Die KG Alt-Köllen versucht mitten im Veruntreuungsskandal zur Normalität zu finden. Im Zelt auf dem Neumarkt fanden drei große Veranstaltungen statt, unter anderem die Volksproklamation.
KG Alt-KöllenNach Vorstands-Schlammschlacht: Sitzungs-Hattrick auf Neumarkt ein echter Kraftakt
Die KG Alt-Köllen erlebt einen wahrlich turbulenten Start in die Session. Die Gesellschaft ist weiterhin das Gesprächsthema im Kölner Karneval. Der ehemalige Schatzmeister Stefan V. (Name geändert) soll einen hohen Betrag aus dem Vereinsvermögen veruntreut haben, woraufhin die KG ihn anzeigte und aus der Gesellschaft ausschloss.
V. wiederum behauptet, dass der Präsident der KG, Stephan Degueldre, in die Vorgänge eingeweiht war, woraufhin dieser zurücktrat. Auch der Geschäftsführer soll von den Unregelmäßigkeiten gewusst und nichts unternommen haben.
Schlammschlacht bei der KG Alt-Köllen mit diversen Anzeigen
Es entwickelte sich eine dramatische Schlammschlacht, in der der Ex-Schatzmeister diverse Anzeigen erstattete. Unter anderem bezichtigt er den früheren Präsidenten auch noch der Urkundenfälschung. Er selbst habe für den Präsidenten einen Gesellenbrief gefälscht.
Mitten in dieser größten Krise in der über 140-jährigen Alt-Köllen-Geschichte gingen drei Veranstaltungen vor 2000 Jecken auf dem Neumarkt über die Bühne. Degueldre sollte diese leiten. Stephan Henseler führte am Samstag durch die Volkssitzung, übernahm auch am Montag bei der Mädchensitzung „Nümaats Wiever“ den dritten und letzten Teil des jecken Sitzungsmarathons.
Am Sonntag sollte Boris Müller, Ex-Prinz der Session 2023 und Roter Funk, durch das Programm führen. Doch wenige Stunden vor Sitzungsbeginn musste er sich mangels Stimme krankmelden. Ersatz kam aus den eigenen Reihen. Alt-Köllen-Mitglied Swen Schmitz erklärte sich spontan bereit, die Sitzung zu leiten.
Souverän, fröhlich und mit viel Witz führte Schmitz durch die Sitzung und schaffte es auch, nachdem das Zelt durch Marita Köllner aufgeheizt war, für den Auftritt von JP Weber zu beruhigen. Den stimmungsvollen Endspurt gaben dann Brings und die Bläck Fööss.
Das frisch proklamierte Dreigestirn wurde bei allen Auftritten von einem Meer von blau-gelben Fähnchen frenetisch begrüßt. Proklamiert wurden sie für das Volk nochmals von Festkomitee-Vorstandsmitglied Marc Michelske.
„Was für ein Wahnsinns-Empfang. Mit den Fähnchen, das hatte ein bisschen was vom Empfang unseres Korps in der Fankurve bei der Proklamation im Gürzenich. Euer Empfang war auf jeden Fall genauso schön und ich habe immer noch eine Gänsehaut“, sagte Prinz Sascha I.
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Wie geht die Traditionsgesellschaft mit der schwierigen Situation um? EXPRESS.de sprach mit dem zweiten Vorsitzenden Axel Kraemer.
Hat der Skandal Auswirkungen auf die Veranstaltungen?
Axel Kraemer: Wir hatten zuerst gedacht, dass sich Leute, die Karten gekauft hatten, melden und diese zurückgeben wollen. Aber das Gegenteil ist der Fall, wir haben sehr viel Zuspruch erhalten.
Wenn so viel Geld in andere Kanäle geflossen ist: Können die Kosten der KG noch gedeckt werden?
Axel Kraemer: Das war auch die Frage bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung, bei der auch unser neuer Schatzmeister gewählt wurde. Wie hoch der Schaden ist, können wir im Moment noch gar nicht sagen, weil gerade rückwirkend alles geprüft wird. Derzeit sind nur Schätzungen möglich. Der aktuelle Kassenstand ermöglicht es uns, alle Veranstaltungen in dieser Session durchführen zu können. Wir waren froh, eine gewisse Rücklage zu haben, die wir aber jetzt voraussichtlich aufbrauchen werden.
Haben sich auch gebuchte Künstler gemeldet?
Axel Kraemer: Ja, wir hatten einige Anfragen. Da wir ja auch keinen Literaten mehr haben, haben wir uns bei allen gebuchten Künstlern gemeldet und mitgeteilt, dass die Veranstaltungen durchgezogen werden und dass die Gagen gesichert sind.
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Wie geht es jetzt weiter? Wann wird ein neuer Präsident gewählt?
Axel Kraemer: Bereits Ende Januar werden wir einen neuen Präsidenten wählen. Kandidaten stehen noch nicht fest, wir sind quasi noch in der Findungsphase. Unser neuer Literat wird dann im Sommer gewählt. Es geht auf jeden Fall weiter bei Alt-Köllen. Wir können uns auch nur bei Christoph Kuckelkorn und dem Festkomitee für die schnelle Hilfe und Unterstützung bedanken. Das hat uns im Vorstand, aber auch den Mitgliedern enorm Mut gemacht.
Bleibt die Frage, wieso dem geschäftsführenden Vorstand nicht früher aufgefallen ist, dass etwas in die falsche Richtung läuft.
Axel Kraemer: Es gab im vergangenen Jahr Anträge, dass der Vorstand die Vertrauensfrage stellen soll. Diesem Antrag haben von 81 Mitgliedern nur vier zugestimmt. Im jetzigen Krisenteam ist keiner mehr vom geschäftsführenden Vorstand involviert. Nur so kann sichergestellt werden, dass wirklich alles geprüft wird. Der geschäftsführende Vorstand sagt, dass wir jetzt in eine Situation gekommen sind, die wir ja irgendwie mit verursacht haben. Jetzt müssen wir die auch ausbaden.