Werner Wolf, Präsident des 1. FC Köln, spricht im EXPRESS.de-Interview über Alexander Wehrles Abschied, die neuen Geschäftsführer, die Vorstandswahl und den Geißbockheim-Ausbau.
„Haben zwei Zehner geholt“ FC-Präsident Wolf über Chef-Suche, Sommer-Abgänge & Geißbockheim-Lösung
Neuer Erfolg auf dem Platz, neue Gesichter in der Chefetage. Der 1. FC Köln befindet sich im Umbruch. Präsident Werner Wolf (65) erklärt im zweiten Teil des EXPRESS-Interviews, warum Alexander Wehrle (47) nach Stuttgart wechselt – und ist überzeugt, dass der FC „zwei Zehner“ für die Geschäftsführung geholt hat. Das Klub-Oberhaupt verrät zudem, wie der ersehnte Durchbruch beim Geißbockheim-Ausbau gelingen kann, und wie er auf die Vorstandswahl im Herbst blickt.
Werner Wolf, wie steht es um die Finanzen des 1. FC Köln nach zwei Jahren Pandemie?
Werner Wolf: Wir sind insgesamt gut aufgestellt, aber natürlich ist die Krise nicht vorbei. Wir rechnen mit ca. 85 Millionen Euro Umsatzverlust durch die Pandemie, das ist eine außerordentliche Belastung. Wir haben mit Maßnahmen wie der Landesbürgschaft und Pacht-Reduktion dagegengewirkt, haben Mezzaninen-Kapital besorgt, um unser Eigenkapital zu schützen. Auch unsere Profis von einem Gehaltsverzicht zu überzeugen, ist uns gelungen, wo manche Kollegen mich fragen: Wie habt ihr das denn gemacht?
Bestand während der Pandemie konkrete Insolvenzgefahr?
Werner Wolf: Natürlich, angesichts solcher Verluste. Wenn unser Werben um eine Landesbürgschaft nicht gelungen wäre, wäre es sehr schwer geworden. Man hat meinen Vorstandskollegen und mir oft vorgeworfen, dass wir untergetaucht seien. Ich kann Ihnen sagen, was los war: Wir haben zusammen mit der Geschäftsführung gearbeitet, Tag und Nacht. Ohne den Vorstand gäbe es keine Landesbürgschaft.
Zum 15. März müssen die Bundesligisten ihre Lizenz-Unterlagen bei der DFL einreichen. Kann der FC durch die genannten Maßnahmen sicherstellen, dass er zum 30. Juni über ein positives Eigenkapital verfügt?
Werner Wolf: Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten zahlreiche Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals getroffen und werden in unserem Jahresabschluss ein positives Eigenkapital ausweisen. Im Lizensierungsprozess der DFL werden aber zum Teil von der Rechnungslegung abweichende Kriterien angelegt. Wir sind zuversichtlich, müssen aber das Ergebnis des Lizensierungsprozesses abwarten.
Werner Wolf: 1. FC Köln braucht wieder Transfer-Plus
Vor der laufenden Saison musste der FC mit Spielerverkäufen ein sattes Transfer-Plus generieren. Wie sieht es im Sommer 2022 aus?
Werner Wolf: Ohne eine konkrete Zahl zu nennen: Im Budget gibt es wieder die Idee, ein überschaubares Transfer-Plus zu erwirtschaften.
In den vergangenen neun Jahren war Alexander Wehrle für die FC-Finanzen verantwortlich, nach dem 20. März wechselt er zum VfB Stuttgart. Wieso konnte der Klub ihn nicht halten?
Werner Wolf: Wir haben ein sehr offenes Verhältnis, und Alex hat mir immer gesagt: „Es gibt zwei Jobs, die mich interessieren, bei denen ich anfangen würde, nachzudenken.“ Und einer der Jobs ist eben der Vorstandsvorsitz beim VfB Stuttgart. In seiner Heimat – bei dem Verein, wo er zehn Jahre als Assistent der Geschäftsführung gearbeitet hat. Sein Herz war hin- und hergerissen, am Ende war es auch eine sehr persönliche und intime Entscheidung.
Hätte sich der FC mehr um Wehrle bemühen müssen? Das Angebot, seinen Vertrag vorzeitig um ein Jahr zu verlängern, soll er nicht als Vertrauensbeweis verstanden haben.
Werner Wolf: Wir haben alles auf den Tisch gelegt, was möglich war. Alex wollte eine exponierte Position, die haben wir ihm geboten. Das wäre für Philipp Türoff und Christian Keller überhaupt kein Problem gewesen, die beiden wissen um seine Verdienste für den FC. Aber Alex wollte den Prozess mit Stuttgart zu Ende führen. Wir gehen im Guten auseinander.
Philipp Türoff und Christian Keller „zwei Zehner“ für den 1. FC Köln
Vor den Verpflichtungen der neuen Geschäftsführer Philipp Türoff und Christian Keller hat sich der Verein bewusst viel Zeit gelassen. Der Vorstand wollte jeweils „mindestens eine 9 von 10“, wie Sie gesagt haben. Ist das gelungen?
Werner Wolf: Wir haben zwei Zehner geholt, davon bin ich überzeugt. Christian Keller halte ich für ein fußballerisches Schwergewicht. Was er in Regensburg geleistet hat, nötigt mir höchsten Respekt ab. Philipp Türoff konnte ich nun schon zwei Monate am Geißbockheim erleben, und das fühlt sich gut an. Die Reaktionen der Mitarbeiter sind ebenfalls positiv.
Um Wehrle zu ersetzen, soll noch ein dritter Geschäftsführer kommen, der sich den Bereichen Kommunikation, Unternehmensstrategie und Marketing widmet. Wie läuft der Prozess?
Werner Wolf: Unsere Berater-Agentur hat ein erstes Set an Interviews geführt. Das heißt, wir als Vorstand steigen jetzt in die Interviews ein. Die Überschrift lautet weiterhin: Qualität vor Schnelligkeit. Wichtig ist, dass unser Dreier-Team zusammenpasst.
Apropos Dreier-Team: Bei der Mitgliederversammlung in diesem Jahr steht die Vorstandswahl an. Sie wollen gemeinsam mit Eckhard Sauren und Carsten Wettich weitermachen – wie schätzen Sie die Chancen auf eine Nominierung durch den Mitgliederrat ein?
Werner Wolf: Wir als Team sind uns einig, dass wir gerne weitermachen würden. Dem Mitgliederrat kann ich nicht in die Köpfe gucken. Aber ich halte das Gremium für kompetent und auch verantwortungsbewusst genug, um da eine vernünftige Entscheidung zu treffen.
Was wäre, wenn der Mitgliederrat einen Kandidaten austauschen wollen würde? Gibt es Wolf, Sauren und Wettich nur im Dreierpack?
Werner Wolf: Ja, und das weiß der Mitgliederrat auch. Wir treten als Team an.
Werner Wolf: „So etwas hinterlässt Narben“
Rechnen Sie mit Gegenkandidaten?
Werner Wolf: Es wird viel gemunkelt, in Köln kann man jedenfalls nichts ausschließen. Wenn es so kommt, müssen wir damit umgehen. Aber es ist auch so: Wenn es zwei oder drei Teams gibt, reißt das den Klub auseinander. Wir haben es beim letzten Mal gesehen. Die Risse haben wir in Teilen noch heute, so etwas hinterlässt Narben. Aus unserer Sicht würde Kontinuität dem Verein helfen. Kontinuität entfacht auch ein Stück Magie.
Ex-Vize-Präsident Toni Schumacher ist zuletzt aus der Stiftung ausgeschieden. Eigentlich sollte er an den Klub gebunden werden. Warum hat das nicht funktioniert?
Werner Wolf: Es gab nicht viele Dinge, die wir in der Pandemie gemeinsam hätten angehen können. Toni hat uns in der Stiftung unterstützt und als er jetzt rausgegangen ist, hat er gleichzeitig gesagt: Wenn es Projekte gibt, wo ich helfen kann, werde ich das tun. Auch mit ihm sind wir nicht im Bösen auseinandergegangen.
Das Thema Geißbockheim-Ausbau begleitet Sie weiterhin. Gibt es dieses Jahr endlich einen Durchbruch?
Werner Wolf: Ich stelle zum ersten Mal fest, dass die Fraktionen im Stadtrat bereit und dabei sind, einen politischen Willen zu formulieren – inklusive der Oberbürgermeisterin. Ich habe Frau Reker gesagt: Es gibt so viele Probleme in Köln, da müssen wir den FC doch gelöst bekommen. Wenn alle an einem Strang ziehen, kann das gelingen. Unsere Grundidee bleibt, den geplanten Ausbau am Geißbockheim zu realisieren. Auf der anderen Seite ist für uns der Faktor Zeit sehr wichtig. Die Zustände hier sind zum Teil auf 60er-Jahre-Niveau, insofern brauchen wir greifbare Lösungen.
Ein Kompromiss wäre, das neue Leistungszentrum wie geplant neben dem Franz-Kremer-Stadion zu bauen, aber auf die Gleueler Wiese zu verzichten. Dann müsste ein Teil der Nachwuchsabteilung auf einer anderen Anlage, beispielsweise Bocklemünd, trainieren. Ein denkbares Szenario?
Werner Wolf: Darüber wird ernsthaft diskutiert. Das setzt für uns aber voraus, dass niemand gegen den Bau des Leistungszentrums klagt. Davon müsste sich die Bürgerinitiative zurückziehen, das ist aktuell aber noch nicht der Fall. Bocklemünd wäre für unser NLZ logistisch machbar. Wir schauen aber auch noch auf das laufende Normenkontrollverfahren, der erste Termin der mündlichen Verhandlung ist für den 24. November terminiert.