Nach der unter dem Strich erfolgreichen Hinrunde atmet der 1. FC Köln aktuell in der Winter-Pause durch. Zeit, zurückzublicken auf die erste Saisonhälfte: Die EXPRESS.de-Halbjahres-Zeugnisse starten mit den Noten für die Hintermannschaft.
FC-Hinrunden-Zeugnis Teil IDie Noten der Defensive: Senkrechtstarter und Kölner „Rotwein“ stechen heraus
Der 1. FC Köln hat unter Gerhard Struber (47) eine erfolgreich Hinrunde in der 2. Liga hingelegt. Der FC sicherte sich mit dem Sieg in Kaiserslautern auf den letzten Drücker die Herbstmeisterschaft. Als Tabellenführer hat der FC zwei Punkte Vorsprung auf den ersten Verfolger Karlsruhe und drei Punkte auf den Relegationsrang. Nach dem bitteren und vermeidbaren Abstieg nimmt die Mannschaft aktuell Kurs auf den sofortigen Wiederaufstieg.
Die kurze Winterpause bietet Zeit für das große Zwischen-Zeugnis! EXPRESS.de hat den Kader unter die Lupe genommen und Noten verteilt. Im ersten Teil geht es um die Defensive.
Diese Noten verdienten sich die Defensiv-Spieler des 1. FC Köln:
Marvin Schwäbe (29)
Nach der Ernennung von Jonas Urbig zur neuen Nummer eins, wollte er im Sommer eigentlich die Flucht ergreifen. Doch nachdem adäquate Angebote ausgeblieben waren, blieb er zähneknirschend da und ließ öffentlich seinen Frust über die Sommer-Degradierung zur Nummer zwei raus. Der Wechsel-Zoff ist inzwischen längst vergessen und Schwäbe einer der prägenden Gesichter des Kölner Aufschwungs seit dem heftigen Gewitter im Herbst. Mit dem erfahrenen Torhüter und der Dreierkette kehrte die defensive Sicherheit zurück. Auch wenn er nicht sonderlich viele Gelegenheiten bekam sich auszuzeichnen, spricht die Statistik eine eindeutige Sprache: Die ersten vier Partien spielte Schwäbe direkt zu Null und musste in neun Einsätzen nur viermal hinter sich greifen. Lediglich beim fiesen Flatterball von Ex-Köln-Talent Jens Castrop griff er böse daneben, ansonsten war auf ihn Verlass.
EXPRESS.de-Note: 2,5
Jonas Urbig (21)
Der „Kronprinz“ galt als das neue Kölner Torwart-Versprechen. Der junge Keeper wurde von Sportchef Christian Keller noch vor dem ersten Training zur neuen Nummer eins erkoren. Diesen Status hat das Eigengewächs mittlerweile schon wieder verloren. Gerhard Struber nahm den U21-Nationalspieler nach 20 Gegentoren in zehn Spielen wieder aus dem Tor. Bitter: Bis auf den groben Patzer bei seiner allerersten Aktion gegen den HSV ließ sich der Youngster nichts zu Schulden kommen. In der aktuellen Konstellation deutet nun alles auf einen Abschied im Sommer hin. Top-Klubs wie der FC Bayern scharren schon mit den Hufen. Denn obwohl Urbig aktuell nur die Nummer zwei bei einem Zweitligisten ist, wird ihm eine steile Karriere vorausgesagt.
EXPRESS.de-Note: 3,5
Jan Thielmann (22)
Er konnte einem vor allem in der Anfangsphase, als es noch Gegentore für den FC hagelte, fast schon leidtun. Da kämpfte er als Rechtsverteidiger wider Willen mit stumpfen Defensiv-Waffen gegen die Offensiv-Asse der Konkurrenz. Besonders in Erinnerung blieben die ungleichen Duelle mit Jean-Luc Dompé und Marvin Wanitzek. Dass er auf der falschen Position eingesetzt wurde, war nicht seine Schuld. Seit Struber auf die Dreierkette umgestellt hat, kommen Thielmanns wahre Stärken wieder besser zur Geltung. Die Formkurve zeigt seitdem nach oben, obwohl ihm diese gewisse Unbekümmertheit, die ihn bei seinem rasanten Aufstieg so stark gemacht hat, etwas abhandengekommen ist. Die große Hoffnung ist, dass der U21-Nationalspieler mit der Verpflichtung des gelernten Rechtsverteidigers Jusuf Gazibegovic künftig wieder deutlich offensiver agieren darf.
EXPRESS.de-Note: 4
Rasmus Carstensen (24)
Er ist und bleibt ein einziges Missverständnis. Nach mageren 117 Minuten in der Hinrunde erschließt es sich nicht, warum Christan Keller den Dänen im Sommer für satte 1,5 Millionen Euro fest verpflichtet hat. Obwohl Carstensen der einzig gelernte Rechtsverteidiger im Kölner Kader ist, spielt er unter Struber keinerlei Rolle. Selbst in den Testspielen gegen Groningen und Bochum, in denen sich Spieler aus der zweiten Reihe beweisen durften, wurde er vom Österreicher abgewatscht, indem er auf jeweils fremden Positionen spielen musste. Das klare Signal: Carstensen, der in Köln fremdelt und nie heimisch wurde, spielt in den sportlichen Planungen keine Rolle mehr. Bereits im Winter wird händeringend ein Abnehmer für den Abwehrmann gesucht.
EXPRESS.de-Note: 5
Julian Pauli (19)
Er ist der Senkrechtstarter der Saison. Während man vor der Saison eher Elias Bakatukanda den Durchbruch bei den Profis zugetraut hätte, hat der 19-Jährige seinen Konkurrenten mittlerweile meilenweit überholt. Der Youngster ist seit Saisonbeginn unumstrittener Stammspieler und hat das Vertrauen, das Struber in ihn setzt, in den allermeisten Fällen eindrucksvoll zurückgezahlt. Nur als das gesamte Team gegen Darmstadt und Paderborn neben sich stand, zeigte auch er (altersgerechte) Leistungsschwankungen. Mittlerweile ist er aber längst wieder der Fels in der Brandung, der mit seiner Körperlichkeit und Aggressivität gegen den Ball überzeugt und sich auch nicht von etwaigen Unsicherheiten seiner Nebenleute anstecken lässt. Eine beeindruckende Coolness für einen 19-jährigen Neuling. Will nach seiner Kopfverletzung im Januar wieder angreifen und sich in Stellung bringen für die Rückrunde.
EXPRESS.de-Note: 2
Elias Bakatukanda (20)
Des einen Freud, des anderen Leid. Stand als nächstes Abwehr-Talent schon in den Startlöchern, bis Pauli mit Karacho an ihm vorbeirauschte. Dass Struber dem jungen Verteidiger noch nicht gänzlich die 2. Liga zutraut, wurde vor allem in der Liga gegen Münster und im Pokal gegen Hertha deutlich. Als dort Hübers (in Münster) und Pauli (gegen Hertha) früh raus mussten, brachte der Österreicher nicht Eins-zu-eins-Ersatz Bakatukanda, sondern Mathias Olesen und beorderte lieber Eric Martel in den Defensiv-Verbund der Dreierkette. Intern wird Bakatukanda zwar als größtes Defensiv-Talent eingestuft, noch bemängelt Struber aber zu viele „Offline-Momente“ beim jungen Mann. Die nötige Verlässlichkeit soll sich der Verteidiger nun vorübergehend bei einem anderen Klub holen. Bakatukanda soll im Winter verliehen werden. Ein Schritt zurück, um danach wieder zwei nach vorne zu machen. 34 Minuten Einsatzzeit sind nicht nur zu wenig für die Ansprüche des Eigengewächses, sondern auch für eine Benotung.
EXPRESS.de-Note: -
Timo Hübers (28)
Er persönlich hat eine ähnliche Achterbahnfahrt hinter sich wie der Klub. Eigentlich begann die Saison für ihn nach Maß. Er wurde von Struber im Trainingslager in Österreich zum neuen FC-Kapitän bestimmt. Mit der Binde am Arm überzeugte der Innenverteidiger zu Beginn mit starken Leistungen und insgesamt drei Toren in acht Spielen. Dann kam die Krise und Hübers ging mit unter, statt den Kahn auf Kurs zu halten. Beim 1:5 in Darmstadt war er an mehreren Gegentoren beteiligt, beim 1:2 gegen Paderborn patzte er erneut schwer. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: „Er hat in der Bundesliga solide Leistungen gezeigt. Jetzt soll er der Führungsspieler sein und alles mitreißen. Ich glaube, das überfordert ihn ein bisschen“, sagte Thomas Wagner damals. Das ist einige Monate her, Hübers hatte zwar in der Folge noch den einen oder anderen Wackler drin und der Ball ist immer noch nicht sein größter Freund, doch mit der Umstellung auf die Dreierkette ist Ruhe eingekehrt. Wirkte vor allem im Endspurt wieder deutlich stabiler und konstanter in seinen Leistungen.
EXPRESS.de-Note: 3,5
Dominique Heintz (31)
Kölns „Rotwein“, der im Alter immer besser wird. Coach Struber kommt beim Routinier aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Mit ihm kehrte Ruhe und Sicherheit zurück in die FC-Abwehr. Seit dem Wechsel auf die Dreierkette und der Hereinnahme des Pfälzers ist der Laden hinten dicht. Heintz entpuppte sich als emotionaler Leader und setzte regelmäßig wichtige Ausrufezeichen auf dem Platz, indem er seine Gegner piekste und die Menge aufpeitschte. Bereitete mit seinem „Zauberfuß“ nicht nur zwei Tore gegen Nürnberg direkt oder indirekt vor, sondern sorgt damit vor allem für einen gepflegten Aufbau, ist mit Abstand bester Innenverteidiger in der Spieleröffnung.
EXPRESS.de-Note: 2
Leart Pacarada (30)
Er hat sich seinen Platz in den FC-Geschichtsbüchern bereits gesichert. Denn beim wilden 4:4 gegen Karlsruhe steuerte der kosovarische Nationalspieler vier Vorlagen in einer Halbzeit bei, das war zuvor noch niemandem in der 2. Liga gelungen. Mit insgesamt sechs Assists, gehört Pacarada zu den besten Vorlagengebern der 2. Liga, zudem schlägt Kölns Linksverteidiger die meisten Flanken aller Zweitliga-Spieler. Offensiv hat das alles Hand und Fuß, was Pacarada macht, defensiv hatte er den einen oder anderen Wackler zu viel drin. So bereitete er gegen den KSC nicht nur vier eigene Tor vor, sondern hatte auch mindestens bei zwei Gegentreffern seine Aktien drin, auch das 2:2 gegen Hannover ging auf seine Kappe. Mit der Umstellung auf die Dreierkette ist seine defensive Verantwortung kleiner geworden, was seiner offensiv ausgerichteten Spielweise definitiv zugutekommt. Muss seinen Platz in der Winter-Vorbereitung gegen Max Finkgräfe behaupten.
EXPRESS-de-Note: 3
Max Finkgräfe (20)
Er blickt auf eine unbefriedigende Halbserie zurück. Durch einen Innenbandriss im Knie, den er sich in der Vorbereitung zugezogen hatte und der ihn bis Ende September außer Gefecht setzte, verlor er nicht nur den Anschluss, sondern auch das Duell mit Konkurrent Pacarada. Als der Youngster dann so langsam aber sicher wieder in die Spur fand, warf ihn Struber zu früh wieder rein. Mit dem Einsatz gegen Ulm auf der für ihn falschen rechten Seite tat man dem Jungen nämlich keinen Gefallen. Finkgräfe kam in der Folge nicht mehr richtig auf die Beine. Lediglich im abschließenden Spiel auf dem Betzenberg durfte er sein Können noch mal unter Beweis stellen. Es war sein einziger Liga-Einsatz von Beginn an. Dementsprechend tief sitzt der Frust beim Senkrechtstarter der vergangenen Saison. Dazu kommt, dass Finkgräfe nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz die nötige Wertschätzung vermisst. Der Vertrag des Linksverteidigers läuft im Sommer 2026 aus und bislang hat der Verein noch keinerlei Anstalten gemacht, das Gespräch mit dem hochtalentierten U20-Nationalspieler zu suchen. Wird sich in Spanien erstmals strecken müssen, um sich seinen Platz in der Mannschaft zurückzuerobern.
EXPRESS.de-Note: 4,5
Eric Martel (22)
Er ist die defensive Allzweckwaffe beim FC. Egal ob als Staubsauger im defensiven Mittelfeld oder als zentraler Mann in der Dreierkette, Martel verrichtet zuverlässig seinen Job. Vor allem den Abwehr-Part im neuen System spielt der Kapitän der deutschen U21-Nationalmannschaft derart souverän und abgeklärt, als hätte er nie irgendetwas anderes gemacht. Er verleiht der Kölner Abwehr zusätzliche Sicherheit, sodass man langsam darüber nachdenken könnte, ob das nicht sogar ein Modell mit Zukunft ist und nicht nur eine aus der Not geborene Zwischenlösung. Struber hält große Stücke über seinen flexibel einsetzbaren Schützling, der – wie angekündigt – auch immer mehr Verantwortung innerhalb der Mannschaft übernimmt. Ist aktuell nicht wegzudenken und wird auch im neuen Jahr eine äußerst wichtige Rolle in den Kölner Planungen spielen.
EXPRESS.de-Note: 2