Im Zweitliga-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg überrascht der HSV auf seiner Anzeigetafel mit der Ankündigung von 600 Minuten Nachspielzeit. Dass das keine Panne war, verrät der Klub kurz nach Abpfiff.
„Nachspielzeit: 600 Minuten“Frust-Spiel für Baumgart: HSV verkündet wichtige Botschaft noch vor Abpfiff
von Béla Csányi (bc)
Gegen den 1. FC Nürnberg taumelt der Hamburger SV gerade dem Schlusspfiff entgegen, ist mit dem 1:1 gegen das Team der Stunde noch gut bedient. Dann prangt auf der Anzeigetafel im Volksparkstadion die entmutigende Botschaft für die angeschlagenen Nordlichter: 600 Minuten Nachspielzeit!
Was am Sonntag (3. November 2024) in der anfänglichen Verwirrung zunächst nach einem Fehler der Stadion-Regie aussah, war eine bewusste Maßnahme. Steffen Baumgart (52) und seine Spieler mussten auf dem Rasen dennoch nur die vom Vierten Offiziellen angezeigten drei Minuten durchstehen, ehe der Klub im Internet für Aufklärung sorgte.
HSV weist Fan nach spöttischem Kommentar zurecht
„Heute war nicht mehr drin“, ärgerte sich Baumgart über den Frust-Auftritt, bei dem die von Miroslav Klose (46) trainierten Nürnberger seinem Team ungewohnt deutlich die Grenzen aufgezeigt hatten. Auch wenn der HSV immerhin einen Punkt einheimste, hatte die Nachspielzeit-Aktion vor allem mit weniger erfolgreichen Fußballspielen zu tun.
Auf seiner Homepage und über Social Media teilte der HSV mit: „Der HSV nutzte diese symbolische Geste, um auf ein ernstes Thema aufmerksam zu machen: häusliche Gewalt. Untersuchungen zeigen, dass die Kriminalitätsraten häuslicher Gewalt gegen Frauen unter anderem 600 Minuten nach Fußballspielen einen Höhepunkt erreichen.“
Der HSV verhalf auf seiner Anzeigetafel und mit dem späteren Online-Nachtrag einer Kampagne der Sozialbehörde Hamburg gegen häusliche Gewalt zu mehr Sichtbarkeit. Es war übrigens keine Premiere: Fast auf den Tag genau vor drei Jahren hatten die Hamburger mit einer Trikot-Aktion im Spiel schon mal auf die Folgen von Lese-Rechtschreibstörung aufmerksam gemacht.
Über die Dringlichkeit der aktuellen Botschaft gibt es keinen Zweifel, wie die folgenden Absätze der Klub-Meldung deutlich machten: „In Deutschland wird jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Opfer physischer und/oder sexualisierter Gewalt durch ihren früheren oder aktuellen Partner.“
Hier gibt es den HSV-Beitrag bei X zu sehen:
Dass Fan-Wut über Fußballspiele in den Stunden nach Abpfiff für erkennbare Ausschläge in der Statistik sorgt, sensibilisierte offenbar auch die HSV-Verantwortlichen für das Thema. Dass der Klub dabei die überraschende Anzeigetafel-Botschaft während des Spiels einstreute, sorgte bei Social Media für viel Fan-Zuspruch.
Dabei wies der Klub sogar einen Anhänger in die Schranken, der das HSV-Anliegen bei X spöttisch kommentierte. Den Seitenhieb, dass die Fälle häuslicher Gewalt nach dem jüngsten Nürnberg-Spiel „zum Beispiel ganz sicher“ ansteigen werden, wollten die Hamburger so nicht stehen lassen. Sie schrieben: „Und genau an dieser Stelle hättest du deinen Senf mal nicht dazugeben sollen.“