Wahltalk bei „Maischberger“So hat man SPD-Generalsekretär Kühnert selten gesehen

Zerknirschter Wahlverlierer: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gab bei „Maischberger“ zu, dass seine Partei Fehler gemacht habe. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Zerknirschter Wahlverlierer: SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gab bei „Maischberger“ zu, dass seine Partei Fehler gemacht habe.

„Wir haben auch Fehler gemacht“, sagt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. Am Mittwochabend traf der SPD-Generalsekretär in der ARD-Talkshow „Maischberger“ auf BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali.

So hat man SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert selten gesehen. Er hat das schlechte Wahlergebnis der Ampelparteien bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am vergangenen Sonntag offenbar noch nicht verdaut.

Kühnert wirkte zu Beginn des Talks mit der BSW-Co-Vorsitzenden Amira Mohamed Ali am Mittwochabend in der ARD-Talkshow „Maischberger“ recht verzweifelt. Schließlich wurde er ein wenig wütend, keilte gegen die BSW-Co-Chefin aus. Er weiß zwar, dass die SPD in beiden Bundesländern für eine Koalition gebraucht wird. Doch dass seine Partei hinter dem vor einem Dreivierteljahr gegründeten BSW liegt, findet er offenbar nicht schön.

Kühnert: Regierung hat noch große Aufgaben

Mohamed Ali hingegen wirkte wie die Wahlsiegerin, die sie ist. Sie gab sich ruhig, gelassen, dass es ihr Spaß machen könnte, ein wenig auf der SPD herumzuhacken, merkte man nicht. „Das ist eine Situation, die zu einer großen Instabilität führt“, analysierte die BSW-Politikerin das Wahlergebnis in Sachsen und Thüringen.

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„Ich bin der Auffassung, das hat die SPD sich selbst zuzuschreiben, dass es mit ihr so bergab gegangen ist“, fügte sie hinzu. „Die SPD hat die Wählerinnen und Wähler über lange Jahre sehr enttäuscht“, war sie sich sicher. „Im Wahlprogramm stehen immer ein paar gute Sachen drin, das sind Forderungen, die wir auch unterstützen würden: höhere Löhne, gerechte Renten. Das klingt alles gut. Aber wenn sie an der Macht sind, setzen sie das überhaupt nicht um.“

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Kühnert beklagte sich daraufhin, dass das BSW seine Forderungen immer nahe an der Grenze zum Populismus aufbaue: „Wir haben zum Beispiel die Grundrente eingeführt“, erklärte er nicht zu Unrecht. Wahr sei aber auch: „Die Menschen verstehen manche Entscheidungen nicht.“ Ja, die SPD habe auch Fehler gemacht. In der Migrations- und Asylpolitik habe man falsch kommuniziert. Dadurch sei der Eindruck entstanden, die Menschen müssten der gleichen Meinung sein wie die SPD, oder sie würden zum anderen Spektrum, also zur AfD gehören.

„Das sehen wir jetzt. Aber es ist nicht immer so einfach, wie sehr vereinfachende politische Kräfte uns weismachen wollen, wie man die Probleme löst. Aber die bestreite ich gar nicht.“

Diskutierten über den Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen: BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Diskutierten über den Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen: BSW-Co-Chefin Amira Mohamed Ali und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

Die Ampelregierung bestehe aus drei Parteien, stellte Kühnert fest. Sie habe noch dreizehn Monate bis zu den nächsten Bundestagswahlen. „Die Regierung hat noch eine ganz große Aufgabe. Das ist, den Haushalt für das kommende Jahr durch den Bundestag zu bringen.“

Ferner seien noch ein paar größere Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zu schaffen. Das müsse bis Ende des Jahres passieren. Kühnert: „Stichwort Rentenpaket, das fertig ist, Mietrecht, Vergabegesetz des Bundes und vieles mehr.“ Deswegen kämen von vielen geforderte Neuwahlen nicht infrage. „Hier verbinden wir eine klare Erwartungshaltung gerade auch in Richtung des liberalen Koalitionspartners, die Dinge umzusetzen, die sie unterschrieben haben im Koalitionsvertrag.“

Mohamed Ali: Wagenknecht sitzt nicht am Verhandlungstisch

Während Kühnert die FDP zurechtwies, nahm Mohamed Ali sie in Schutz: „Die SPD stellt den Bundeskanzler und den Sozialminister. Da kann man nicht immer sagen, da ist die FDP schuld. Das müssen der Kanzler und die Minister schon selber verantworten.“ Mohamed Ali sprach sich nach dem schlechten Abschneiden der Ampelparteien bei den Wahlen am Sonntag für Neuwahlen aus. „Ich finde, dass eine Bundesregierung, die so wenig Rückhalt in der Bevölkerung hat, den Weg für Neuwahlen freimachen sollte.“

Und wie geht es in Sachsen und Thüringen weiter? Vor den Koalitionsverhandlungen in Sachsen und Thüringen habe er keine Angst, dabei sein werde er auch nicht, betont Kühnert. „Wir haben vor Ort tatsächlich Mitglieder, wir haben keine Angst davor, dass bei uns auch Leute wirklich Mitglied werden. Sie“, er meinte Mohamed Ali, „suchen sich die Leute ja handverlesen nach ein paar Dutzend aus, weil Sie Angst vor Ihren eigenen Anhängern haben und die lieber nicht in Ihrer Partei haben wollen“, ätzte Kühnert - und vergaß dabei offenbar, dass einst auch Thilo Sarrazin SPD-Mitglied gewesen war.

Jedenfalls sollte es in Thüringen am Ende eine stabile Regierung geben, forderte Kühnert. Das will auch Mohamed Ali. Und sie machte klar: Parteigründerin Sahra Wagenknecht wird nicht am Verhandlungstisch sitzen. „Das machen Fachpolitiker“, versprach sie. (tsch)