„Bares für Rares“Empörende Expertise: Geschlecht der Künstlerin wird zum Problem

„Bares für Rares“-Moderator Horst Lichter (Zweiter von links) schien es beim Anblick des Ölgemäldes „Dorf im Schnee“ regelrecht zu frösteln.

„Bares für Rares“-Moderator Horst Lichter (Zweiter von links) schien es beim Anblick des Ölgemäldes „Dorf im Schnee“ regelrecht zu frösteln.

Für „schon bedeutend“ erachtete „Bares für Rares“-Experte Detlev Kümmel eine Künstlerin, deren Ölgemälde in der ZDF-Trödelshow unter der Hammer kommen sollte. Der Grund, aus dem seine Expertise dennoch nicht allzu hoch ausfiel, erschien ziemlich unfair ...

„Bares für Rares“-Moderator Horst Lichter schien es beim Anblick des Ölgemäldes „Dorf im Schnee“ regelrecht zu frösteln: „Was mich so'n bisschen wundert: Ich seh' keinen Qualm aus'm Kamin rauskommen! Das ist auch in den Häusern kalt“, bemerkte er. Besitzerin Susanne, die mit Freundin Ursula angereist war, war das „noch nicht aufgefallen“. An das Bild sei sie über ihre Schwiegereltern gekommen, die es in den 1960-ern in Düsseldorf gekauft hatten.

Ob es von einem Düsseldorfer Künstler sei, wollte Horst Lichter von Experte Detlev Kümmel wissen. Der verneinte: „Von einer Düsseldorfer Künstlerin!“ Nämlich Hanna Fonk (1905-1969, bis zu ihrer Heirat 1931 Hanna Rieke).

Horst Lichter findet Gemälde „bedrohlich“

Diese hatte 1924 ein Stipendium an der Düsseldorfer Kunstakademie bekommen und dort unter anderem beim berühmten Expressionisten Heinrich Nauen (1880-1940) gelernt, was man dem Gemälde auch anmerke, so Kümmel. Er verwies auf den reduzierten, sich auf das Wesentliche fokussierenden Bildaufbau sowie die leicht kubistische Anordnung der Häuser.

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Als „irgendwie bunt und trotzdem kalt“ empfand Horst Lichter das Bild unterdessen und kam offenbar nicht über den fehlenden Qualm aus den Kaminen hinweg. „In einem Fenster hätte ich mir Licht gewünscht“, kritisierte er die Hoffnungslosigkeit, die das Bild ausstrahlte. Auch der Himmel sehe irgendwie „so bedrohlich aus“.

Die Stimmung des Bildes war durchaus nachvollziehbar, wenn man das Entstehungsjahr 1944 bedachte – mitten im Krieg. „Da war die Hoffnung nicht groß“, erinnert Detlev Kümmel. Allerdings könne man womöglich aus der Brücke einen Hoffnungsschimmer ablesen, deren Weg in der Bildmitte in die Tiefe führt. Wartet dort ein besserer Ort, eine bessere Zeit?

Wolfgang Pauritsch (Mitte) erzählte von den Internet-Recherchen des Teams zu Hanna Fonk.

Wolfgang Pauritsch (Mitte) erzählte von den Internet-Recherchen des Teams zu Hanna Fonk.

Auf jeden Fall leben wir heute in besseren Zeiten als damals, als in vielerlei Hinsicht Mangel herrschte. Auch Künstlerbedarf wie Farben und Leinwände waren in dieser Zeit natürlich nicht leicht zu bekommen. Dementsprechend hatte Hanna Fonk auch keine allzu hochwertige Leinwand verwenden können. Gut erhalten war ihr Werk dennoch, lediglich ein paar kleine Farbabplatzungen gebe es, stellte der Experte fest. Außerdem täte dem Bild mal eine Reinigung gut.

„Künstlerinnen werden im Vergleich zu den Männern immer etwas schwächer gehandelt“

Ob Susanne die erhofften 400 Euro würde bekommen können? Die Künstlerin sei „schon bedeutend“, begann Detlev Kümmel seine Ausführung. Außerdem: „Expressionistische Künstler sind immer sehr hoch im Kurs.“ Nicht umsonst allerdings betonte er die Endung „-er“: „Künstlerinnen werden im Vergleich zu den Männern immer etwas schwächer gehandelt.“ Immerhin aber belief sich seine Expertise auf 600 bis 800 Euro. Im Händlerraum sah Susanne allerdings zunächst ihre Hoffnungen schwinden.

David Suppes ging so weit, das Kunstwerk ein „Must-have“ zu nennen.

David Suppes ging so weit, das Kunstwerk ein „Must-have“ zu nennen.

Denn Wolfgang Pauritsch erzählte von den Internet-Recherchen des Teams zu Hanna Fonk: „Leider Gottes sind die Preise nicht so hoch, wie es eigentlich meiner Meinung nach diese Künstlerin verdient.“ Walter „Waldi“ Lehnertz nahm das zum Anlass, sein typisches Gebot abzugeben: „Da kann ich mit ruhigem Gewissen mit 80 Euro anfangen.“

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Überraschenderweise boten plötzlich alle vier Händler sowie Händlerin Elke Velten-Tönnies mit! David Suppes ging sogar so weit, das Kunstwerk ein „Must-have“ zu nennen. Mit Wolfgang Pauritsch lieferte er sich das letzte Bietergefecht und zahlte der „total zufriedenen“ Susanne schließlich 770 Euro. Wunschpreis fast verdoppelt! (tsch)