„Caren Miosga“Nach Messer-Attacke in Solingen: Polizei-Vertreter fordert mehr Befugnisse – Politikerin mahnt

Nach dem Solingen-Anschlag erklärte SPD-Chefin Saskia Esken bei „Caren Miosga“: Die Aufgabe von Freiheit sei „genau das, was der Islamismus erreichen will mit diesen Anschlägen“.

Nach dem Solingen-Anschlag erklärte SPD-Chefin Saskia Esken bei „Caren Miosga“: Die Aufgabe von Freiheit sei „genau das, was der Islamismus erreichen will mit diesen Anschlägen“.

Nach dem Terroranschlag eines mutmaßlichen IS-Anhängers in Solingen fordert ein Polizei-Vertreter im ARD-Talk „Caren Miosga“ mehr Befugnisse – doch Saskia Esken (SPD) mahnt. Auch das von Friedrich Merz vorgeschlagene Einreiseverbot für Afghanen und Syrer schmettert die SPD-Chefin ab.

Nach dem blutigen Anschlag von Solingen, bei dem ein mutmaßlicher Islamist am vergangenen Freitag drei Menschen mit einem Messer tötete und weitere zum Teil schwer verletzt hatte, wurde am Sonntagabend bei „Caren Miosga“ (ARD) um die Bedeutung von Freiheit und Sicherheit gerungen. Die Terrororganisation Islamischer Staat hat sich inzwischen zu dem Verbrechen bekannt. Der 26-jährige Syrer sollte Christen töten.

2022 war der Mann nach Deutschland gekommen, hatte hier Asyl beantragt. Weil er jedoch aus Bulgarien einreiste, wurde der Antrag im vergangenen Jahr abgelehnt. Als er nach Bulgarien abgeschoben werden sollte, war der Attentäter von Solingen verschwunden. Wieso er dann in Deutschland Bleiberecht bekam, ist nicht klar. Während seiner Zeit in Deutschland hatte er sich nichts zuschulden kommen lassen. Bis Freitag. Nun sitzt er in Untersuchungshaft.

Nancy Faeser: „Es kann hundertprozentige Sicherheit nie geben“

Wie können derartige Verbrechen in Zukunft verhindert werden? Das diskutierte Gastgeberin Caren Miosga in ihrer ARD-Talkshow mit ihren Gästen. Und der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte auch eine Antwort: „Für den Teil, wofür ich zuständig bin, war der Staat handlungsfähig, das muss man mal klar sagen“, so der Politiker. „Den anderen Teil, warum er nicht abgeschoben worden ist, das müssen andere beurteilen. Aber ich habe Zweifel.“

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Vor allem an der Arbeit des BAMF, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das dem Bundesinnenministerium untersteht. Und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich am Wochenende bereits zu dem Fall geäußert: „Wir leben in einem Rechtsstaat und einer Demokratie, wo es hundertprozentige Sicherheit nie geben kann.“

Ihre Parteikollegin Saskia Esken (SPD) sprach von einem schwerwiegenden, brutalen und feigen Anschlag. „Es ist eine Gefahr, dass wir terroristische Anschläge in Deutschland erleben müssen“, sagte auch die SPD-Cochefin, der am Anfang der Sendung ein wenig die Worte fehlten. Denn auch sie gab zu: Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es nicht. Ein Grund dafür seien die mangelhaften Informationen, die die Polizei zur Verfügung habe, schimpfte Herbert Reul. „Da tun wir uns in Deutschland wahnsinnig schwer, und ich begreife das wirklich nicht mehr“, echauffierte sich der NRW-Innenminister.

Terrorismus-Experte Michael Götschenberg, Publizistin Sineb El-Masrar, Gastgeberin Caren Miosga, Polizist Jochen Kopelke und SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken (von links) diskutierten im ARD-Talk die Frage: „Wie schützen wir uns vor islamistischer Gewalt?“

Terrorismus-Experte Michael Götschenberg, Publizistin Sineb El-Masrar, Gastgeberin Caren Miosga, Polizist Jochen Kopelke und SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken (von links) diskutierten im ARD-Talk die Frage: „Wie schützen wir uns vor islamistischer Gewalt?“

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GDP), Jochen Kopelke, nannte weitere Probleme: Da seien soziale Netzwerke wie Facebook oder Telegram, durch die sich Menschen radikalisierten. Diese müssten besser kontrolliert werden. „Das Bundesverfassungsgericht sagt, wir dürfen Software einsetzen“, so Kopelke. „Und da scheitert es, weil wir in fast keinem Polizeigesetz die Rechtsgrundlage haben, die das Verfassungsgericht von uns verlangt. Hätte man schon längst lösen können.“

Saskia Esken: „Das ist genau das, was der Islamismus erreichen will“

Zuständig dafür seien die Innenminister der Länder, Innenminister wie Herbert Reul. Der ging auf den Vorwurf nicht ein. Zudem forderte Kopelke, dass Polizisten mehr Befugnisse bekommen müssten, um Flüchtlingsheime zu betreten, eine bessere Zusammenarbeit der Polizei mit den Landesverfassungsschutzbehörden und mehr Ressourcen für die Datenüberwachung. Die Befugnis-Einschnitte seien „extrem“. Hier jedenfalls griff Reul ein: In Nordrhein-Westfalen habe man dafür gesorgt und mehr Polizisten eingestellt, sagte er.

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Saskia Esken möchte die Trennung von Polizei und Verfassungsschutz hingegen so belassen, wie sie ist. Schlechte Beispiele habe es in diesem Punkt genug gegeben, im Dritten Reich und in der DDR, sagte sie. „Die Gesamtbevölkerung von weit über 80 Millionen unter Dauerbeobachtung zu stellen, das ist etwas, was wir uns sehr gut überlegen sollten.“ Und: „Wir sollten unsere Freiheit nicht zugunsten von Sicherheit aufgeben, und das werden wir auch nicht tun. Das ist nämlich genau das, was der Islamismus erreichen will mit diesen Anschlägen.“

Für Merz' Vorschlag ist Esken nicht zu haben

Wenn es nach Unionschef Friedrich Merz (CDU) geht, braucht man das vielleicht gar nicht. So hatte Merz am früheren Abend vorgeschlagen, gemeinsam mit den Sozialdemokraten per Gesetz die Einreise von Afghanen und Syrern zu verbieten. Dafür wolle er der SPD die Hand reichen. Sein Parteikollege Herbert Reul findet die Idee nicht schlecht: „Dass wir eine Antwort auf die Frage brauchen, wie wir Zuwanderung stärker eingrenzen und das Problem der nachhaltigen Integration überhaupt lösen können, halte ich für sehr berechtigt.“

Saskia Esken ist für die Idee von Merz jedoch nicht zu haben. Sie erklärte bei Carmen Miosga: „Es ist ganz klar, dass wir eine Verfassung haben, die dem ganz klar entgegensteht.“ Millionen von Syrerinnen und Syrern, die in Deutschland leben, seien vor dem radikalen Islam geflohen. „Wir können doch nicht Menschen, die von so einer Bedrohung betroffen sind, das Asylrecht verweigern“, so Esken weiter. Allerdings spricht sich die Politikerin dafür aus, schwere Straftäter und islamistische Gefährder in ihre Heimatländer abzuschieben – „und da ist die Innenministerin dran.“ (tsch)