelt, stieg mit in die Debatte ein. „So wichtig! Wir erleben seit vielen Jahren, wie unsere Veranstaltungen vom Ordnungsamt besucht werden wegen Beschwerden aus der Nachbarschaft. Es muss sich was ändern. Wir sind dabei“.

Auch „Loss mer singe“ berichtet von zunehmenden Beschwerden

Die Debatten um zumutbare Lärmbelästigungen in der Kölner Innenstadt werden von Jahr zu Jahr hitziger. Viele Gruppen haben auch schon ihren Unmut darüber geäußert, dass im Tanzbrunnen pünktlich um 22 Uhr die Musik bei Konzerten ausgeschaltet werden muss und überdenken deshalb Buchungen auf dieser Fläche.

Die DJane Sita Melek formulierte ihren Frust unter dem Beitrag der Veedelperlen: „Wir müssen etwas tun. Köln verliert immer mehr seine Attraktivität. Es entwickelt sich von der Weltstadt zum Dorf. Die Frustration ist auf allen Seiten zu spüren. Die Stadt verfällt und verstummt langsam. Wir ersticken im Müll und in schwindender Toleranz“.