Der Tod eines 18-Jährigen auf der Zülpicher Straße: Er ist negativer Höhepunkt einer Entwicklung, die auch alt eingesessenen Gastronomen immer mehr Sorgen bereitet. So wie den Betreibern des italienischen Restaurants „Etrusca“.
„Es ist unvorstellbar“So kämpft Kölner Promi-Wirtin auf der Zülpicher Straße
Köln. Vergangene Woche habe noch Chris de Burgh („Lady in red“) angerufen, um einen Tisch im „Etrusca“ zu reservieren, sagt Filippa. Dem Pop-Sänger musste jedoch abgesagt werden; die Betreiber waren noch im Urlaub. Wäre er aber zu dem feinen italienischen Ristorante an der Zülpicher Straße vor wenigen Tagen gegangen – er hätte sich sicherlich gewundert. Denn: Die Kölner Ausgeh-Meile hat sich stark verändert.
Zum Negativen, sagen Anwohner wie Wirte schon lange. Aber offenbar würden sie erst jetzt gehört, sagt auch Filippa: Seit in der Nacht zu Samstag ein 18-Jähriger bei einem Streit auf der Zülpicher Straße tödlich verletzt wurde.
Zülpicher Straße Köln: Hier speisten schon Madonna, U2 oder Chris de Burgh
Filippa Luca Padiglia, wie die Gastronomin mit vollem Namen heißt, bedient ihre Gäste seit 42 Jahren in dem Restaurant, das für feine italienische Küche steht. Ob selbstgemachte Pasta mit Trüffel-Hobeln in Parmesan-Créme oder Ochsenbäckchen in Rotwein-Soße: Die Qualität des Etrusca hat sich in all den Jahren nicht verändert, die der Zülpicher Straße schon.
„Als wir unseren Familienbetrieb 1979 eröffneten, da war es eine bunt gemischte Straße. Es gab neben Studenten-Kneipen wie dem Podium auch noch ein Eiscafé, eine Buchhandlung, sogar einen Metzger, einen Teeladen…“, blickt Filippa zurück. Heute reiht sich eine Bar an die nächste, dazwischen Schnell-Imbisse und nur noch wenige Lokale, die schon zu den „guten alten Zeiten“ geöffnet hatten, wie „Oma Kleinmann“ oder die Kneipe „Stiefel“.
Ihr Mann Carlo ergänzt: „Wenn damals Karneval war, dann war das ein lukratives Geschäft für uns. So, als wäre Möbelmesse oder Anuga. Seit ein paar Jahren müssen wir an Karneval schließen.“ Dann verbarrikadieren die Gastronomen ihr Lokal von außen sogar mit Holzplatten. Zu groß ist die Sorge vor Beschädigungen durch Tausende, zumeist junger Feiernden.
Seit Corona ziehe die Zülpicher Straße zudem noch immer mehr Publikum an, das früher in den Diskotheken auf den Kölner Ringen unterwegs war.
Zülpicher Straße Köln: Wirtin beklagt vor allem den Dreck auf der Party-Meile
Gerade an Wochenenden sei es auf der Party-Meile einfach zu voll. „Für unsere Gäste, die draußen essen, ist es natürlich nicht angenehm, wenn die Menschenmassen dicht gedrängt mit einer Flasche Bier um sie herumstehen“, sagt Filippa.
Am schlimmsten sei der Dreck. „Es ist unvorstellbar, wie die Straße hier vor allem sonntagmorgens aussieht. Hier wird ja bis 4 oder 5 Uhr gefeiert.“ Das Reinigen der AWB reiche nicht aus. „Wir putzen den Asphalt vor unserer Tür selbst, mit Chlor!“
Sie hätten schon mal daran gedacht, das Lokal aufzugeben und in einem anderen Veedel neu anzufangen, so die Gastronomen. Aber Filippa und ihr Mann kämpfen weiter, wie sie sagt: für ihre Stammgäste und jeden neuen, der sich im Etrusca wohl fühlen soll. Und das schätzen auch die Promis (Madonna, Tom Jones oder U2 waren schon hier) neben der ausgezeichneten Küche. „Lenny Kravitz sagt zu mir Mama, obwohl wir fast gleich alt sind“, sagt Filippa. „Und das Etrusca, das ist mein Baby. Dafür gebe ich alles.“