Eberl heute genau 20 Jahre bei BorussiaVom Irokesen-Max zum Top-Manager
Max Eberl spricht über seinen Weg vom Profi zum Top-Manager.
Er erinnert sich an seine Kindheit und Jugend beim FC Bayern
Er erinnert sich an eine Begegnung mit Uli Hoeneß
Jerez – Max Eberl (45) ist am Freitag auf den Tag genau 20 Jahre bei Borussia Mönchengladbach. Spieler, Jugendkoordinator, Top-Manager. Der gebürtige Münchner hat eine Bilderbuchkarriere am Niederrhein hingelegt. Auch wenn er sagt, als Spieler sei er nur durch seine schrillen Frisuren aufgefallen – Eberl ist längst das Gesicht des VfL Borussia. EXPRESS traf den 45-Jährigen zum exklusiven Dienstjubiläums-Interview.
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Herr Eberl, 20 Jahre Borussia. Wissen Sie eigentlich noch, wie Ihre Karriere überhaupt ins Rollen gekommen ist?
Eberl: Natürlich. Meine Fußballgeschichte fing so an: Ich habe mit meinen Eltern in München-Schwabing gelebt, spielte damals immer auf dem Bolzplatz neben der Sankt-Joseph-Kirche. Ich wollte Fußballer werden – und ich wollte zu den Bayern. Meine Mutter hat mich dann nach einigen Diskussionen an die Hand genommen und ist mit mir quer durch die Stadt einfach zum Training der Bayern gefahren. Und dann ist das passiert, was meine Mutter schon befürchtet hatte. Der Trainer sagte: ,Ja, klar, jeder will zu den Bayern, und nahezu alle Eltern sind der Meinung, dass ihr Sohn der Beste ist’. Folge war, dass meine Mutter mit mir wieder fahren wollte, bis der Trainer meinte: ,Wenn sie schon einmal da sind, dann bleiben Sie halt und lassen den Jungen mal mittrainieren’. Das habe ich dann gemacht – und offenbar gar nicht so schlecht, denn im Anschluss hieß es ,Wenn Sie wollen, können Sie jetzt öfters kommen’. So hat alles angefangen.
Wie alt waren Sie da?
Das war 1980, ich war sechseinhalb Jahre alt. Meine Eltern haben mich immer unterstützt, ich bin ihnen dafür extrem dankbar, sie haben mir die Chance gegeben, dass ich meinen Traum leben konnte.
Bei den Bayern haben Sie sich dann ja bis zu den Profis durchgebissen, sind sogar deutscher Jugendmeister geworden.
Ich war der erste, der es aus einer Bambini-Mannschaft der Bayern bis hoch zu den Profis geschafft hat. Es war dann zwar nur ein Spiel bei den Profis, aber ich war der erste, der von der F-Jugend bis zu den Profis alles bei den Bayern gespielt hat.
Warum hatte es nicht zu mehr Einsätzen bei den Bayern-Profis gereicht?
Ich war der arbeitende Fußballer – und Bayern München hatte schon damals ein anderes Niveau. Ich bin dann zum VfL Bochum gewechselt, wo ich eine sehr gute Phase hatte. Da gab es auch das eine oder andere Angebot von größeren deutschen Klubs. Aber dann habe ich mir 1995 das Innenband im Knie gerissen. Nachdem ich wieder fit war, folgte gleich ein Meniskuseinriss. Als das ausgestanden war, kam im Oktober 1995 ein Kreuzbandriss. Also ein Jahr mit drei Operationen. Damit war das aber nicht durch. Im Anschluss habe ich mir noch einmal das Innenband und auch nochmal den Meniskus gerissen. Mein rechtes Knie war dann eigentlich kaputt. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein Studium als Sportfachwirt begonnen.
Die Reha haben Sie dann bei den Bayern gemacht.
Zu Beginn, stimmt. Und als ich meine Runden drehte, kam Uli Hoeneß auf den Hof, ließ alle anderen stehen und fragte mich, ob er mir helfen könnte. Das hätte er sicherlich nicht nötig gehabt. Das war für mich ein prägender Moment in meiner Karriere. Da war jemand, der sich um dich als Menschen kümmerte.
Über Bochum ging es dann über die weitere Station Greuther Fürth zur Borussia. Wer hat Sie eigentlich nach Gladbach geholt?
Rainer Bonhof war damals der Trainer – und er kannte mich aus den Jugend-Nationalmannschaften noch.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Gladbach bereits im Abstiegskampf.
Stimmt, aber als der Anruf kam, da habe ich nicht eine Sekunde überlegt. Ich habe nicht mal nach einem Gehalt gefragt. Ich habe direkt zu meinem Berater gesagt: ,Gladbach will mich – machen! Sofort!’ Das war eine riesengroße Ehre für mich. Ich war damals mit meiner Frau im Skiurlaub in Davos und habe gleich zugestimmt.
Was war das für ein Gefühl, als ehemaliger Bayern-München-Profi beim alten Rivalen Gladbach anzuheuern?
Als ich zum ersten Mal auf dem Bökelberg als Borussenspieler durch diesen Wellblechtunnel gehen durfte – das war etwas Außergewöhnliches. Weil mir bewusst war, was für herausragende Spieler im Borussentrikot durch diesen Tunnel gegangen waren und was sie für große Spiele abgeliefert hatten.
Wie würden Sie rückblickend Ihre Zeit als Spieler bei Borussia beschreiben?
Gladbach ist irgendwie immer mit Drama verbunden. Meine Zeit begann damit, dass wir abgestiegen sind. Tiefe Trauer in einer fußballverrückten Stadt. Das war mein Anfang. Als Hans Meyer dann in Gladbach als Trainer übernahm, begann für mich noch einmal eine großartige Zeit als aktiver Fußballer. Ich habe sehr viel gespielt, mit kleinen Mitteln wurde eine Mannschaft aufgebaut – mit einer super Kameradschaft. 2001 schafften wir den Aufstieg. Dann gab es das Erlebnis mit 100 000 Menschen auf dem Alten Markt, als wir alle zusammen gefeiert haben. Einen Aufstieg wohlgemerkt – keinen Pokal und keine Meisterschaft. 137 Spiele habe ich für Borussia gemacht, das war noch einmal ein toller Teil meiner aktiven Karriere.
Wie sehr hat Sie Hans Meyer geprägt?
Sehr stark. Er ist ein unfassbarer Fußballfachmann. Ich habe auch mit seinem Sarkasmus und seiner Ironie sehr gut umgehen können.
Wie verlief der Schritt vom Profi auf Borussias Geschäftsstelle?
Als ich mit der Zeit sportlich immer mehr auf das Abstellgleis geraten bin, hatte mich Christian Hochstätter damals angepikst. Er wusste, dass Uli Hoeneß mein großes Vorbild war und hatte immer wieder gefragt, ob ich nicht Jugendkoordinator werden möchte. Er wusste von meiner Affinität zu diesem Bereich. Er wusste, dass ich mein Studium beendet hatte. Ich wusste auch, dass der Borussia-Park gebaut werden wird. Ich war damals 29, habe mir monatelang Gedanken gemacht und 2004 entschieden, ab 2005 Nachwuchsdirektor zu werden. Was ich auch sagen muss: Hätte es das neue Stadion nicht gegeben, hätte ich das damals wahrscheinlich nicht gemacht. Ich hätte ansonsten nicht erkennen können, wie dieser Verein einen Schritt nach vorne hätte machen können. Ich wollte nicht verwalten, ich wollte etwas bewegen.
Hatten Sie zu diesem Zeitpunkt bereits im Hinterkopf, dass Sie einmal Fohlen-Manager werden könnten?
Nein!
Was hat Sie bereits als Jugenddirektor ausgezeichnet?
Ich habe ein Gefühl für das Spiel, ich weiß, auf was es ankommt, um Profi werden zu können. Auch wenn ich selber nicht der große Star gewesen bin. Dass ich ganz gut mit Menschen umgehen kann, das hat mir auch einiges erleichtert.
Wie läuft dann eine Beförderung zum Sportdirektor bei Borussia ab?
Ich war im Kompetenzteam Sport, hatte bereits einige Präsidiumssitzungen mitbekommen. Es war dann auch so, dass Wehen Wiesbaden, damaliger Zweitligist, mich als Manager verpflichten wollte. Unser Geschäftsführer Stephan Schippers hat mir damals jedoch gesagt, dass er mich nicht gehen lässt. Ich sollte geduldig sein. Dann war im Oktober 2008 die Situation so, dass ich den Posten von Christian Ziege übernommen habe, weil dieser lieber auf die Trainerbank wollte. Es gab schließlich einen Anruf von Herrn Königs und dann ein Gespräch mit dem Präsidium, das mir dann den Sportdirektorposten angeboten hatte. Ich habe eine Nacht überlegt. Ich wusste, weil ich ja nicht naiv bin, dass, wenn einer wie ich bei einem so großen Klub Sportdirektor wird, dass dies erst einmal kein großes Signal zum Aufbruch sein würde. Vielmehr das Motto herrschen würde: Nun haben sie den Nächsten genommen – und der hält es auch maximal eineinhalb Jahre durch. Mir war schon klar, dass das keine einfache Situation werden würde. Aber ich habe es dann auch als Chance gesehen – und den Job angenommen.
Sie hatten allerdings auch einen Plan in der Schublade. Sie haben die Fohlen-Philosophie wieder beatmet, Borussia so ihre DNA zurückgegeben.
Ich wusste, dass Spieler wie Marko Marin nach oben kommen. Dass wir zudem mit Jantschke, Herrmann und ter Stegen gute Leute in der Hinterhand hatten. Ich wusste, dass wir im deutschen Fußball den einen oder anderen guten, jungen Spieler hatten – nehmen wir mal Marco Reus als Beispiel. Ich habe gesagt, ich mache das, aber ich will den Weg der jungen Spieler gehen. Ich hatte die Vision, Gladbach, mit diesem neuen Stadion im Rücken, wieder in der Bundesliga zu etablieren. Unser Weg, das war mir klar, kann in erster Linie nur der mit jungen Spielern sein. Das ist dann akzeptiert worden. Wir haben das fortgesetzt, was der Klub eigentlich schon hatte. Ich habe als Spieler Borussia gelebt – und verstanden, was diesen Klub groß gemacht hat. Ich wusste, was für eine Qualität aus dem Jugendbereich kommen konnte.
Lesen Sie morgen im 2. Teil: Max Eberl über seine emotionalsten Momente
In Zusammenarbeit mit „Sporttotal.tv" präsentieren wir Ihnen hier die Highlights aus der Regionalliga in „Rheingemacht – Fußball von nebenan“: