Auch mit verruchtem SongtextIn Köln kaum bekannt: 69-Mio.-Sängerin begeistert volle Lanxess-Arena

Karol G bei ihrem Konzert in Köln auf der Bühne der Lanxess-Arena.

Karol G am Dienstag (11. Juni 2024) bei ihrem Köln-Konzert in der Lanxess-Arena. Auch mehrere Outfit-Wechsel waren Teil der Show. Hier zu sehen: ihr Auftritt bei der Eröffnung des Abends.

Auf ihrer internationalen Tournee begeisterte Latino-Superstar Karol G schon die USA und ganz Lateinamerika. Jetzt kommt auch Europa hinzu, am Dienstag brachte die Kolumbianerin die Lanxess-Arena zum Beben.

von Béla Csányi  (bc)

Hand aufs Herz: Karol G – schon mal gehört? Selbst das Stamm-Publikum der allermeisten deutschen Radiosender dürfte bei dem Namen stolpern, der am Dienstag (11. Juni 2024) die ausverkaufte Lanxess-Arena mit einer Mega-Show über zweieinhalb Stunden zum Beben brachte.

Längst ist die Kolumbianerin, mit bürgerlichem Namen Carolina Giraldo Navarro (33), nicht mehr nur in ihrer Heimat ein Star und wandelt mit ihrer „Mañana será bonito“-Tour (Deutsch: „Morgen wird schön“) auf den Spuren von Shakira. Die kam Mitte der Neunziger erst in Kolumbien groß raus und wurde zu Beginn des neuen Jahrtausends dann zum Weltstar.

Karol G begeistert mit Latino-Fest in Köln

Musikalisch hebt sich Karol G dank ihrer Streifzüge durch deutlich mehr Genres ab, fühlt sich in Reggaeton, Urban Pop, Trap und RnB gleichermaßen wohl.

Alles zum Thema Lanxess-Arena

Wie schon beim Konzert von Landsmann J Balvin Ende Mai strömt für das Köln-Gastspiel ein bunt gemischtes Publikum ins Henkelmännchen, das an diesem Abend in eine tosende Latino-Arena verwandelt wird. Vielfach untermalt durch Landesflaggen aus ganz Lateinamerika sowie den besonders beliebten pinken Cowboyhüten und rosa verspiegelten Sonnenbrillen als Accessoires.

Für ihre Fans nimmt sich Karol G über den gesamten Abend nicht bloß aus Höflichkeit Zeit. Immer wieder schweift der stolze Blick in aller Ruhe durch die ausverkaufte Halle, in der das gesamte Publikum dank zuvor ausgeteilter leuchtender Armbänder bis in die letzte Reihe unters Dach zu erkennen ist. „Ich fühle mich geehrt, so viele Kilometer von der Heimat entfernt überall auf der Welt Träume erfüllen zu dürfen“, haucht sie dem Publikum dabei zu.

Etliche Fan-Plakate liest die 33-Jährige auch interessiert durch. Sie interagiert mit deren Verfasserinnen und Verfassern, streift auch für kurze Umarmungen und Selfies durch die dicht gedrängte erste Reihe unterhalb der als langer Steg angelegten Bühne. Nicht nur dort kennt die Begeisterung dabei kein Halten mehr. Die Inspirationen vieler Songs erklärt sie vorab, sagt etwa zum Hintergrund ihrer Freundschafts-Hymne „Ocean“: „Alle von uns haben Personen, die uns das Leben versüßen.“

In ihren Liedern wechselt Karol G immer wieder zwischen Party-Klängen (z.B. „Ojos Ferrari“), Balladen (etwa das „Bleeding Love“-Remake „Contigo“) und durchaus schlüpfrigen Texten. Im schmachtenden „x si volvemos“ heißt es „Wir werden es noch ein letztes Mal tun, Baby. Wir verstehen uns nur im Bett, nicht in der Liebe. Es ist ein Porno, ich liebe, wie wir es machen“ und „Ist der Sex mit dir etwa meine Sucht?“

Karol G verzichtet in Köln auf bekanntesten Deutschland-Hit

Die Show, unterstützt von gleich drei großen Videowänden, einer üppigen und rein aus Frauen bestehenden Band sowie einer bis zu vierzehnköpfigen Tanz-Crew streckt sich über insgesamt vier thematische Abschnitte – mal knallig, mal verrucht und mal melancholisch – aber immer authentisch und mit stets gleichbleibendem Kreischfaktor im Publikum, verbunden mit purer Lebensfreude.

Den krönenden Abschluss liefert eine extralange Version des milliardenfach gestreamten Songs „Provenza“, den EXPRESS.de schon 2022 als einen der Urlaubs-Hits des Jahres vorgestellt hatte.

Angesichts deutscher Fans im maximal einstelligen Prozentbereich hat Karol G es an diesem Abend dabei nicht mal nötig, ihren hier bekanntesten Song „Don’t be Shy“ (mit DJ Tiesto) auf die Setlist zu nehmen. Die vielen Ansprachen erfolgen – ausgenommen von zwischenzeitlichen Dankesworten an die wenigen Einheimischen auf Englisch – zielgruppengerecht auf Spanisch.

Kein Wunder: Die Popularität von Karol G ist im spanischsprachigen Raum noch einmal bedeutend größer als im Rest der Welt. So ist sie Teil einer ganzen Reihe von Künstlerinnen und Künstlern, die in Lateinamerika und Spanien die Massen derart mobilisieren, dass auch weitere in Deutschland weitgehend unbekannte Musiker wie Rapper Bad Bunny (Puerto Rico) immer wieder weltweite (Streaming)-Bestmarken aufstellen, an die selbst rekordverwöhnte Superstars wie Taylor Swift nicht herankommen.

Sagenhafte 69,3 Millionen Fans folgen Karol G bei Instagram, auf der Foto-Plattform gibt es nur gut 50 Personen weltweit mit noch größerer Reichweite. Zum Vergleich: Toni Kroos kommt als populärster Deutscher auf „gerade mal“ 47,6 Mio. Followerinnen und Follower.

Apropos Toni Kroos: In dessen sportliches Wohnzimmer wird Karol G demnächst vorübergehend einziehen, um ihre 62 Konzerte andauernde Welttournee mit ihrem persönlichen Meisterstück zu krönen.

An vier (!) Abenden hintereinander tritt die Kolumbianerin Ende Juli im restlos ausverkauften Bernabéu-Stadion auf. Dass Karol G im Fußball-Tempel trotz ihres Tour-Versprechens auf ein schönes Morgen auch das Heute verzaubern wird, können alle Anwesenden aus der Lanxess-Arena schon einmal guten Gewissens bezeugen.