Die heiße Saisonphase ist eingeläutet: in Köln schaut man natürlich auf den FC. Am Donnerstag saßen Friedhelm Funkel und Dirk Lottner in einer Talk-Runde und sprachen über den Klub.
Klartext zum 1. FC KölnFunkel & Lottner warnen Modeste – deutlicher Auftrag für neuen Sportboss Keller
Schafft der 1. FC Köln die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb? Bei „Loss mer schwade“ wurde am Donnerstagabend (31. März 2022) über den FC gesprochen. In der Runde dabei: Ex-FC-Trainer Friedhelm Funkel (68) und Ex-Profi Dirk Lottner (50).
Funkel wartete zunächst mit Moderator Marcel Schwamborn (49, Sportchef von EXPRESS.de) auf Lottner: „Es ist wie früher, der Lottner kommt immer zu spät.“ Dann kam Dirk und es konnte geplaudert werden.
Funkel war vor einem knappen Jahr noch Retter beim 1. FC Köln, jetzt kämpft der Klub wieder um Europa unter Trainer Steffen Baumgart (50). Funkel meinte: „Ich blicke optimistisch in die nächsten Wochen. Der FC hat Punkte geholt, mit denen man nicht rechnen konnte, gegen den Verein auf der anderen Rheinseite gewonnen und gegen Dortmund gepunktet. Vier Zähler, das spricht ein weiteres Mal für den FC.“
Friedhelm Funkel traut 1. FC Köln Platz sechs oder sieben zu
Am Freitag (1. April) geht es bei Union Berlin weiter. „Die sind nicht so gefestigt wie in der Hinserie, das liegt unter anderem auch daran, dass sie Max Kruse verloren haben. Ich traue dem FC zumindest einen Punkt zu, auch ein Sieg wäre keine Überraschung. Die Euphorie ist da. Platz sechs oder sieben ist möglich. Sie haben keinen Druck, müssen das nicht erreichen. Steffen Baumgart macht das klasse, sie spielen eine überragende Saison. Der FC riecht an den europäischen Plätzen.“
Lottner sagte: „Friedhelm hat die Weichen gestellt mit dem Klassenerhalt, diese Euphorie wurde mit in die neue Saison genommen. Und dann kam noch Euphorie durch Baumgart dazu. Es ist einfach schön, dass man sich wieder auf die Spiele freut, ob dann am Ende Platz sechs oder zehn rauskommt, spielt für mich nicht so die Rolle. Für mich ist es wichtiger, dass man sich von Woche zu Woche wieder auf den FC freuen kann.“
Der Ex-Profi beschrieb dann, wie es innerhalb einer Mannschaft aussieht, wenn man solch eine Saison hinlegt: „Erstmal will man als Mannschaft das Minimalziel erreichen, das haben sie in Köln mit dem Klassenerhalt geschafft. Natürlich spürt die Mannschaft, dass sich etwas entwickelt hat und dass man sich neue Ziele setzen kann. Sie sind hungrig und gierig, sie halten zusammen. Jetzt sagen sich die Spieler: ‚Wir haben noch sieben Spiele und wir gucken, was geht‘. Warum soll dann nicht Platz sechs rauskommen – mit der Leichtigkeit nicht zu müssen.“
FC: Kainz und Schmitz zu halten war guter Schachzug
In der Folge wurde über den Kader der Zukunft diskutiert. Was muss der FC machen, wenn es tatsächlich fürs internationale Geschäft reicht? Funkel sagt: „Sehr wichtig wäre, dass die Mannschaft zusammenbleibt, dass es keine großartigen Verluste gibt. Schmitz und Kainz zu halten, war ein kluger Schachzug. Das müssen sie auch mit anderen Spielern versuchen. Auch Modeste wäre wichtig. Ein, zwei Jahre wird er unter Steffen Baumgart noch seine Leistung abrufen können.“
Deutlicher Auftrag für den neuen Sportboss des FC: möglichst viele Leistungsträger halten. Für den Kader ist ab sofort Christian Keller (43) zuständig. Er beginnt am Freitag (1. April) als Sportchef in Köln. Funkel hat gleich einen wichtigen Rat für ihn: „Keller muss sich an Köln gewöhnen. Der FC ist anders als viele Vereine, aber toll, keine Frage. Köln musst du leben als Verantwortlicher. Baumgart macht das auch ganz gut. Es gab mal einen, der 16 Jahre in Freiburg erfolgreich war, der hat die Mentalität aber hier nicht angenommen. Wenn man das nicht macht, hast du es schwer. Du musst nahbar sein. Du musst auf die Fans zugehen. Wenn Keller das macht, sollte er erfolgreich sein.“
Dann wurden in der Runde intensiv wichtige Personalien besprochen. Zunächst ging es um Trainer Steffen Baumgart. Muss der FC schnell mit dem Trainer verlängern? Lottner sagte klar: „Es gehören zwei dazu. Erstmal sollte man die Saison zu Ende bringen. Er hat noch ein Jahr Vertrag, da entsteht kein großer Druck. Und dann ist klar: Entweder steht er zu dem Verein und der Stadt und möchte es weiter leben, oder er möchte den nächsten Schritt gehen zu einem noch hochwertigeren Verein. Für mich hat diese Personalie aber derzeit nicht oberste Priorität. Viel wichtiger ist es, die Säulen der Mannschaft zu halten. Spieler, die wissen, wie es hier abgeht, auch wenn es mal nicht so läuft.“
Spieler wie Jonas Hector (31). Bei ihm ist die Frage, ob er nach dem Saisonende 2023 weitermacht oder sogar seine Karriere beendet. Lottner schwärmte: „Sportlich absolut wichtig und flexibel, taktisch auf Top-Niveau. Es wird sich in seinem Kopf entscheiden, ob er bereit ist, weiter Fußball zu spielen. Davon hängt es ab. Ich würde es mir wünschen, dass er als Kopf der Mannschaft weiter für den FC spielen wird.“
Anthony Modeste: Er hat genug Geld verdient in China
Und natürlich war auch nochmal Anthony Modeste (33) das Thema. Der Stürmer liebäugelt mit einem Abgang, wenn ein besseres Angebot kommt und er einen lukrativen Vertrag über mehrere Jahre abschließen könnte. Doch von Funkel gibt es für den Stürmer eine klare Warnung: „Sein Vertrag läuft bis 2023. Man kann ja auch bis 2024 verlängern. Anthony muss ich realistisch einschätzen. Er hat durch Steffen Baumgart nochmal die Chance bekommen. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass er nochmal so körperlich fit wird und so viele Tore schießt. Er hat das Herz vieler Kölner gewonnen, da kann man auch mal auf ein paar Euro verzichten. Diese Beziehung zu den Fans und dem Verein darf man nicht aufs Spiel setzen. Ich würde ihm raten, bis 2024 zu verlängern und dann in den Trainerstab beim FC zu gehen. Was Besseres kann beiden Seiten nicht passieren. Er ist ja schon mal auf die Schnauze gefallen.“
Lottner nickte nur: „Ich bin zu hundert Prozent bei Friedhelm. Tony hat seine beste Zeit in Köln, der wird geliebt und verehrt, warum soll er das aufgeben? Er hat genug Geld verdient in China, hier spielt er auch nicht für einen Appel und ein Ei. Er muss wissen, was er am FC hat. Ich gehe davon aus, dass er aus der Zeit in China gelernt hat. Hier kann er sich bei Baumgart bedanken, dass das Spiel auf ihn zugeschnitten ist.“
Doch es ist auch klar, dass der FC einen Transferüberschuss verzeichnen muss. 85 Millionen Euro fehlen in der Kasse durch die Corona-Pandemie. Zwei Spieler gelten als Tafelsilber: Salih Özcan (24) und Ellyes Skhiri (26).
Lottner sagte: „Salih ist eine echte Rakete, er hat einen unheimlichen Sprung gemacht. Er hat seine Rolle gefunden im System Baumgart und sie angenommen. Es wäre super schade, wenn diese Säule wegbrechen würde. Er kommt ja aus der eigenen Jugend.“
Funkel zum Thema Abgänge: „Das ist schwierig. Steffen Baumgart ist auch bereit, mit jungen Spielern zu arbeiten. Aber wenn zwei Leistungsträger wegbrechen, wird es für ihn nicht einfach. Dem FC geht es finanziell nicht ganz so gut, wie anderen Vereinen. Jetzt müssen Transferüberschüsse erzielt werden. Das hat man aber auch im letzten Jahr gut hinbekommen, mit Uth oder Ljubicic. Man muss Augen und Ohren offen halten, wer den Klub verstärken kann. Und dann muss man ein bisschen Glück haben, dass einer sofort einschlägt. Es ist aber unweigerlich, dass ein oder zwei Leistungsträger verkauft werden müssen. Baumgart kann das aber auffangen. Er kriegt das hin, er nimmt solche Situationen an, ohne sich zu beklagen und vermittelt dadurch auch seiner Mannschaft Vertrauen. Das ist die Basis, um als FC auch in den nächsten Jahren in der Bundesliga zu bleiben. Wie Augsburg oder Mainz neun oder zehn Jahre. Dann wird man mehr aus dem Potenzial schöpfen als Augsburg, weil man alleine schon ein größeres Stadion hat.“
Dirk Lottner zu Fortuna Köln?
Auch der kleine Nachbar in Köln, die Fortuna, wurde thematisiert. Am Donnerstagmittag (31. März) gab es beim Südstadt-Klub eine Überraschung: acht Spieltage vor Schluss und mitten im Aufstiegskampf gab Fortuna bekannt, dass nach der Saison keine weitere Zusammenarbeit mit Trainer Alexander Ende (42) zustande kommen wird.
Fortuna-Boss Hanns-Jörg Westendorf (57) erklärte: „Es ist mir wichtig zu betonen, dass es keine individuellen Forderungen oder finanzielle Dinge waren, die Alexander Ende gefordert hat und die wir nicht erfüllen konnten. Wir lagen nur inhaltlich ein bisschen auseinander, was die Ausrichtung in der Zukunft angeht und das Budget für die erste Mannschaft.“ Fortuna will in Zukunft mehr auf den Nachwuchs setzen und Spieler aus der eigenen Jugend in die erste Mannschaft integrieren.
Lottner sagte zu Fortuna Köln kurz und knapp: „Ja, habe ich auch gelesen.“ Das klang nicht nach großem Interesse, aber Lottner will bald wieder eine Mannschaft übernehmen: „Ich werde wieder am Rand stehen, aber es muss passen.“ Ein Angebot an Funkel schob er lachend hinterher: „Wenn du nicht mehr die volle Verantwortung haben willst, kannst du ja dann mein Co-Trainer werden.“