RB Leipzig unter Druck: Weil der Klub mit einem Boykott des Spiels gegen Spartak Moskau zögerte, hagelte es harsche Kritik. Nun schlüpfte Boss Oliver Mintzlaff unter Tränen in die Opferrolle.
„Wenn ich so viel Scheiße lese...“Unter Tränen: Leipzig-Boss Mintzlaff schlüpft in Opferrolle
Kann der Fußball weiterrollen, wenn in der Ukraine Menschen sterben? Zumindest mit Teams aus Russland wird es vorerst keine Begegnungen mehr geben, nach dem Ausschluss durch UEFA und FIFA ziehen die Gegner der russischen Klubs kampflos in die nächste Runde ein.
Darunter auch RB Leipzig, das gegen Spartak Moskau hätte spielen sollen und nun im Viertelfinale steht. Dass der Brause-Klub aber damit zögerte, das Spiel gegen die Russen selbst abzusagen, brachte dem Klub harsche Kritik ein. Geschäftsführer Oliver Mintzlaff (46) war tagelang auf Tauchstation, Trainer Domenico Tedesco (36) und Spieler mussten sich äußern, doch der gebürtige Siegburger blieb still.
Mintzlaff: „Haben die Diskussionen über RB Leipzig wahrgenommen“
Am Dienstag (1. März 2022) trat der frühere Leichtathlet dann vor die Presse. „Wir sind alle zutiefst geschockt von den Ereignissen, die in diesem Krieg geschehen. Natürlich hat das auch bei uns große emotionale Löcher mit sich gebracht. Wir haben wahrgenommen, dass viel diskutiert wurde, wie sich RB verhält.“
Statt aber einen Boykott anzukündigen, verschickte man eine Ticketinformation an die Dauerkarten-Besitzer. Ein Eigentor, wie Mintzlaff nun gesteht. „Wir haben nach der Auslosung gesprochen, wie wir mit dem Los umgehen. Kann man gegen diese Mannschaft antreten, ist Boykott das richtige? Sport soll ja verbinden. Wir konnten unsere Gedanken nicht richtig sortieren, aber wer kann das schon in so einer Situation, die völlig neu ist: ein Krieg vor unserer Haustür.“
RB-Boss Oliver Mintzlaff nahm Kontakt zur UEFA auf
Auch zu Wochenbeginn gab es keine Absage. Stattdessen nahm Mintzlaff Kontakt zum UEFA-Boss auf. „Wir haben entschieden, und das war auch der Wunsch von Aleksander Ceferin, dass die UEFA als Veranstalter die Entscheidung trifft, das Spiel abzusagen. Und dazu gab es keine Alternative, das war uns auch bewusst. Es ist nicht so, dass wir uns in schwierigen Situationen wegducken. Unsere klare Vorgehensweise war, auch in enger Absprache mit UEFA und DFL, dass wir es die UEFA absagen lassen. Ich sehe das auch in der Retrospektive als völlig richtigen Schritt.“
Dann aber wehrt sich Mintzlaff doch, will die Anschuldigungen nicht stehen lassen. „Ich kann mit jeder Kritik leben. Aber manchmal wird dann eben auch schnell geschossen, was will man damit erreichen? Will ich da nur Klischees bedienen, dass RB ja nur ein Konstrukt ist, nur Geld verdienen und die Marke bedienen will? Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Uns hat das hier auch alles betroffen. Und ich bin auch emotional angegriffen.“
Oliver Mintzlaff mit Tränenrede bei RB Leipzig
Unter Tränen schlüpft Mintzlaff in die Opferrolle. „Wenn man dann so viel Scheiße liest, da fragt man sich, wie krank ist das eigentlich? Wir bekommen überall Kritik, wissen Sie, welche Frage ich mir stelle: Wann findet dann überhaupt noch ein Fußballspiel statt, wenn Krieg ist? Das müssten wir uns ja alle fragen, ob wir das in der jetzigen Situation überhaupt können? Also in Bochum war bis zum 0:1 eine gute Stimmung, da hat man nicht gemerkt, dass die Welt gerade still steht und sich gerade verändert. Hier gibt es auch nicht richtig oder falsch. Es ist eine Situation, mit der wir uns nie befasst haben.“
Immerhin könnte RB Leipzig die Prämie fürs Weiterkommen spenden. Zwei Millionen Euro kassiert der Klub für das kampflose Erreichen der nächsten Runde. Mintzlaff wollte das nicht ausschließen: „Wir haben gestern Abend von der Entscheidung erfahren. Es geht jetzt darum, zu überlegen, was wir tun können. Wir werden uns Gedanken machen.“