„Habe gesoffen wie ein Loch“Peter Maffay blickt in ARD-Film auf düsteres Kapitel zurück

Mit 75 Jahren tritt Peter Maffay kürzer: Ab sofort wird es keine großen Stadionkonzerte des Sängers mehr geben.

Mit 75 Jahren tritt Peter Maffay kürzer: Ab sofort wird es keine großen Stadionkonzerte des Sängers mehr geben.

Schluss mit großen Konzerten in Arenen: Zum 75. Geburtstag tritt Peter Maffay kürzer. Ein Filmteam hat sich deswegen ein Jahr an seine Fersen geheftet. Heraus kommt das Porträt eines eindrucksvollen Mannes, das auch dessen Tiefpunkte nicht ausklammert.

Mehr als 50 Jahrzehnte Musikkarriere hat Peter Maffay auf dem Buckel. Niemand hatte mehr Nummer eins Alben in den deutschen Charts (20). Doch mit nunmehr 75 Jahren – am Freitag feierte die Musikikone Geburtstag – will er kürzertreten.

„Ich empfinde es absolut rund zu sagen, nach 55 Jahren Überholspur sind jetzt auch ein paar Nebenstrecken dran“, schildert Maffay im ARD-Dokumentarfilm „maffay“ (ab sofort in der ARD-Mediathek). Familie statt Stadionkonzerte: Der „späte Papa“, Ende 2018 kam seine Tochter Anouk zur Welt, will sein „kleines Zeitfenster“ mit seiner jüngsten Tochter „intensiv ausfüllen“.

„Er war wenig da“: Yaris Maffay vermisste Papa Peter in seiner Kindheit

Überhaupt ließ Peter Maffay das Filmteam um Andreas Heineke in den einjährigen Dreharbeiten nah an sich heran. „Sehr viel sensibler und einfühlsamer“ sei er in den vergangenen Jahren geworden, berichtet Ehefrau Henrikje (37) über ihren Gatten. „Er trägt seine Lederjacke wie einen Schutzpanzer, und daheim nimmt er sie ab.“

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Auch wenn Maffay an dieser Stelle protestierend interveniert, so hat man das Gefühl in dem einfühlsamen 90-Minüter der Musikikone abseits der Tourvorbereitungen der letzten großen Konzerte auch als Mensch näherzukommen.

Man begleitet ihn zu seinen familiären Wurzeln im rumänischen Siebenbürgen („Die Kindheit war reduziert durch die materiellen Umstände, aber sie war reich an menschlicher Wärme“) und wird Zeuge der langen Zeit schwierigen Beziehung zu seinem Sohn Yaris. „In meiner Kindheit war mein Vater, was väterliche Momente angeht, wenig da“, erinnert sich der 20-Jährige, der heute festes Mitglied der Band seines Vaters ist.

Auch damit wolle der 75-Jährige „die Zeit, die ich versäumt habe durch meine Eitelkeit, meinen Ehrgeiz“, nachholen. Die beiden scheinen, so vermittelt es der Film, auf einem guten Weg, das „komische Verhältnis, wo wir nicht viel miteinander gesprochen haben“ (Yaris) hinter sich zu lassen.

Ehefrau Hendrikje Balsmeyer und die gemeinsame Tochter Anouk haben nun Priorität in Peter Maffays Leben.

Ehefrau Hendrikje Balsmeyer und die gemeinsame Tochter Anouk haben nun Priorität in Peter Maffays Leben.

So sehr Maffay (mittlerweile) auch Familienmensch ist, so leidenschaftlich hat er sich der Musik („Musik ist für mich wie Essen, Schlafen und Trinken“) verschrieben – auch mit 75 Jahren. Ganz aufhören kommt für ihn gar nicht infrage. „Es würde jeden nerven, wenn er das nicht mehr macht“, witzelt Ehefrau Rike an einer Stelle des Films. „Über die Musik reagiert er sich ab.“

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Das war auch schon früher so, wenngleich damals auch häufig seine Bandkollegen und Studiomusiker als Prellbock für Maffays Launen dienten. „Alles Alphas. Das knallt dann natürlich auch mal“, bringt es Gitarrist Mark Keller auf den Punkt. Heute weiß Maffay um seine Unzulänglichkeiten von einst: „Manchmal habe ich einen Weg gewählt, der für alle unzumutbar war. Ich habe eine Zeit lang sehr exzessiv gelebt.“

Die Droge Alkohol habe ihr Übriges getan, wie der Sänger unverblümt schildert: „Ich habe gesoffen wie ein Loch.“ Im Studio sei gebrüllt und mit Sachen geworfen worden, so Maffays Toningenieur: „Er hatte nur eine ganz kurze Zündschnur.“

Michael Kunze über Ende der Zusammenarbeit mit Peter Maffay: „Das war brutal“

Äußerst spannend sind auch die Einblicke, die „maffay“ in die Karriereanfänge, das Kennenlernen und Entzweien mit Hitproduzent Michael Kunze gibt. Zufällig habe Kunzes Ehefrau Maffay in einem Lokal singen hören und mit ihrem Mann zusammengebracht. Die Hit-Single „Du“ (zwei Millionen Verkäufe) katapultierte das Duo kurz darauf ins Rampenlicht. Auch privat verstand man sich, wie Kunze beschreibt: „Ich denke, es war ein enges freundschaftliches Verhältnis.“

Doch als Maffay die Bekanntschaft mit Frank Dietz, dem „besten Gitarristen“ seiner Laufbahn, machte, wuchs in ihm der Wunsch, sich von seinem bisherigen Schlagerimage als Dauergast in der „ZDF-Hitparade“ zu emanzipieren. „Ich konnte nicht aus meiner Haut“, sagt Maffay im Film in der Rückschau über seine Hinwendung zum Rockgenre. „Das war für mich ein Schock“, so Kunze über das Ende der Zusammenarbeit. „Er ging an dem Tag aus unserer Wohnung. Die Tür fiel zu, und es war aus. Das war brutal. Das Menschliche hat keine Rolle gespielt, das war ihm egal.“ (tsch)