Miet-Frust in KölnMenschen seit einem Jahr aus Wohnungen ausgesperrt – harte Vorwürfe gegen GAG

Ansicht der Wohnhäuser an der Unkeler Straße.

Wohnhäuser der GAG an der Unkeler Straße in Köln-Sülz, hier eine Aufnahme am Montag (28. März) sorgen derzeit für einen Zoff zwischen Mieterinnen und Mietern und dem Vermieter.

Bei Mieterinnen und Mietern der GAG an der Unkeler Straße in Sülz sitzt der Frust tief. Sie werfen dem Vermieter vor, dass er sie loswerden wollte. Aus Sicht der GAG handelt es sich aber um einen üblichen Vorgang.

von Adnan Akyüz  (aa)

Großer Schock für Mieterinnen und Mieter in Sülz. Die städtische Wohnungsgesellschaft GAG hat vor, mehrere Gebäude an der Unkeler Straße für eine geplante Sanierung zu entmieten. Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen raus, haben von den Plänen aber nur durch einen Zufall erfahren.

Der Kölner Thomas Tettinger ist sauer auf die GAG. Er vertritt als Bevollmächtigter seine Tante (84), die an der Unkeler Straße seit über 20 Jahren GAG-Mieterin ist. Sie musste vor elf Monaten aufgrund eines Wasserschadens ausziehen. Seitdem sei sie auf Wanderschaft bei Verwandten.

Köln: Mieter-Zoff mit GAG in Sülz

Dass sie – wie ihre Nachbarn – immer noch nicht zurück in ihre Wohnung kann, ist nach Ansicht ihres Neffen von der GAG so gewollt. „Die GAG löst das Problem meiner Tante und anderer betroffener Mieter offensichtlich vorsätzlich nicht“, ist er sich sicher. Der Vermieter begründet die Situation mit der mangelnden Verfügbarkeit von Handwerkern.

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Ein Handwerker bei der Arbeit in einer Wohnung.

Seit fast einem Jahr können Mieterinnen und Mieter wie die Tante von Thomas Tettinger nicht ihre Wohnungen in Sülz. Ihre Wohnung, hier eine Aufnahme von vor wenigen Monaten, wird immer noch saniert.

Die große Frage für die Mieterinnen und Mieter ist, wann sie in ihre Wohnungen zurückkehren können. Das würde auch Thomas Tettinger gerne erfahren. Wann die Menschen zurückkönnen, wurde von der GAG auf EXPRESS.de-Anfrage aber nicht beantwortet.

Dafür erklärt GAG-Sprecher Jörg Fleischer, dass betroffenen Mieterinnen und Mietern eine Ersatzleistung ausgezahlt werden soll. Im Fall von Thomas Tettinger war seiner Tante zuerst die Kostenübernahme für ein Hotel angeboten worden. Da dabei keine Einigung erzielt werden konnte, wurde eine Zahlung von 80 Euro pro Tag vereinbart. Laut des Neffen erwartet seine Tante eine Zahlung im niedrigen fünfstelligen Bereich. Ähnlich geht es betroffenen Nachbarinnen und Nachbarn.

So warten die Menschen bis heute auf das Geld. Laut des GAG-Sprechers soll es ausgezahlt werden, „sobald die Arbeiten abgeschlossen und der Gesamtschaden mit der Versicherung abgerechnet sind“. Für Thomas Tettinger ein Unding, dass sich die GAG damit so lange Zeit lässt. „Wir wollen uns hier nicht bereichern, sondern haben Kosten, die beglichen werden müssen“, stellt er klar.

Ein Brief mit einem Hinweis auf eine Baustelle.

Dieses interne Schreiben der GAG haben Mieter zufällig in einer leeren Wohnung in Sülz gefunden. Darauf steht, dass mehrere Wohnhäuser entmietet werden sollen.

Er hatte auch den Kölner Mieterverein eingeschaltet, der der GAG eine Frist für die Instandsetzung der Wohnung gesetzt hatte. Diese Frist ist am 31. Oktober 2021 abgelaufen. Auch die Anwältin der Mieterin hat der GAG geschrieben. Ihrer Ansicht nach ist der Fall glasklar.

Ein Auszug aus dem Schreiben an die GAG: „Der Schaden beruht ohnehin in erster Linie auf ihrem schuldhaften und zögerlichen Mängelbeseitigungsverhalten. Es mag sein, dass die Gebäudeversicherung nur zahlt, wenn die Hausratsversicherung für die Schäden nicht aufkommt. Dies ist allerdings nicht Sache meiner Mandantin. Meine Mandantin hat sich sicherlich nicht versichern lassen, um Sie, die Schädigerin, zu entlasten.“

Während sich die Mieterinnen und Mieter in Bezug auf den Schaden im Gebäude nicht ausreichend informiert gefühlt und auf die Ersatzleistung gewartet hatten, kam ein großer Schock für sie dazu. In einer leerstehenden Wohnung in dem Gebäude mit dem Wasserschaden haben Mieter ein internes Schreiben der GAG zufällig auf dem Boden entdeckt.

Köln: Mietende in Sülz sollen für Sanierung entmietet werden

Darauf steht, dass die Gebäude Unkeler Straße 18, 24, 28, 28c und 30 für eine geplante Sanierung entmietet werden sollen. „Von einer bevorstehenden Entmietung wussten wir nichts. Es geht nicht um nicht verfügbare Handwerker, sondern um Entmietung der Immobilien“, ist sich Thomas Tettinger sicher.

Ein Mann blickt in die Kamera.

Der Thomas Tettinger kümmert sich um seine Tante, die als Mieterin der GAG seit fast einem Jahr nicht in ihre Wohnung in Sülz kann.

GAG-Sprecher Jörg Fleischer erklärt, dass Mieterinnen und Mieter ähnlich wie kürzlich in Stammheim rechtzeitig benachrichtigt wurden oder noch werden sollen. Er erklärt: „Im Bereich Gottesweg/Unkeler Straße/Linzer Straße verfügt die GAG über einen Bestand von rund 140 Wohnungen aus den Anfängen der 1930er Jahre. Nach fast 100 Jahren sind nun aber umfangreiche Modernisierungen und klimaverbessernde energetische Maßnahmen notwendig, die in den kommenden Jahren in insgesamt drei Bauabschnitten durchgeführt werden. Die Bewohnerinnen und Bewohner im ersten Bauabschnitt wurden bereits informiert, auf die übrigen Mieterinnen und Mieter werden wir in den kommenden Wochen und Monaten zugehen.“

Nach den Aussagen des GAG-Sprechers wurden also die ersten betroffenen Menschen bereits informiert. Für die Mieterinnen und Mieter, die jetzt zufällig durch den Fund des Briefes davon erfahren haben, bleibt aber mindestens ein Beigeschmack. Thomas Tettinger ist sich sicher, dass die GAG es darauf angelegt hatte, dass Menschen wie seine Tante den Stress nicht mitmachen und ausziehen.

Der Kölner kündigt jetzt kämpferisch an: „Die GAG agiert nach dem Prinzip des Stärkeren. Das Verhalten meiner 84-jährigen Tante gegenüber ist schlichtweg unverantwortlich und asozial. Man hofft offensichtlich darauf, dass sich die Angelegenheit verläuft. Nicht mit uns, wir werden den Klageweg gegen die GAG beschreiten. Dieses Verhalten ist nicht akzeptabel, man trägt die Folgen des jahrzehntelangen Investitions- und Reparaturstaus auf dem Rücken von Mietern aus, die sich nicht adäquat wehren können.“